Zwangsehe?Richter appelliert an Mutter: „Bringen Sie das Kind zurück nach Köln!“

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Symbolbild.

Köln – Wegen Entziehung Minderjähriger musste sich eine vierfache Mutter vor dem Kölner Amtsgericht verantworten. Die 42-Jährige hatte zwei ihrer Töchter ins Ausland verbracht, obwohl das Jugendamt über das Aufenthaltsbestimmungsrecht verfügte. Die Behörde vermutet, dass eines der Mädchen (15) zwangsverheiratet werden soll. Der Prozess endete mit einem emotionalen Appell des Richters.

Jugendamt vermutet geplante Zwangsehe

Das Jugendamt hatte im Haushalt der Angeklagten eine Familienhilfe eingesetzt, nachdem diese als Alleinerziehende offenbar mit der Betreuung ihrer Kinder überfordert war. Zeitweise waren die zwei minderjährigen Töchter in einem Heim untergebracht, nachdem die Mutter es trotz Aufforderung nicht unterlassen hatte, ihre Wohnung mit den Herdplatten in der Küche zu heizen.

Zuletzt hatten Mitarbeiterinnen des Jugendamts festgestellt, dass die 15-Jährige ein Kopftuch getragen habe. „Da hatten wir den Verdacht, dass sie zwangsverheiratet werden sollte“, sagte eine Mitarbeiterin im Zeugenstand. Im Oktober vergangenen Jahres war die Mutter mit ihren Töchtern dann zunächst nicht mehr auffindbar. Sie war mit den Kindern in ihre Heimat Rumänien gereist.

Mädchen (15) aus Köln in Rumänien zurückgelassen

„Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine Person unter achtzehn Jahren mit Gewalt, durch Drohung mit einem empfindlichen Übel oder durch List den Eltern, einem Elternteil, dem Vormund oder dem Pfleger entzieht oder vorenthält“, heißt es im Strafgesetzbuch. Die Staatsanwaltschaft warf der Angeklagten List in ihrem Handeln vor.

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„Ich wollte nur die Pässe meiner Kinder erneuern lassen, ich brauchte die für das Kindergeld und die Sozialhilfe“, sagte die Angeklagte zu ihrer Verteidigung. Für die Rückreise sei ihr das Geld ausgegangen, daher habe sie lediglich ihre 13-jährige Tochter wieder mitgebracht. Das Kind wurde an der Grenze zu Deutschland von den Behörden in Obhut genommen und in ein Kinderheim verbracht.

Kölner Amtsrichter mit emotionaler Ansprache

„Glauben Sie das selber, was sie da sagen? Aber nochmal hinfahren ist billiger?“, entfuhr es dem Amtsrichter Karl-Heinz Seidel. Und er fragte: „Wurde ihre Tochter in Rumänien verheiratet?“ Die Angeklagte verneinte das. Seidel fragte ebenfalls, ob die 15-Jährige womöglich bereits schwanger sei, nachdem eine 18-jährige Tochter der Angeklagten bereits drei Kinder habe. „Nein“, so die Antwort.

Nachdem die 15-Jährige bis heute nicht wieder aufgetaucht sei und die Angeklagte den Aufenthaltsort verschweige, forderte der Staatsanwalt ein Jahr Haft ohne Bewährung. Richter Seidel folgte dem Antrag in der Höhe, beließ es aber bei einer Bewährungsstrafe. Seidel appellierte an die Angeklagte: „Und jetzt fahren Sie nach Rumänien und bringen das Kind zurück nach Köln!“