Folge des Stadthaus-SkandalsStadt Köln will Bürohaus für 300 Millionen Euro kaufen

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Die Baustelle der Messe-City im Jahr 2021.

Die Baustelle der Messe-City im Jahr 2021.

Lieber neu kaufen als teuer instandsetzen: Die Stadt Köln will mit einem Teil des Technischen Rathauses an die Messe ziehen.

Noch steht auf der Internetseite zum neuen Geschäftsviertel Messe-City am Bahnhof Messe/Deutz ein Hinweis beim Bürohaus „Rossio“: „Noch freie Flächen verfügbar“. Der Bau soll im nächsten Jahr abgeschlossen sein – und stimmt der Stadtrat in seiner Sitzung am 27. Juni dem Plan der Verwaltung zu, ist der Hinweis auf die freien Flächen bald veraltet.

Nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ will die Stadt das neue Bürohaus kaufen. Demnach würden die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus dem östlichen Teil des Technischen Rathauses an der Lanxess-Arena in die rund einen Kilometer entfernte Messe-City ziehen.

Mietvertrag zum Nachteil der Stadt

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Das Vorhaben ist eine direkte Folge des Skandals um den Mietvertrag von 1999 für das Technische Rathaus: Demnach will die Stadt das „Rossio“ für 291 Millionen Euro kaufen, damit sie den Mietvertrag für das östliche Technische Rathaus nicht über 2029 verlängern muss und dort nicht erst das Gebäude instandsetzen muss. So sieht es der Mietvertrag von 1999 zum Nachteil der Stadt vor. Die Kosten beziffert die Stadt zunächst auf 129,2 Millionen Euro.

Der Blick auf das Technische Rathaus und die Lanxess-Aren

Blick auf das Technische Rathaus und die Lanxess-Arena

Ein Esch-Fonds finanzierte den Bau der Lanxess-Arena und des benachbarten Stadthauses (Technisches Rathaus), mittlerweile gehört das Stadthaus mehreren Investoren. Es besteht aus einem Ost- und einem West-Teil sowie dem Parkhaus. Dort arbeiten einige Tausend Mitarbeiter der Stadt in Ämtern und Dezernaten.

Rat soll Ende Juni entscheiden 

Den Kauf-Plan schlägt die Verwaltung den Gremien des Stadtrates vor, der Rat selbst soll am 27. Juni in seiner letzten Sitzung vor der Sommerpause im nicht-öffentlichen Teil darüber abstimmen. Die Verwaltung bezeichnet den Kaufpreis von 271,5 Millionen Euro für das Bürohaus „Rossio“ als „angemessen“, hinzu kommen die Grunderwerbssteuer in Höhe von 17,6 Millionen Euro und Notarkosten von 200.000 Euro.

Außenansicht des Ostgebäudes des Stadthauses in Deutz.

Außenansicht des Ostgebäudes des Stadthauses in Deutz.

Die Stadt beziffert die Einsparung auf 30 Jahre gesehen auf 71,9 Millionen Euro, ihre Vergleichsrechnung des Kapitalwerts zwischen Kaufpreis und Mietzahlungen belegten demnach „die wirtschaftlichen Vorteile des Kaufs“. Beide Häuser sind fast gleich groß von der nutzbaren Fläche.

750 Millionen Euro Investition

Bei der Messe-City handelt es sich um ein neues Geschäftsviertel zwischen den Bahngleisen und der Kölner Messe. Strabag und ECE investieren dort 750 Millionen Euro. Die Versicherung Zurich ist dort schon in drei Gebäuden beheimatet, im Hotel-Haus sind ein Motel One und ein Adina untergebracht. Die Beratungsgesellschaft KPMG zieht im vierten Quartal dieses Jahres in ein weiteres Bürohaus, als letztes Haus wird das „Rossio“ nächstes Jahr fertiggestellt.

Der Gebäudekomplex „Rossio“ an der Ecke Barmer Straße/ Deutz-Mülheimer Straße.

Der Gebäudekomplex „Rossio“ an der Ecke Barmer Straße/ Deutz-Mülheimer Straße.

Die Stadt will das gesamte Gebäude kaufen und ab Ende 2025 nutzen. Für vier Jahre bis zum Ende des Mietvertrages des östlichen Stadthauses 2029 würde sie also beide Gebäude nutzen. Sie begründet das wie folgt: „Es bestehen darüber hinaus perspektivisch noch weitere Einsparpotenziale an Büroflächen durch Abgabe und Abmietung weiterer Anmietobjekte.“

Was passiert mit der früheren Kaufhof-Zentrale?

Sie nennt unter anderem die frühere Kaufhof-Zentrale in der Leonhard-Tietz-Straße in der Innenstadt. Der Eigentümer kommt mit dem Umbau nicht voran, die Stadt als Mieterin wartet, unter anderem sollen dort Feuerwehr, Kundenzentrum Innenstadt, Standesamt und die Kunst- und Museumsbiliothek ihre Büros haben.

Allerdings stellt sich eine große Frage bei dem Vorhaben der Stadt: Lässt der Eigentümer des Technischen Rathauses die Stadt Köln überhaupt aus dem Vertrag? Wie Mitte März berichtet, heißt es im Mietvertrag von 1999: „Der Widerspruch gegen die Verlängerung eines der drei zwischen den Parteien geschlossenen Mietverträge gilt als Widerspruch gegen die Verlängerung aller drei Mietverträge zwischen den Vertragsparteien.“ Heißt: Kündigt die Stadt den Vertrag für ein Haus, müsste sie auch die anderen Häuser verlassen.

Der Gebäudekomplex „Rossio“ an der Ecke Barmer Straße/ Deutz-Mülheimer Straße

Der Gebäudekomplex „Rossio“ an der Ecke Barmer Straße/ Deutz-Mülheimer Straße

Nun bestätigt die Verwaltung den Mitgliedern des Rates diese Sichtweise: „Grundsätzlich ist nur eine einheitliche Verlängerung des Mietvertrages möglich.“ Aber: „Die Eigentümerseite hat eine getrennte Abmietung in einem Vertragsangebot bereits avisiert.“ Die Frage wird sein, ob das Wort „anvisiert“ dem Stadtrat ausreicht, um den Kauf eines Gebäudes für fast 300 Millionen Euro zu beschließen, ohne zu wissen, ob sie tatsächlich nur das Ost-Gebäude verlassen kann.

Die Stadt verteidigt den Kauf, sie argumentiert, dass die Verlängerung des Mietvertrages sie ebenfalls viel Geld kosten würde. Denn laut des Vertrages muss sie selbst als Mieterin das Ost-Gebäude instandhalten und -setzen – und etwa die technischen Anlagen haben demnach spätestens 2029 ihre Lebensdauer erreicht.

Stadt will lieber in Neubau investieren

Die Verwaltung rechnet für diese Baumaßnahmen mit Kosten von 129,2 Millionen Euro, Tendenz steigend. Zusätzlich kalkuliert sie mit 23,4 Millionen Euro für ein Interimsgebäude während der Sanierung sowie weiteren 25,3 Millionen Euro Instandsetzung in den nächsten 30 Jahren. Das wären 177,9 Millionen Euro, um laut Stadt ein veraltetes Gebäude zu modernisieren und danach zu pflegen. Deshalb plädiert sie für das „Rossio“.

Das städtische Rechnungsprüfungsamt hatte den Mietvertrag von 1999 geprüft und unter anderem herausgefunden, dass eine ursprünglich vom Stadtrat beschlossene Rückkaufoption der Stadt für das Technische Rathaus später im Vertrag fehlte. Es handelte sich um vergleichsweise günstige 206,5 Millionen Euro. Warum die Rückkaufoption fehlte, ist laut der Prüfer unklar, doch sie sprechen von einem „materiellen Schaden“, die Höhe konnten sie nicht benennen.