Kölner VerwaltungDer neue Schul- und Jugenddezernent kommt aus der Provinz

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voigtsberger

  • Robert Voigtsberger ist bisher Erster Beigeordneter in Stolberg bei Aachen.
  • Nun soll der SPD-Mann neuer Schul- und Jugenddezernent in Köln werden.
  • Für die ehemalige Münchener Sozialreferentin Brigitte Meier gibt es keine Mehrheit.

Köln – Der Erste Beigeordnete der kleinen Stadt Stolberg bei Aachen, Robert Voigtsberger, soll neuer Dezernent für Bildung, Jugend und Sport in Köln werden. Dem Vernehmen nach ist eine Mehrheit für den erst 38-jährigen SPD-Mann bei der Sitzung des Stadtrates am morgigen Donnerstag sicher. 

Offiziell bestätigen wollte das am Dienstag im Rathaus niemand, um die Wahl nicht zu gefährden. Ein erstes Auswahlverfahren war von Oberbürgermeisterin Henriette Reker gestoppt worden, weil in der Öffentlichkeit der Name der ehemaligen Münchener Sozialdezernentin Brigitte Meier als Favoriten gehandelt worden war. Rekers Vorgehen war rechtlich höchst umstritten.

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Konkurrierende Frauen besser bewertet, Voigtsberger trotzdem vorne

Es war spekuliert worden, dass sie die Wahl Meiers verhindern wollte. Diese Behauptung macht auch jetzt wieder im Rathaus die Runde. Meier hatte ihre Bewerbung im neuen Auswahlverfahren aufrecht gehalten. Auch die Gelsenkirchener Schuldezernentin Annette Berg sei im Rennen geblieben, war zu hören.

Beide Frauen – ebenfalls SPD-Mitglieder – waren von den beauftragten Personalberatungsagenturen besser bewertet worden als der junge Kandidat aus Stolberg. Wie es heißt, soll Voigtsberger dann aber in den Vorstellungsgesprächen gepunktet haben. In Stolberg ist er nicht nur für die Bereiche Schule, Jugend und Sport zuständig, die er nun in Köln übernimmt. Er kümmerte sich auch um Soziales, Kultur und Tourismus.

Köln kennt er vor allem aus seiner Studentenzeit an der Sporthochschule. Sein Vater Harry Voigtsberger arbeitete als Direktor des Landschaftsverbandes in Köln, bevor er 2010 Minister in der damaligen rot-grünen Landesregierung wurde.

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Die mutmaßliche, überraschende Einigung auf den jungen Mann lässt verschiedene Deutungen der Entscheidungsprozesse der vergangenen Tage im Kölner Rathaus zu.

Die positive Interpretation: CDU, Grünen, SPD und der Oberbürgermeisterin ist es gelungen, die tiefen Gräben der letzten Wochen ein wenig zuzuschütten. So soll es auf Einladung der OB ein Gespräch mit Vertretern der großen Parteien gegeben haben, in dem man sich darauf verständigt hat, die Wahl des neuen Dezernenten nicht erneut zu gefährden.

Die nicht ganz so positive Interpretation: Da die SPD ihre Wunschkandidatin Meier bei der OB und der sie unterstützenden Fraktionen nicht durchsetzen konnte, sollte es Voigtsberger werden. Stolberg statt München, ein unerfahrener Dezernent aus einer knapp 57 000-Einwohner-Stadt statt einer Dezernentin mit Erfahrungen an der Spitze einer Metropole – das lässt manchen an der Entscheidung zweifeln.

Keine Spitzenleute aus anderen Städten

Dass Voigtsberger beim Personalberater des zweiten Auswahlverfahrens unter den Top 3 landete, spricht freilich für ihn. Es zeigt aber auch einmal mehr, dass sich offensichtlich kaum Spitzenleute aus anderen Großstädten auf Stellen in Köln bewerben. Brigitte Meier war da eine Ausnahme. Allerdings war sie in München nicht für den Bereich Schule zuständig.

Wie man hört, soll der Personalberater mehrere Schuldezernenten aus anderen deutschen Großstädten angefragt haben, ob sie sich für den Kölner Job interessieren könnten. Nicht einer soll positiv reagiert haben. Auch habe es im zweiten Verfahren keine einzige neue Initiativbewerbung gegeben.

Spitzenjobs zu schlecht bezahlt?

Im Rathaus schiebt man das auf die nicht ausreichende Bezahlung der Spitzenjobs. Der Unterschied zum Gehalt in kleineren Kommunen sei zu gering. Andere sagen: Die kommunalpolitisch Verantwortlichen hätten das Image von Köln so ramponiert, dass es immer schwerer werde, erfahrene Fachdezernenten aus einer etwas kleineren Großstadt nach Köln zu locken.

Für Voigtsberger ist der Verdacht, nur ein Kompromisskandidat zu sein, keine leichte Startbedingung. Andererseits eilt ihm der Ruf voraus, sich zupackend, energisch und schnell in Themen einarbeiten zu können. Für einen Kölner Dezernenten nicht selbstverständlich: Als junger Vater von zwei Kindern ist er unmittelbar von den Auswirkungen der Kölner Bildungs- und Jugendpolitik betroffen. Das hat es in der Stadtgeschichte bislang nicht gegeben.

Stimmen von SPD und Grünen wohl sicher

Vor der Ratssitzung am morgigen Donnerstag gilt als sicher, dass Voigtsberger mindestens die Stimmen von SPD und Grünen bekommen wird. Die CDU will sich nach der Fraktionssitzung am heutigen Mittwoch entscheiden, bei der sich Voigtsberger vorstellen soll. Meier ist nicht mehr eingeladen worden.

Vertreter der Grünen hatten sich noch mit beiden Kandidaten unterhalten. Wie es heißt, waren sie im Zwiespalt: Einerseits wollten sie der SPD das Vorschlagsrecht zubilligen, weil jede große Partei im Stadtvorstand vertreten sein soll und nicht neuer Streit entstehen sollte. Andererseits wollten die Grünen Rekers Wünsche nicht übergehen. Aus Fraktionskreisen ist außerdem zu hören, dass Meier im Gegensatz zu Voigtsberger bei der Vorstellung nicht überzeugt habe.