„Dann sind wir auf dieser Welt nichts mehr wert“Eindringlicher Appell für Europa vor dem Kölner Dom

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Henriette Reker spricht bei der Kundgebung auf der Bühne.

Oberbürgermeisterin Henriette Reker war eine der Rednerinnen bei „Pulse of Europe“ auf dem Roncalliplatz.

Nach der Kundgebung von „Arsch huh“ und „Köln stellt sich quer“ fand am Sonntag der nächste große Aufruf zur Wahlbeteiligung am Sonntag statt.

Aus einem Meer aus Luftballons im Stil der Europaflagge sticht einer ganz besonders hervor. Er ist „Jeck op Europe“, hat sich eine große Fahne einem Umhang gleichend um die Schultern geworfen und hält ein großes Schild mit der Aufschrift „Geht wählen!“ in die Höhe. Philippe Gagneur fällt auf an diesem Sonntag auf dem Roncalliplatz.

So wie er sind rund 200 weitere Menschen dem Aufruf der Bürgerinitiative „Pulse of Europe” gefolgt, um gemeinsam für die Demokratie einzustehen und die Wahlbeteiligung am kommenden Sonntag zu fördern.  „Es gibt scheindemokratische Länder, in denen die Menschen wählen gehen, ohne dass sie für eine Demokratie wählen, ohne dass ihre Stimme gehört wird. Bei uns ist das zum Glück anders“, sagt Gagneur. „Und damit das auch so bleibt, müssen wir alle wählen gehen. Ich weiß auch nicht immer, was ich wählen soll. Aber nicht wählen, ist auch keine Lösung. Wir müssen unser Privileg nutzen.“

„Pulse of Europe“ auf dem Roncalliplatz in Köln

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Die Veranstaltung eröffnend, äußert Oberbürgermeisterin Henriette Reker einen klaren Wunsch an alle Kölnerinnen und Kölner. „Wenn wir die Einheit Europa aufgeben, dann sind wir, und das sage ich jetzt mal ganz deutlich, auf dieser Welt nichts mehr wert. Daher tun Sie mir den Gefallen: Gehen Sie am Sonntag erst zum gemeinsamen Wählen und dann zum gemeinsamen Frühstück. Es kommt auf jede Stimme an“, plädiert Reker und erntet dafür Applaus.

Mit rund 750.000 Wahlberechtigten in Köln sei es möglich und vor allem sehr wichtig, ein positives Zeichen für Europa zu senden. Diesem Wunsch schließen sich die nachfolgenden Rednerinnen und Redner auf der Bühne an. Daniel Freund, NRW-Europaabgeordneter der Grünen, Claudia Walther (SPD), Hauke Hintze (FDP) und Rebekka Müller (Volt), die für die Europawahl kandidieren, haben Beiträge vorbereitet, um sich deutlich für den Erhalt des Friedens, der Demokratie und für Europa auszusprechen. Auch CDU-Kandidatin Jennifer Szeyffert aus Bergheim ist eingeladen, muss jedoch aufgrund von Verzögerungen bei der Anreise passen.

„Pulse of Europe“: Europa als Friedensobjekt sichern

Sie alle finden klare Worte für den wichtigen Erhalt Europas. Daniel Freund erzählt, wie er aus dem Erasmus-Programm der EU hat profitieren können und begründet damit auch, warum es so bedeutend ist, dieses zu erhalten: „In meiner Zeit als Erasmus-Student habe ich meine italienische Frau kennengelernt. Damit bin ich nur einer von vielen, denn weltweit soll es wohl mehrere Millionen Erasmus-Babys geben. Ich habe drei davon heute zu Hause und möchte diese Chance auch den in Zukunft Studierenden weiter ermöglichen.“

Sowohl Walther als auch Müller betonen darüber hinaus die große Relevanz Europas als Friedensprojekt. „Ich habe oft auf die Probleme in der Welt geschaut und schnell entschieden, dass ich da selber aktiv werden muss und möchte. Ohne Demokratie werden wir es nicht schaffen, zum Beispiel die Klimakrise zu beenden. Wir können diese ganzen Punkte nur mit Frieden angehen und der ist ohne Europa nicht selbstverständlich“, so Müller.

Zusammen mit Erstwählenden wurde an Kölner Schulen ein Fragenkatalog an die Politiker zusammengestellt, den es für diese spontan zu beantworten gilt. Es geht unter anderem um konkrete Maßnahmen gegen den Klimawandel, die Etablierung einer europäischen Armee sowie die Wiedereinführung der Wehrpflicht. Als Hauke Hintze zur möglichen Erweiterung der Mitgliedsstaaten von Europa gefragt wird, sagt der FDP-Politiker: „Unter Beachtung der Kriterien werden Länder in die EU aufgenommen. Oft werden dabei Reformen verlangt, und das ist auch richtig so. In Zukunft wird es aber auch darauf ankommen, die eigene Reformbereitschaft der bestehenden EU-Länder zu reflektieren und bereitwilliger zu werden, sich selbst zu verändern und so eine Brücke zur Verbesserung bauen zu können.“

Musikalisch begleitet wurde die Veranstaltung auf dem Roncalliplatz vom Rheinischen Jugendblasorchester der Rheinischen Musikschule, sowie Mirko Bäumer, Pit Hupperten und Hanz Thodam von den Bläck Fööss.