Goldschmiedin erlitt Reitunfall„Mit dem Rollstuhl durch Köln ist grausam"

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 Goldschmiedin Ilen-Diana Pelzer

  • Wie reagieren Menschen – was erzählen sie, wenn man sie auf der Straße anspricht und zu einem Kaffee einlädt?
  • Dieser Frage geht Susanne Hengesbach regelmäßig nach. Heue spricht sie mit einer Kölnerin über deren schweren Reitunfall.
  • Goldschmiedin Ilen-Diana Pelzer findet, Köln ist in punkto Barrierefreiheit keine Großstadt, sondern ein Dorf.

Köln – Die Dame, die ich heute auf der Breite Straße anspreche, reagiert mit einem so sympathischen Lachen auf meine Kaffee-Einladung, dass ich auf den gemeinsamen Metern durch die Fußgängerzone Blickkontakt halte und auf nichts anderes achte. Erst als wir uns in der Bar Alfredo gegenübersitzen und mir die Kölnerin von ihrem schweren Unfall erzählt, sehe ich die orthopädische Stütze oberhalb ihres Fußes. 

Eigentlich wollte Ilen-Diana Pelzer an jenem 13. Juli 2019 sich – bzw. ihrem Rücken – beim therapeutischen Reiten etwas Gutes tun. Statt dessen landete sie in der Unfallchirurgie in Merheim.

Köln: Rollstuhlfahrerin kritisiert unzureichende Barrierefreiheit

Die Stute habe plötzlich den Kopf gesenkt und zwischen die Vorderläufe gesteckt und zugleich das Hinterteil gehoben. „Ich bin fünf Meter geflogen und unglücklich aufgekommen.“ Ihr sei sofort klar gewesen, sagt die Goldschmiedin, „dass da was kaputtgegangen ist“ im Rücken und im Bein. Im Krankenhaus wurden dann etliche Frakturen festgestellt, was zur Folge hatte, dass ihr „Schrauben quer durchs Becken und durch die Wirbelsäule“ verpasst wurden.

Eine Reha im Anschluss an den stationären Klinikaufenthalt kam für die Kölnerin nicht in Frage, weil sie für ihren damals zwölfjährigen Sohn und ihre an Demenz leidende Mutter da sein wollte. Also ließ sie ich entlassen und steuerte ihr Leben in den folgenden sechs Monaten aus dem Sitzen heraus.

Kölnerin kritisiert Planer: „Die sollten alle zwangsweise in den Rollstuhl“

Ihr Fazit lautet: „Mit dem Rollstuhl durch Köln ist grausam!“ Und die, die bei der Stadt im weitesten Sinne baulich zu entscheiden hätten, sollte man nach Auffassung der 53-Jährigen „alle zwangsweise für ein paar Wochen in den Rollstuhl“ setzen und sie würden nie wieder blöde Entscheidungen treffen. Pelzer nennt Beispiele wie Bürgersteige, die zu Hindernissen werden oder Situationen, wenn man am Gleis steht, nicht weiterkommt und sich die Frage gefallen lassen muss: „Wo ist denn das Problem?“

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Grundsätzlich seien „die Kölner ja super cool und hilfsbereit“, aber man wolle doch auch nicht ständig um etwas bitten. Ganz bizarr wird es in den Augen der Kölnerin, wenn sich eine Bildungseinrichtung groß Integration auf die Fahnen geschrieben habe – „wie die Gesamtschule in Bergisch Gladbach“ – dann aber für Rollstuhlfahrer nicht geeignet sei.

Kölner Goldschmiedin: Kooperation mit Manufaktur in Porz-Ensen

Dass sie selber inzwischen wieder gut läuft, verdankt Pelzer einer Idee ihres Mannes, einen Hund anzuschaffen. „Es gibt Menschen, die müssen gezwungen werden“, sagt mein Gegenüber und lacht.

Nachdem ich erfahren habe, dass die gebürtige Kölnerin nicht nur Betriebswirtin, sondern auch Goldschmiedin ist, deute ich auf ihren Schmuck und frage, ob das ihr Werk sei. Sie bejaht, berichtet dass sie eine Kooperation mit der Manufaktur Süß in Porz-Ensen habe und gerne Stücke, die vielfach einfach nur zu Hause herumlägen, „wieder tragbar mache“. Leider lasse sich mit diesem Beruf, wie mit Handwerksberufen allgemein, nicht wirklich Geld verdienen. „Die Leute machen sich keine Vorstellung, wie lang eine Anfertigung dauert.“

Goldschmiedin: Edelsteine sind etwas sehr Individuelles

Für viele sei wichtig, dass auf dem Produkt ein großer Name stehe, und für diesen Namen werde gezahlt. Der Mut zum Individuellen komme zunehmend abhanden, und man erkenne kaum noch, dass „Edelsteine etwas sehr individuelles sind und auch nicht jeder Stein zu jedem passt“. Pelzer erzählt, dass es auch immer schwerer werde, ein besonderes Juwel zu erkennen, da die Farbe der Steine immer häufiger mittels Wärmeeinwirkung „oder radioaktiver Bestrahlung“ manipuliert werde. „Ich kann das auf Anhieb auch nicht erkennen, sondern lasse da meine Steinfachleute drauf schauen.“