Mit Nubbel und BüttenredeWie ein Kölner Paar den 11.11. nach China holt

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Die kölsche Truppe samt Nubbel

Köln – Kölner feiern keinen 11.11.? Nirgendwo? Doch! In Changchun in der Mandschurei, ganz im Nord-Westen Chinas, da wurde der 11.11. von Exil-Kölnern gefeiert. Mit allem, was dazu gehört: Büttenreden, Orden und Gesang.

Thorsten Esser, der seit drei Jahren bei einem Autozulieferbetrieb in der Stadt arbeitet, und seine Frau Sandra – beide gebürtige Kölner und FC-Dauerkarten-Besitzer – hielten die kölsche Fahne hoch und luden Kollegen ins Restaurant „Die Backstube“ ein. Es ist die Anlaufstelle der Expats – also der Angestellten von internationalen Firmen in der Millionenstadt. Der Besitzer ist ein Bayer, Wilhelm Reif, genannt Laifu, der seit 25 Jahren in Changchun lebt und seit 20 Jahren mit einer Chinesin verheiratet ist.

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Thorsten Esser mit Mettigel

Pünktlich ab 11.11. (Changchun ist Deutschland sieben Stunden voraus) gab es kölsche Musik und Alaaf-Rufe. Und Thorsten Esser musste wie auch in den vergangenen Jahren viel erklären, waren doch in der kostümierten Truppe neben ein paar Rheinländern auch Pfälzer, Amerikaner, Engländer und Slowaken dabei. „Ich nenne das Kulturaustausch“, sagt Thorsten Esser am Telefon.

Nubbel verbrannt

Besonders spektakulär: Weil am vergangenen Aschermittwoch wegen der Corona-Pandemie die Nubbel-Verbrennung nicht möglich war, wurde sie nun nachgeholt. Thorsten Esser las die kölsche Messe. Es wurden zwei Büttenreden gehalten: Eine vom bayerischen Laifu auf Hochdeutsch und eine von einem Pfälzer auf Pfälzisch. „Beide sehr witzig.“ Kölsch gab es diesmal nicht. Dabei hat die örtliche Niederlassung der Metro oft Fünf-Liter-Fässchen Früh im Angebot. Chinesisches Bier sei aber auch gut.

Und wie nahmen die Chinesen das Treiben auf? Was halten sie von merkwürdig angezogenen Menschen, die eine Strohpuppe verbrennen? „Die finden das sehr befremdlich“, sagt Esser. Changchun ist eine Industriestadt mit rund acht Millionen Einwohnern. Hier gibt es keine Touristen und hier arbeiten nur etwa 500 Ausländer. „Es spricht auch niemand Englisch. Und das heißt, es kann noch nicht mal jemand Hallo sagen. Es gibt viele Menschen, die haben noch nie einen Ausländer gesehen.“

Ausländer werden ständig fotografiert

Deshalb werde man auch ohne Kostüm und Orden ständig fotografiert. „Die Leute holen sofort die Handys raus.“ Die Kontaktaufnahme sei wegen der Sprachbarriere nicht immer einfach. „Ich beherrsche nur eine Art Überlebenschinesisch, das reicht für das Restaurant und das Taxi.“ Doch am 11.11. konnte der bayerische Laifu weiterhelfen, er spricht fließend Chinesisch. Und die chinesischen Nachbarn seien ja daran gewöhnt, dass es in der „Backstube“ etwas anders zugeht.

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Feier- oder Versammlungseinschränkungen gibt es in China derzeit nur vereinzelt. Das liege vor allem daran, dass die Regierung schon bei der kleinsten Zahl von Neuinfektionen gleich ganze Millionenstädte in Quarantäne schickt – unter sehr strengen Bedingungen, die in Deutschland so nicht möglich wären, sagt Esser.

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Kekse in Dom-Form

Am Mittwoch wurde auch der neue Nubbel präsentiert, der dann – so es die Umstände erlauben – am kommenden Aschermittwoch verbrannt wird. Dabei werden die Essers allerdings nicht mehr dabei sein. Im Dezember siedeln sie wieder nach Deutschland um. Dann muss jemand anders die kölsche Fahne in der Mandschurei hochhalten.