Around the World, Sohlenzieher, SchulterkickVier Angeber-Tricks – und wie man sie lernt

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Die Trainer Kei Tomonaga und Moritz Mattheis, der Jugendfußballschule Köln zeigen Balltricks.

Im Bild „Around the world“.

Ein bisschen Ballzauber für die Halbzeitpause bei der EM? Die Trainer Kei Tomonaga (r.) und Moritz Mattheis von der Jugendfußballschule Köln zeigen, wie es geht.

Die Europameisterschaft der Fußball-Herren startet. Nur zugucken ist doch was für Faule. Wer selbst ein Künstler am Ball werden will, dem zeigen wir ein paar Tricks zum Angeben.

Es war 1988, Halbfinale im Uefa-Cup, Bayern München gegen den SSC Neapel, als Klaus Pabst mit seinen Jugendfreunden im Münchner Olympiastadion in der Südkurve stand und wie alle anderen Beleidigendes auf den Rasen brüllte. Unten lief gerade Diego Maradona im Neapel-Trikot ein und der wog für einen Weltfußballer vielleicht ein paar Kilogramm zu viel. „Aber dann hat er sich den Ball geschnappt und schon beim Aufwärmen gezaubert. Dieses Ballgefühl, das war der Wahnsinn. Da waren wir alle ganz schnell still“, gibt Pabst lachend zu.

Spätestens zum Start der Europameisterschaft der Fußball-Herren ist es an der Zeit, ein bisschen Ballgefühl zu trainieren. Vielleicht zum Angeben in der Halbzeitpause. Vielleicht einfach, weil so ein Ball am Fuß durchaus zur Verbesserung der eigenen artistischen Fähigkeiten gereichen kann. Was man braucht, wissen die Fußballtrainer Klaus Pabst (53), Kei Tomonaga (29) und Moritz Matheis (23) von der 1. Jugend-Fußball-Schule Köln, bekannt als Taxofit-Fußballschule: Ein bisschen Ballgefühl, dazu vor allem Fleiß und Willen. „Das wichtigste ist vielleicht die Lust, dass es dich triggert. Erzwingen kann man das nicht“, sagt Pabst.

Es geht los. Wer dranbleibt und die kommenden vier Wochen nicht nur passiv auf dem Sofa sitzt und klugscheißend die Fähigkeiten der Mannschaften kommentiert, sondern selbst mal den Ball schnappt und übt, der kann in der Halbzeitpause beim Finale vielleicht schon ein bisschen für Furore bei den Mitguckenden sorgen. Und sich mit der eigenen Ballfreude möglicherweise sogar über ein Ausscheiden der Nagelsmänner hinwegtrösten. Tomonago und Matheis machen vor, wie es geht. Das muss man jetzt nur geduldig nachmachen. 

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Ball hochhalten/jonglieren

Die Trainer Kei Tomonaga und Moritz Mattheis von der Jugendfußballschule Köln zeigen Balltricks.

Im Bild zu sehen ist das „Ball hochhalten“.

Ballhochhalten – Das kann schon Anfängern gelingen, Lust und Wille freilich vorausgesetzt.

Für wen ist das was? Hier sind die Anfängerinnen und Anfänger richtig. Ein bisschen Ballgefühl vorab wäre allerdings auch hier nicht verkehrt. Holzfüßler könnten sich das Leder auch mal selbst gegen die Nase schlagen.

Wie funktioniert’s? Es geht darum, einen Ball von einem auf den anderen Fuß zu jonglieren. Könnte man die Hände benutzen, klänge das erstmal überschaubar schwierig. Mit den Füßen wird es dann aber schon eine Herausforderung. Linker Fuß schießt auf Kniehöhe nach oben, der Ball fliegt eine körpernahe Kurve und saust im Idealfall so über dem rechten Fuß nach unten, dass der ihn wieder nach oben kicken kann. Danach nach Möglichkeit wieder ohne Absetzen das Gleiche zurück zum linken Fuß. Einmal hin und her ist schon nicht schlecht. Fußballverrückte Teenager machen das schon mal stur den ganzen Nachmittag lang.

Und wo ist der Trick? Nicht warten, bis der Ball auf dem Fuß auftitscht, sondern ihm entgegenkommen. Außerdem: „Kopf nach unten“, sagt Klaus Pabst von Taxofit. Das hat nichts mit Bescheidenheit zu tun, nicht einmal damit, dass der Ball zwingend im Blick bleiben muss. Es ist eher eine Frage des Körperschwerpunkts, der erfolgreichen Fußballern generell zu eigen ist. Denn: „Wer sich nach hinten lehnt, verliert die Ballkontrolle“, sagt Pabst. Also Kinn zur Brust und „danteln“, wie man laut Pabst in Bayern auch sagt. Auch ein Trick zum Angeben. Klingt gleich etwas exotischer.

Was, wenn man noch einen drauflegen will? Wer das Jonglieren auf Kniehöhe schon so gut beherrscht, dass er dabei mit geschlossenen Augen auch nen Eierlauf machen könnte, der wagt sich etwas höher hinaus. „Um den Ball auf Kopfhöhe zu jonglieren, muss man ihn eher mit dem Spann treffen.“ Die Fußspitze wird dabei etwas mehr gestreckt, eher so, als würde man sich anschicken, ein Tor zu schießen.

Ball hochholen/Sohlenzieher

Der Fuß eines jungen Mannes steht auf dem Ball bereit zum Zurückziehen.

Der Sohlenzieher holt den Ball in die Luft. Zurückziehen...

Der Ball ist jetzt in der Luft – eine dynamische Bewegung des Zurückziehens und des auftitschenden Balls bildet sich hier ab.

Abprallen lassen.

Der Ball fliegt auf dem Bild exakt auf Kniehöhe.

Hoch zum Knie.

Jetzt jongliert der Fuß wieder den Ball in die Höhe.

Und dann zum Jonglieren übergehen.

Für wen ist das was? Wer schon immer mal lässig durchs Kinderzimmer spazieren und dort vor den Augen des staunenden Nachwuchses und ohne sich zu bücken den Ball konfiszieren wollte. Auch hier können Anfänger schnelle Erfolge erzielen.

Wie funktioniert’s? Mit der Sohle des starken Fußes zieht man den Ball nach hinten gegen die Vorderfuß-Innenseite des schwachen Beins. Von dort prallt der Ball ab und springt nach oben.

Wem das aufregend genug ist, der fängt das Spielgerät hernach mit den Händen auf. Sind die Bewunderungsrufe noch nicht groß genug, muss weiter geübt werden, schließlich kann man vom Sohlenzieher auch direkt ins Jonglieren hineingleiten. Dann wird’s schon fast glorios.

Und wo ist der Trick? Tropft der Ball von der Spitze des schwachen Fußes wie träges Bratfett vom Pfannenrand, dann fehlt etwas Entscheidendes: Der Schwung. Die Sohle braucht also etwas Schmackes, damit der Ball behände und mit Kraft anrollt und schließlich abprallt und sich von dort in die Höhe schrauben kann. Auge in Auge mit der Kniescheibe sollte mindestens das Ziel sein.

Wer elegant fangen will, muss sogar noch etwas an Wumms zulegen, um mindestens so hoch zu fliegen wie die Hände ihm nach unten entgegentauchen können.

Was, wenn man noch einen drauflegen will? Wer jetzt schon geübt hat, der hat das sicher so gemacht, dass er den Fortschritt immer im Blick hatte, also vor dem Standbein. Magischer wird’s, wenn man den Ball mit der Sohle nach hinten Richtung Ferse des schwachen Beines zieht und ihm dort die Ferse in den Weg stellt, der starke Fuß kreuzt derweil nach innen. Der Ball prallt in diesem besten Fall hinterm Standbein ab nach oben vorn. Da muss er auch hin, schließlich soll er gefangen werden oder eben an der richtigen Stelle wieder hinabfallen, um wieder ins Jonglierspiel eingefügt werden zu können.

Around the World

Die Trainer Kei Tomonaga und Moritz Mattheis der Jugendfußballschule Köln zeigen Balltricks.

Im Bild wird der Trick „Around the world“ auf einem Kunstrasenplatz gezeigt.

Schon eher für Fortgeschrittene mit einer gewissen Schnelligkeit im Bein: Around the World.

Für wen ist das was? Jetzt kommen wir in den Bereich zwischen Wille und Wahn. Wer diese Übung unfallfrei hinkriegen will, braucht nicht nur Ballgefühl und Talent, sondern vor allem den Gedanken, dass es durchaus lohnenswert sein kann, sich für das Erlernen einer so beeindruckenden, aber letztendlich ja doch brotlosen Kunst, durchaus mal die gesamten Sommerferien zu blocken.

Wie funktioniert’s? Schwachen Fuß anheben, Fußspitze anziehen und den Ball in der entstandenen Kuhle auf dem Spann balancieren. Jetzt mit dem starken Fuß abspringen. Bei dieser Gelegenheit kommt automatisch auch Schwung in das Bein, das den Ball hält, der Ball wird fast ohne weiteres Zutun nach oben gekickt. Das starke Bein kurvt gleich nach dem Absprung von außen nach innen über den fliegenden Ball und ist unter ihm, ehe er runterfällt. Von hier wieder hochtitschen und ins Jonglieren übergleiten.

Und wo ist der Trick? Liegt ganz klar in der Schnelligkeit. Entscheidend für diesen formvollendeten Ausdruck der Angeberei ist, das abspringende starke Bein hurtig 360 Grad um den Ball zirkeln zu lassen, ehe dieser auf die Erde fällt. Kommt der Ball, ist des Fußspanns Text ganz igelmäßig: Ich bin schon da.

Wer zu langsam ist, dem stürzt der Ball. Und dann erlebt auch die Bewunderung einen harten Realitätsaufprall. Wer sich an sowas Schweres rantraut, der darf auch einen heimlichen Hilfstrick kennen: Ball nicht so stark aufpumpen. Beim Auftitschen darf's ruhig Ploppen statt Plingen. Durch die leicht erhöhte Auflagefläche wird die ganze Angelegenheit etwas stabiler und berechenbarer.

Was, wenn man noch einen drauflegen will? Um ehrlich zu sein, ist Fußball vor allem deshalb eine der komplexeren Sportarten, weil man mit dem Ball ja nie alleine ist. Aufleveln kann die Übung also, wer sich an den Unsicherheitsfaktor Mitspieler wagt. Alles wie bekannt erledigen, aber am Ende – statt zum Jonglieren überzugehen – dem Mitspieler zulupfen, der das 400 Gramm schwere Spielgerät dann mit dem Fußspann auffängt und seinerseits elegant balanciert, ehe er sich selbst an die Weltumrundung wagt. So kann das hin und her gehen, halbzeitpausenfüllend allemal.

Schulterkick

Trainer Kei Tomonaga zeigt den „Schulterkick“: Er lässt den Ball auf einer Schulter hüpfen.

Hier ist auch etwas Mut nicht verkehrt. So ein Schulterkick kann gerade in den ersten Trainingsstunden durchaus mal auf der Nase landen.

Für wen ist das was? Auch eher so was für Willensfreaks. Dazu was für Mutige, die nicht zucken, wenn so ein pralles Leder Richtung Kopf saust. Schließlich kann ein intendierter Schulterkick gerade in den ersten Trainingsstunden auch gern mal gen Nase verrutschen. Aber es hilft ja auch nichts. Wer schon so sicher jongliert wie andere Fahrradfahren, der braucht neue Herausforderungen. Stillstand ist keine Angeberoption. Also raus aus der Komfortzone, hoch mit dem Ball Richtung Kopf!

Wie funktioniert’s? Wir beginnen mit dem Jonglieren. Dann wird der Ball aber höher katapultiert und das funktioniert, wenn der Spann beim Kicken zum Einsatz kommt, also der Ball etwas hinter dem Vorderfuß aufkommt. Nun übernimmt ihn die Schulter, die durch seitliches Hochziehen weiter titschen lässt.

Und wo ist der Trick? Erstmal muss der Ball auf Schulterhöhe hoch. Das funktioniert, wenn der Spann beim Kicken zum Einsatz kommt, also der Ball etwas hinter dem Vorderfuß aufkommt. Wer den Ball auf diese Weise ideal über die Schulter bekommt, der tut gut daran, den Kopf etwas zur Seite zu neigen und die Schulter nicht übermotiviert zum Einsatz kommen zu lassen. Sonst fliegt das harte Leder uns möglicherweise um die Ohren.

Was, wenn man noch einen drauflegen will? Wie wär's mit einem Seitenwechsel? Zweimal Schulter links, abtauchen mit der Birne, dann zweimal Schultern rechts? Zwischendurch vielleicht im Nacken balancieren? Ach, der Ballkunst sind da kaum Grenzen gesetzt.

Und wer bis hierher gekommen ist, der setzt vielleicht auch auf Kreativität und denkt sich seine eigenen Tricksereien aus. Besonders anstrengend wird es auf diesem Niveau nicht mehr. Denn: Wer ballverrückt genug ist, solche Zaubereien zu lernen, der kann vom Leder eh nicht lassen. Und dann ist nur eins eine Herausforderung: Das runde Leder beiseite zu legen.