„Eltern müssen Vorbilder sein“Handyverbot an Kölner Schulen? Das sind die Leser-Reaktionen

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Handyverbot in der Schule? Manches spricht dafür.

Handyverbot in der Schule? Manches spricht dafür.

Die Meinungen der Leserinnen und Leser zum Thema Handyverbot an Kölner Schulen fallen sehr unterschiedlich und differenziert aus.

Unser Artikel „Smartphone mit dramatischen Folgen - Erste Kölner Schule will Handyverbot“ hat viele Reaktionen bei unseren Leserinnen und Lesern hervorgerufen. Hier lesen Sie Auszüge.  

Ich kann die Sorgen der Lehrer und auch die Einschätzung von Jonathan Haidt bzgl. der Gefahren der Handynutzung unserer Kinder vollkommen nachvollziehen. Ich selbst (Kinder- und Jugendpsychotherapeutin und Mutter) kämpfe täglich gegen den übermäßigen Smartphonegebrauch und dessen Folgen. Seit der Pandemie ist der Einfluss der digitalen Welt so groß geworden, dass in vielen Fällen eine altersadäquate Entwicklung verhindert wird, schwerwiegende psychische Störungen manifestieren sich. Aber: Hier können nicht nur wir Eltern Gegenmaßnahmen ergreifen, sondern eben auch die Schulen! Denn das Handyverbot, welches Schulleiterin Wachten einführen möchte, hätte schon längst dringend von der Schulpolitik als verbindliche Regel festgelegt werden müssen! Nach meiner Erfahrung (sowohl im privaten als auch im beruflichen Kontext) ist das Gegenteil der Fall: Die Kinder in den weiterführenden Schulen werden sehr häufig von den Lehrern dazu aufgefordert, Recherche zu Unterrichtsthemen auf ihrem Smartphone vorzunehmen, Projekte werden auf Instagram hochgeladen, regelmäßig wird das Quiz „Kahoot“ mit dem eigenen Handy gespielt, Audiospuren für den Musikunterricht werden angehört… Solange dieser Missstand nicht behoben wird, ist es für mich als Mutter sehr schwer, den Handykonsum meiner Kinder zu kontrollieren! Nicht nur wir Eltern, sondern die ganze erwachsene Gesellschaft ist verantwortlich für den Schutz unserer Kinder. Meine Forderung: Die Schule sollte ein Smartphonefreier Ort sein! Danke für Ihren Newsletter zu diesem wichtigen Thema! Sarah Schmidt

Ich finde, das Thema Handy-Nutzung (wo auch immer) eignet sich nicht für hysterische Anfälle nach dem Motto: „ strengste Schule...“ Ich war lange Lehrer und ich habe einen 20-jährigen Sohn. Ja, das ist ein Thema, aber bitte möglichst sachlich. Ich hoffe, dass der KSTA einen sachlichen Beitrag leistet z. B. in Form von Experten-Befragung und Pro/Contra. Dass Eltern überfordert sind (vor allem mit ihrem eigenen) Handy-Verhalten weiß ich und sich freuen, wenn Schule Probleme löst, auch. Aber das reicht nicht. Es ist ein bisschen komplexer. Auch interessant: Mein Sohn teilte mir vor kurzem mit: Von TikTok habe ich mich abgemeldet, nervt und kostet zu viel Zeit. Und: Papa, tu das Handy weg, mach lieber die Glotze an. Ich wünsche mir eine (selbst-)kritische Diskussion, auch im KSTA. Gutes Gelingen wünscht, Klaus Adrian

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Ich bin wirklich sehr glücklich, dass das Thema „Handy-Verbot“ bzw. das Suchtverhalten von Handys im Stadt-Anzeiger zur Sprache kommt. Ein ganz toller, mutiger und wichtiger Schritt von der Schule! Aber ich würde gerne noch etwas weiter gehen wollen: Es wäre nicht nur bei jungen Menschen notwendig, über Handy-Verbote im Unterricht nachzudenken. Die „Sucht“ zieht sich doch durch viele Bereiche. Ich erlebe zunehmend, dass sich z.B. ein dm-Laden gefühlt in eine Telefonzelle verwandelt. Da sitz eine ältere Frau bequem auf ihrem, zum Sitz umfunktionierten, Rollator und quatscht lautstark mit einer anderen Person, welche über Lautsprecher am Handy mit in den dm-Laden dazugeschaltet wurde. Diese erfüllt mit ihrer handy-verzerrten Stimme gefühlt den ganzen Laden. Kids stellen ihre Handys in die „Schminktheken“ und lassen sich via Facetime lautstark von ihren Freund: innen beraten. Solche Situationen werden normaler und keiner sagt etwas, obwohl es unangenehm und ja, nervig ist. Jetzt habe ich ausgeholt und doch hängt es nicht irgendwie zusammen? Aber zurück zu den Kindern: Ja, es ist so was von wichtig, dass Aufklärungsarbeit geleistet wird, denn sonst vermehren sich auch die Kinderwagen, in denen krumm, nach vorne gebeugte Einjährige sitzen und sich den neusten Kinderfilm reinpfeifen, während sie durch die Straßen geschoben werden. U.K.

Ich finde das Handyverbot eine sehr gute Sache. Allerdings macht es die Gesamtschule Holweide bereits seit diesem Schuljahr schon! Daher wird es nicht die erste Schule sein! Und es funktioniert laut den Lehrern hervorragend! Die Schüler spielen wieder mehr und beschäftigen sich miteinander und nicht mit dem Handy. Wenn man nur sitzt und auf sein Handy starrt, anstatt die Pause zum Bewegen zu nutzen, haben es die Lehrer danach nur schwerer im Unterricht. Daumen hoch für alle Schulen, die es auch einführen!  Jessica Hunkemöller

Das Handyverbot kann ich nur unterstützen. Übrigens wäre auch eine Studie zur Handysucht bei älteren Mitbürgern Ü70 sehr interessant. Ich stelle im Umfeld eine übermäßige Nutzung der Status-Funktion von WhatsApp fest. Dabei habe ich den Eindruck, dass auf Reisen nur noch über die Fotolinse des Handys etwas erlebt wird, um es anschließend mit möglichst vielen Menschen zu teilen. Mal ein Foto wie früher eine Ansichtskarte zu versenden, halte ich für nett und vollkommen in Ordnung, aber ich kenne Menschen, die täglich 20+ Fotos auf diese Weise teilen. Wäre doch mal sehr interessant, diesem Handykonsum auch auf den Grund zu gehen. Renate O'Daniel

Ihr Artikel über Handy-Sucht bei Kindern und Jugendlichen hat mich dazu veranlasst, Sie diesbezüglich auf ein noch gefährlicheres Handy-Sucht-Problem hinzuweisen! Ich bin der Meinung, dass dieses Problem dringend in die öffentliche Diskussion gehört und Gegenmaßnahmen ergriffen werden müssen: Ich wohne an einer sehr befahrenen Straße und kann vom ersten Stock meiner Wohnung sehr gut in die vorüberfahrenden Fahrzeuge schauen. Dabei kann ich sehr gut erkennen, dass unfassbar viele Autofahrer während der Fahrt auf Ihrem Handy Sprachnachrichten tippen oder lesen! Das betrifft PKW-Fahrer, oft Kleinbusse mit Handwerkern, LKW-Fahrer, Taxi-Fahrer und sogar hin und wieder die Fahrer der KVB. Das heißt, Telefonieren am Steuer (ohne Freisprechanlage) ist durch das extrem populäre „WhatsAppen“ ersetzt worden und damit noch viel gefährlicher, weil der Blick immer wieder von der Straße gerichtet wird! Noch dazu ist das Problem extrem unauffällig, da die meisten dieser hochgefährlichen Verkehrsteilnehmer ihr Smartphone auf den Knien unterhalb des Steuers oder neben sich unterhalb des Steuers während der Fahrt bedienen. Meine kurzen, oft nur 5-10 Minuten langen Beobachtungen zeigen, dass das Problem riesige Ausmaße haben muss. Andrea Ehlenberger

Die Smartphone-Sucht wird immer öffentlicher. Kinder lernen schon im Babyalter, das Smartphone zu beneiden, denn die Eltern schenken den Geräten immer mehr Beachtung, als ihren Kindern. Stetig sieht man Kleinkinder, die mit Smartphones oder Tablets durch ihre Eltern ruhig gestellt werden, da die Eltern es verlernt haben, Zeit für den Nachwuchs aufzubringen. Ganz besonders fallen die Verhaltensstörungen bei den jungen Nutzern auf. Haben Sie schon mal gesehen, wie die jungen Vielnutzer mit den Beinen und den Händen zucken, selbst wenn das Smartphone nicht benutzt wird? Beobachten Sie mal diese jungen Menschen, die von einer bisher nicht definierten Unruhe getrieben werden. Die Spätfolgen kann ich nicht absehen. Aber bald wird bestimmt auch darüber berichtet. Hans-Peter Loske

Gratulation an Frau Wachten. Endlich mal jemand, der das initiiert, was ich schon seit langem fordere: absolutes Handyverbot an allen Schulen in Deutschland! Vielleicht sind dann unsere armen Lehrer weniger überfordert und können wieder vernünftig unterrichten. Warum tut Deutschland sich so schwer, vernünftige Maßnahmen gegen das derart schlechte Abschneiden in der Pisastudie durchzuführen? Über uns lacht mittlerweile die ganze Welt. Die Zukunft unseres Landes steht auf dem Spiel. Ich hoffe, Frau Wachten kann sich durchsetzen und andere Schulleiter auch zu solchen Maßnahmen motivieren. Marita Steden

Ich finde es gut, dass das Gymnasium ein Handyverbot einführen möchte. Die Reaktion der Eltern finde ich immer wieder befremdlich. Sie sind es doch, die als Vorbild für ihre Kinder fungieren, sie sind es, die ihren Kindern ein Handy kaufen, sie sind es, die ihren Kindern keine Alternativen aufzeigen, sie sind es, die ihren Kindern das Handy nicht einschränkend zur Verfügung stellen, sie sind es, die ihren Kindern vorleben, dass das Smartphone ganz wichtig im Leben ist. Ich arbeite in einem Kindergarten und erlebe es immer häufiger, dass sich die Eltern mehr mit ihrem Handy, ihrem Instagram-Account beschäftigen, als mit ihren Kindern. Es wird nicht mehr mit den Kindern im Kinderwagen oder auf dem Spielplatz geredet. Stattdessen: Handy in der Hand, Kopfhörer auf und unbeteiligt das Kind geschoben. Und dann wundern sich noch andere, dass die Sprachauffälligkeiten und die sozial-emotionale Stabilität bei Kindern immer größer bzw. schwächer werden. Einsamkeit bei Kindern und Jugendlichen? Legt endlich das Handy aus der Hand, trefft euch in der realen Welt, quatscht miteinander, erlebt gemeinsam tolle Sache und fordert eure Eltern auf, sich endlich mit euch zu beschäftigen. Denn das ist es doch, was immer häufiger passiert: Eltern haben keine Lust auf ihre Kinder, setzen sich nicht mit ihnen auseinander, stellen keinerlei Anforderungen an sie, zeigen keine Grenzen auf. Denn das macht ja noch mehr Arbeit und kostet Kraft. Oder vielleicht ist es das schlechte Gewissen, dass diese Eltern ihren Kindern gegenüber haben: Ich beschäftige mich lieber mit mir, deswegen brauchst du nichts zu machen und kannst tun und lassen, was du möchtest. Selbstverständlich sind nicht alle Familien so, ist aber leider immer öfter zu beobachten. Sandra Goebel

Als Vater zweier Kinder (27, 16) kann ich zwar die Probleme und Ängste nachvollziehen, die ein zu intensiver Smartphonegebrauch mit sich bringen kann! Aber statt es zu verbieten, sollten man lieber offensiv damit umgehen und Digitalisierung in Theorie und Praxis verstärkt in den Unterricht einbinden. Wenn ich mir in diesem Zusammenhang ansehe, wie viele Schulen scheinbar ein Problem mit diesen Themen haben, ist die Hilflosigkeit, die dann in Verboten gipfelt, eine logische Folge. Zudem gibt es zum Thema Handy einige, sich durchaus auch widersprechende Studien (was in der Wissenschaft ja durchaus üblich ist). Da wünsche mir dann eine differenziertere Herangehensweise. Nur weil jemand einen Bestseller geschrieben hat, heißt das nicht, dass es nicht andere Meinungen und Erkenntnisse gibt. Vor Kurzem las ich z.B. in einem Artikel über eine Forschung, die die Potenziale digitaler Geräte fürs Lernen bei Kindern herausstellte. Unkonzentriertes Arbeiten der Schüler*innen hat sicher auch nicht selten mit der Art des Unterrichts zu tun. Der erinnert mich (Jahrgang 1960) viel zu häufig an meine eigene Schulzeit: Stichwort Frontalunterricht, der aus dem 19. Jahrhundert stammt. Oder 45-minütige Monologe der Lehrkraft - da sind dann die Youtube-Experten besser, und genau die könnte man sicher auch zum Gegenstand eines guten Unterrichts machen. Auch der Umgang mit KI an den Schulen geht in diese Richtung. Auch hier: etwas differenzierter analysieren und dann erst handeln - das wäre meines Erachtens der Königsweg. Heino Schütten

Sehr guter Ansatz der Schule! Ein Handyverbot an Schulen ist längst überfällig und dieses weiter zuzulassen ist verantwortungslos und offenbar mit schädlichsten „Nebenwirkungen“ auf den Verstand der Kinder verbunden. Ich spreche aus Erfahrung, da ich zwei schulpflichtige Kinder habe und das Handy zur ungefilterten Berieselung genutzt wird, was jeden Eigenantrieb und jede Kreativität zerstört. Franziska Cutura

Ich erlebe auch immer mehr Erwachsene, die ständig das Handy vor der Nase haben. Von Eltern mal ganz abgesehen: Sowohl in einem Gymnasium als auch in einer Grundschule (!) habe ich Lehrpersonen erlebt, die das Handy immer griffbereit haben - einige sogar umhängen. Damit signalisieren sie den Kindern und Jugendliche: Es könnte ja jederzeit was Wichtigeres als mein Zusammensein mit Euch kommen. Vielleicht sollten die Schulen damit anfangen, dass für die Erwachsenen (im Beisein der Schülerinnen und Schüler) Handys Tabu sind. Thomas Pinell

Ich kann dem Handyverbot nur zustimmen! Als Vater eines 17-jährigen Sohnes sehe ich, welche Auswirkung das Handy auf sein Verhalten und seine Psyche bisher hatte. Aus meiner Sicht sollte die Handy-Nutzung für Kinder und Jugendliche eine gesetzliche Regelung bekommen. J.Z.

Als lange pensionierter Lehrer kenne ich noch die Zeit, in der die Smartphones als Informationsmedium eine Bereicherung für den Unterricht waren. Wir hatten für den Chemie - und Biologieunterricht 5 grottenalte Schlepptops für Internetrecherchen. Machen Sie mal bei einer 30-köpfigen Klasse was Sinnvolles damit.... Ein Segen für mich war, als unser Chemiefachgruppen-Vorsitzender illegal (!) einen Internetzugang ermöglichte. Ruckzuck machten Rechercheaufgaben den Schülern richtig Spaß und eine deutlich größere Vielfalt von Aspekten wurden erfahrbar. Eiserne Regel zur Benutzung waren 1. nur während der Recherche war das Internet aktiviert. 2. Bei Missbrauch - und ich kontrollierte die Schülerarbeit -, würde diese damals moderne Form des Unterrichts sofort für die ganze Klasse durch - von mir versprochen! - sehr langweilige Bucharbeit ersetzt. Über ein Halbjahr klappte dies hervorragend auch durch Mitkontrolle der Mitschüler, bis begeisterte Schüler plapperten und die Internetbeauftragten der Schule die Registrierung jedes so benutzten Gerätes bei diesen Sicherheitsexperten verlangten, die natürlich nicht sehr oft erreichbar waren. Also: ein sinnvolles, kontrolliertes Arbeiten mit Smartphones wurde bürokratisch getötet! Die Moral von der Geschichte noch heute: Verbietet Smartphones nicht generell in der Schule, sondern nutzt diese konsequent sinnvoll und oft in den verschiedensten Fächern und bringt den Schülern dabei bei, dieses Informationsmedium sinnvoll und kritisch zu nutzen. Dies sollte nicht auf ein Fach wie Gesellschaftskunde etc. abgeschoben werden. Führt aber zusätzlich ein Benutzungsverbot außerhalb des Unterrichts in der Schule mit entsprechenden Sanktionsregeln ein! Manfred Urbschat

Handyverbot an weiterführenden Schulen ist nicht ganz neu. Trotzdem sehr wichtig, dass Sie darüber berichten! An der Schule meiner Tochter, dem Gymnasium Neue Sandkaul in Widdersdorf (2018 gegründet) gibt es das Handyverbot von Anfang an. Natürlich gab es anfänglich auch Diskussionen - unter Schüler:innen und Eltern. Aber die Schüler:innen haben schnell verstanden, dass dies nun mal aus gutem Grund Teil der Schulordnung ist und es einfacher ist, wenn sich alle daran halten. Selbst Klassenfahrten finden ohne Handy und iPad statt. Wer als Elternteil jetzt denkt „Wie soll mich denn dann mein Kind erreichen?“, dem sei gesagt: Es klappt hervorragend einige Tage ohne Anruf bei Mama und Papa! Bei Heimweh (in den niedrigeren Klassen) sind Lehrer:innen immer für die Kinder da. Und gemeinsame Aktivitäten statt Daddeln am Handy stärken die Gemeinschaft. Also Daumen hoch für das Albertus-Magnus-Gymnasium! Es wäre aus meiner Sicher wünschenswert, wenn viele Schulen dem Beispiel der beiden Gymnasien folgen. Silvia Rick