Zweiter WeltkriegBauarbeiten fachen Spekulationen um einen Bunker in Alfter neu an

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Die Grube für die Mehrzweckhalle ist bereits ausgeschachtet worden. Der Bunker müsste sich rechts von der Baustelle befunden haben.

Alfter – Gemeindearchivar Jens Löffler spricht von einem „ominösen Bunker“. Vize-Bürgermeisterin Luise Wiechert, ortskundig bestens bewandert und Verwalterin des  Schlosses, redet lieber von einem „Bauwerk.“ Gab es während des Zweiten Weltkrieges unter oder auf dem Herrenwingert im Herzen Alfters tatsächlich einen Bunker? Seit Tagen tauschen sich zahlreiche Bürger auf Facebook in der Gruppe „Unser schönes Alfter“ darüber aus. Die Meinungen gehen auseinander. Anlass der Diskussion dürften vermutlich die Bauarbeiten zur Neugestaltung des Herrenwingerts sein, die im vergangenen Herbst begonnen haben. Die Bagger sind angerollt, Bolz- und Spielplatz sowie Teile des Pausenhofes der Anna-Schule wurden abgerissen, um dort in den kommenden Monaten die neue Sport- und Kulturhalle zu errichten, die die marode Turnhalle aus den sechziger Jahren ersetzen soll.

Zeitzeugen befragt

Im Vorfeld zu den Baumaßnahmen wurden hinsichtlich der Überbleibsel eines möglichen Bunkers mehrfach Voruntersuchungen durchgeführt. So wurden laut Maryla Günther, Pressesprecherin bei der Gemeinde, 2016 Zeitzeugen von der Verwaltung befragt, die sich jedoch nicht erinnern konnten, dass es dort jemals einen Bunker gegeben haben soll. Allerdings, so Günther weiter, soll es nach dem Krieg am Herrenwingert einen Sprengversuch gegeben haben. Ob es sich dabei um einen Bunker handelte, ist Spekulation.

Eingang unter der Festwiese

Spätere Recherchen ergaben, dass sich der Eingang eines möglichen Bunkers unter der heutigen Festwiese befunden haben könnte. Möglicherweise habe es sich nicht um einen großen Raum, sondern um mehrere Gänge gehandelt. Angeblich soll der Bunker sogar noch vorhanden und nur der Eingang zugeschüttet worden sein. Belege gibt es nicht.

Keine Dokumente im Gemeindearchiv

Da die Gemeinde erst seit der kommunalen Neugliederung 1969 existiert, gibt es im Gemeindearchiv keine Dokumente, so Löffler. Daher fragte die Verwaltung bei mehreren Archiven an, etwa dem Gräflichen Archiv auf Schloss Dyck, dem Bonner Stadtarchiv, dem Militärarchiv und dem Bundesarchiv. Ergebnisse gab es jedoch keine. Immerhin existiert ein stark verpixeltes, undeutliches Luftbild aus den 1940er Jahren, aufgenommen von den Alliierten. Das dort abgebildete Schutzbauwerk konnte Luise Wiechert der Rundschau zeigen, allerdings nur als PDF-Dokument. 

Im Mai 2018 wurde Maryla Günther zufolge das Geotechnische Büro von Dr. Leischner aus Bonn beauftragt, mittels Kernbohrungen einen möglichen Bunker zu lokalisieren. Dafür wurden über die gesamte Breite der Schotter- beziehungsweise Festwiese Suchbohrungen vorgenommen. Einen Luftschutzbunker konnten die Experten nicht entdecken. Diese Untersuchungen waren wichtig, um die Förderanträge und Arbeiten zur Umgestaltung des Herrenwingerts in Angriff zu nehmen.

Falls es dort wirklich ein Schutzbauwerk gab, vermutet Luise Wiechert, dass dieses einen Eingang aus Beton gehabt haben könnte. Ein möglicher Bunker wäre aber sicherlich nicht mit Exemplaren in Städten wie Bonn oder dem Regierungsbunker in Ahrweiler vergleichbar.

Auch Zeitzeugenberichte sieht Wiechert kritisch: „Die Beschreibungen, die wir kennen, sind immer auch eine Frage von Proportionen.“ Sprich: Diejenigen, die noch leben oder in der Vergangenheit befragt worden sind, waren während des Zweiten Weltkrieges noch Kinder: „Ein Zehnjähriger nimmt die Dimensionen eines Raumes oder Gebäudes ganz anders wahr als ein Erwachsener.“ So habe der mittlerweile verstorbene Alfterer Ortsvorsteher Werner Jaroch immer von „einem sehr große Bauwerk“ gesprochen: „Er war aber damals etwa sechs oder sieben Jahre alt“, schilderte Luise Wiechert. Ihre eigene Mutter, zu Beginn der 1940er Jahre etwa 12, 13 Jahre alt, sprach von engen und dunklen Räumen.

Diskussion auf Facebook

Auch auf Facebook gibt es unterschiedliche Stimmen und Einschätzungen. So soll sich der Eingang des Bunkers gegenüber dem heutigen Edeka-Markt und dem ehemaligen Blumenladen befunden haben. Von einem „kleinen Häuschen“ ist dort die Rede. Möglicherweise der Eingang des Bunkers. Eine ältere Alfterin habe laut Luise Wiechert berichtet, dass sie im Bunker Firmunterricht bei Kerzenschein hatte. Eine Bürgerin schrieb von den Erzählungen ihrer Mutter, Jahrgang 1936. Sie seien immer in den Luftschutzkeller gelaufen, wenn die Sirene heulten.