Kölner Rautenstrauch-Joest-MuseumDas wirft Klaus Schneider seiner Nachfolgerin vor

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Raubgut aus Benin im Stuttgarter Lindenmuseum

Köln – Bremst Nanette Snoep, Direktorin des Kölner Rautenstrauch-Joest-Museums (RJM), durch eine aktivistische Ideologie die wissenschaftliche Arbeit in ihrem Museum aus? Diesen Vorwurf hatte Snoeps Amtsvorgänger Klaus Schneider in der „Kölnischen Rundschau“ erhoben. In dieser Zeitung wiesen die Ethnologen Michi Knecht (Bremen) und Martin Zillinger (Köln) die Vorwürfe zurück, Snoep selbst wird sich demnächst an dieser Stelle äußern. Zuvor haben wir Klaus Schneider gebeten, seine Kritik zu erläutern.

Es fehlt die kritische Einordnung, so Schneider, andere Museen machen das besser

Schneider macht seine Vorwürfe an den Ausstellungen „Resist!“ und „I Miss You“ fest. Erstere erzählte die Geschichte des Kolonialismus aus afrikanischer Perspektive als Widerstandsgeschichte, in der zweiten Schau geht es um die von britischen Kolonialtruppen verschleppten „Benin-Bronzen“ in der Kölner Sammlung. „Ich finde es im Prinzip völlig in Ordnung, was in den beiden Ausstellungen zum Thema Benin gemacht wird“, so Schneider, „also die Betonung des Ästhetischen und die Kommentierung durch nigerianische HistorikerInnen und KünstlerInnen. Aber mir fehlt der historische Hintergrund, man sollte dem Museumbesucher die Möglichkeit geben, die Debatte um die Benin-Bronzen kritisch einzuordnen.“

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Besucher ohne historische Vorbildung seien insbesondere in der aktuellen „I Miss You“-Präsentation verloren. „Es beginnt schon mit der Frage, ob die Benin-Bronzen identitätsstiftend für ganz Nigeria oder lediglich für die Angehörigen des Edo-Volkes aus dem ehemaligen Königreich Benin sind? Ich wage zu behaupten, dass die meisten Menschen in Nigeria noch nie etwas von Benin-Bronzen gehört haben.“

In der „I Miss You“-Ausstellung, moniert Schneider, fehlten etwa Hinweise darauf, dass das Königshaus Benin seinen Reichtum auch aus dem Sklavenhandel bezog und der britischen Eroberung Benins ein Massaker an einer britischen Expedition vorausgegangen war. Andere Museen, so Schneider, hätten dies besser gelöst, etwa das Hamburger Museum am Rothenbaum mit der aktuellen Ausstellung „Benin. Geraubte Geschichte“, gerade auch durch einen umfangreichen Katalog. Gleiches gelte für die Wanderausstellung „Benin. Könige und Rituale“ des Wiener Museums für Völkerkunde von 2007. „Darauf hätte man auch im RJM aufbauen können.“

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Klaus Schneider während seiner Amtszeit als RJM-Direktor

Zudem sieht Schneider die eigene Arbeit in Misskredit gebracht. „Das Thema Restitution wird im Rautenstrauch-Joest-Museum schon seit 2007 intensiv bearbeitet. Ich wehre mich dagegen, dass so getan wird, als hätten wir früher alles falsch gemacht. Mitunter höre ich auch den Vorwurf, wir hätten bei unseren Ausstellungen nicht mit Kollegen aus den Herkunftsländern zusammengearbeitet. Im Gegenteil: Auch wir haben solche Kooperationen immer gesucht.“

Schneider betont, dass sich der gesellschaftliche Rahmen für die Rückgabe kolonialer Objekte geändert habe. „Bei den Kulturpolitikern waren Restitutionen bis vor einigen Jahren überhaupt kein Thema. Das hat sich radikal gewandelt. Am RJM haben wir 2004 eine Ausstellung zu Namibia gemacht, der Katalog ist bis heute ein Standardwerk zum deutschen Völkermord im ehemaligen Südwest-Afrika. Das war mir damals extrem wichtig, denn es gab politische Tendenzen, das Thema unter den Teppich zu kehren. Aber es war schwierig, für solche Projekte überhaupt Fördermittel zu bekommen.“

Mein Verständnis von Museumsarbeit ist ein anderes, sagt Schneider

Unterscheiden sich Nanette Snoep und Klaus Schneider fachlich vielleicht gar nicht so sehr, wie es nach Schneiders Kritik den Anschein hat? „Mein Verständnis von Museumsarbeit ist ein anderes“, sagt der ehemalige RJM-Direktor dazu. „In der Debatte um das postkoloniale Museum gibt es eine Tendenz, dass wir vom 'weißen Blick' wegkommen müssen und WissenschaftlerInnen und AktivistInnen aus den Herkunftsländern das Feld überlassen sollen. Ich glaube, dass unser europäischer Blick im Rahmen des wissenschaftlichen Dialogs weiterhin wichtig ist. Bei Frau Snoep sehe ich eine deutliche Neigung zur Ideologisierung der Debatte, wenn sie die ethnologischen Museen als Unrechtseinrichtungen bezeichnet, die im Grunde abgeschafft gehören.“