Grundnetz für Verkehrs-SteuerungHier sollen Autos und Motorräder in Köln auch künftig Vorrang haben

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Blick auf die Zoobrücke am Abend

Die Zoobrücke verbindet als zentrale Verkehrsachse das rechts- und linksrheinische Köln.

Politik und Stadtverwaltung wollen die Steuerung des Verkehrs im Stadtgebiet neu ordnen.

Welche Straße in Köln welche Funktion für das Verkehrsnetz übernimmt, das basiert nach wie vor auf einem 32 Jahre alten Entwicklungsplan. Dabei hat sich die Art und Weise, sich durch die Stadt zu bewegen, seit 1992 deutlich verändert. Insbesondere das Fahrrad nimmt eine ungleich größere Bedeutung als damals ein. Politik und Stadtverwaltung wollen deshalb eine neue Basis für die Steuerung des Verkehrs schaffen.

Ein Grundnetz soll definieren, auf welchen Straßen Autos und Motorräder auch in Zukunft Vorrang vor anderen Verkehrsteilnehmern haben werden und auf welchen sie sich umgekehrt unterordnen müssen. Dabei steht im Mittelpunkt der Überlegungen, dass alle dem Grundnetz zugehörigen Straßen miteinander vernetzt sind und gemeinsam einen fließenden Autoverkehr sicherstellen. Gleichzeitig sollen andere Verkehrsmittel wie Bahnen, Busse und Fahrräder gestärkt werden, um Autofahrer zum Umsteigen zu bewegen. Das soll wiederum zum Erreichen der Klimaneutralität Kölns im Jahr 2035 beitragen.

Nur noch wenige Straßen, auf denen das Auto Vorrang hat

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Das Verkehrsdezernat hat am Montag einen Vorschlag vorgestellt, wie das Grundnetz aussehen soll. Und dabei wird deutlich, dass es in Zukunft nur noch wenige Straßen geben wird, auf denen das Auto Vorrang genießt – ein Paradigmenwechsel steht an. Zum Grundnetz (auf der Karte rot markiert) zählen linksrheinisch vor allem die bekannten Verkehrsachsen wie die Aachener Straße, die Dürener Straße, der Militärring, die Luxemburger Straße, die Innere und die Äußere Kanalstraße und die Widdersdorfer Straße.

Karte mit dem Straßennetz von Köln

So sieht das Grundnetz für den Straßenverkehr aus.

Rechtsrheinisch sind es die Düsseldorfer Straße, der Clevische Ring, die Bergisch Gladbacher Straße, der Östliche Zubringer, die Frankfurter Straße und Brücker Mauspfad. In der Innenstadt soll es mit der Luxemburger Straße und der Riehler Straße nur zwei Straßen geben, die zum Grundnetz gehören. Die vielbefahrene Nord-Süd-Fahrt gehört nicht zum Grundnetz. Hinzu kommen Straßen wie die Brühler Landstraße, der Melaten- und der Parkgürtel und rechtsrheinisch die Kölner Straße, die zunächst zum Grundnetz gehören sollen, bei denen aber bereits das Potenzial erkannt wurde, sie später einmal herauszunehmen.

Köln: Paradigmenwechsel im Stadtverkehr steht an

Alle anderen Straßen sollen in den kommenden Jahren so umgestaltet und modernisiert werden, dass dort Busse, Radfahrer und Fußgänger Vorrang vor dem Kfz-Verkehr haben. Das solle zu einer stärkeren Nutzung umweltfreundlicher Fortbewegung wie Fuß- und Radverkehr oder gemeinsam genutzte Verkehrsmittel führen, so die Stadt. „Insgesamt bildet das MIV-Grundnetz einen wichtigen Baustein für die Stadtstrategie Kölner Perspektiven 2030Plus“, heißt es in der Beschlussvorlage für den Stadtrat, der am 1. Oktober dieses Jahres einen Beschluss fassen soll.

Auch das Leitbild des nachhaltigen Mobilitätsplans Köln wurde berücksichtigt. Dass eine Straße zum Grundnetz gehört, soll allerdings nach Ansicht des Verkehrsdezernats nicht dazu führen, dass dort keine Veränderungen mehr geben darf. Da sich der Anteil des Radverkehrs erhöhen werde, könne es durchaus dazu kommen, dass auch im Grundnetz Fahrspuren für Autos zugunsten neuer Radwege wegfallen. Es müsse lediglich sichergestellt werden, dass das Grundnetz weiterhin leistungsfähig bleiben.

Köln: Bahnen und Busse sollen an Ampeln weiterhin bevorzugt werden

Im Grundnetz soll es außerdem auch künftig weiterhin möglich bleiben, dass Bahnen und Bussen an Ampeln den Vorzug gegenüber dem Autoverkehr haben. Die Verwaltung hat nach eigenen Angaben bei der Konzeption des Grundnetzes die aktuell vorliegenden Daten zum Autoverkehr berücksichtigt. Die Zielvorgaben für den Umweltverbund können demnach erreicht werden, wenn insbesondere der nicht zum Grundnetz zugehörige Verkehrsraum weiterentwickelt werde. Berücksichtigt worden sei, dass die Innenstadt für Menschen, die auf das Auto angewiesen sind, wie Anwohnerinnen und Anwohner, Handwerker, Lieferdienste, Menschen mit Behinderung sowie Pflege- und Gesundheitsdienste erreichbar bleiben soll. Diese Vorgabe sei ebenfalls bei der Konzeption mitgedacht und berücksichtigt worden.

An der Erstellung des Grundnetzes waren laut der Stadt unter anderem die Politik, die Polizei, die Feuerwehr, die Kölner Verkehrs-Betriebe (KVB), Wirtschaftsverbände und Vereine wie ADAC, VCD, ADFC, IHK und HWK beteiligt. In diesem Expertenkreis gab es demnach insgesamt drei Workshops im Zeitraum von März 2023 bis Januar 2024. Da sich die Anteile der verschiedenen Verkehrsmittel am Gesamtverkehr stetig weiterentwickeln, will die Verwaltung das Grundnetz in Zukunft regelmäßig überprüfen. Das Verkehrsdezernat schlägt eine Überprüfung in einem Abstand von jeweils fünf Jahren vor, sodass die erste Revision im Jahr 2029 anstehen würde.

Über tatsächliche Änderungen am Grundnetz müsste aber die Politik im Stadtrat mit einem jeweils neuen Beschluss entscheiden. Die Idee zu dem Grundnetz stammt vom Ratsbündnis, bestehend aus Grünen, CDU und Volt. Als Vorbild sollte die spanische Metropole Barcelona dienen, in der die Stadtverwaltung ebenfalls Straßen mit Vorrang für bestimmte Verkehrsmittel definiert hat.