Leichenteile im RucksackRussischer Historiker muss wegen Mord zwölf Jahre in Haft

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Der angeklagte Geschichtsprofessor Oleg Sokolow (l) unterhält sich bei einer Gerichtsverhandlung mit seinem Rechtsanwalt.

St. Petersburg – Weil er seine deutlich jüngere Partnerin ermordet und zerstückelt hatte, ist der russische Geschichtsprofessor Oleg Sokolow zu zwölfeinhalb Jahren Lagerhaft verurteilt worden. Dies entschied am Freitag ein Gericht in St. Petersburg. Sokolow hatte sich schuldig bekannt und Reue bekundet. Sein Anwalt erklärte am Freitag, nach der Veröffentlichung des schriftlichen Urteils über eine Berufung zu entscheiden. Die Staatsanwaltschaft hatte 15 Jahre Haft wegen Mordes und illegalen Waffenbesitzes gefordert. 

Sokolow war im November 2019 im betrunkenen Zustand bei dem Versuch festgenommen worden, Leichenteile im Fluss Moika in St. Petersburg zu versenken. Die Polizei holte den 63-Jährigen aus dem eiskalten Wasser und entdeckte in seinem Rucksack abgetrennte Frauenarme. In der Wohnung des renommierten Napoleon-Experten fanden die Beamten eine blutverschmierte Säge sowie die enthauptete Leiche seiner ehemaligen Studentin Anastasia Jeschtschenko.

Häusliche Gewalt großes Problem in Russland

Mit der 24-Jährigen hatte Sokolow zusammengelebt und mehrere Bücher geschrieben. Der auch für seine Auftritte in historischen Kostümen bekannte Gelehrte hatte bei einer Anhörung kurz nach der Festnahme angegeben, seine Partnerin habe ihn „mit einem Messer angegriffen“. Der Bruder von Jeschtschenko sagte seinerseits russischen Medien, Sokolow sei rasend eifersüchtig gewesen. So habe der 63-Jährige seine Partnerin einmal zusammengeschlagen, als sie auf die Geburtstagsfeier eines Kommilitonen gehen wollte.

Gewalt in der Partnerschaft

Das rät die Polizei bei häuslicher Gewalt

Jede vierte Frau in Deutschland hat in einer Partnerschaft schon mal Gewalt erlebt. Das geht aus der Polizeilichen Kriminalstatistik hervor. Wer betroffen ist, dem rät die Polizei:

Bei akuter Bedrohung, wählen Sie 110! Die Polizei wird alles Erforderliche tun, um Sie zu schützen.

Zeigen Sie die Straftat bei der Polizei an. Eine Strafanzeige können Sie bei jeder Polizeidienststelle erstatten. Eine Person Ihres Vertrauens und/oder ein Rechtsbeistand können Sie begleiten.

Wenn Sie sich noch nicht entscheiden können, die Polizei zu rufen, wenden Sie sich an eine Person Ihres Vertrauens oder lassen Sie sich beraten, aber handeln Sie

Setzen Sie sich mit einer Beratungsstelle für Häusliche Gewalt in Verbindung. Den Kontakt in Ihrer Nähe vermittelt Ihnen die Polizei oder das Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“ 08000 116 016, rund um die Uhr und in vielen Sprachen.

Notieren Sie sich Einzelheiten zu den Vorfällen, wie Datum, Uhrzeit und was genau geschehen ist.

Suchen Sie einen Arzt auf, nennen Sie ihm den Ursprung der Verletzungen und lassen Sie die Verletzungen attestieren und z.B. fotografieren, um sie für eine mögliche Strafanzeige dokumentiert zu haben.

Frauenhäuser bieten Ihnen ebenfalls Schutz und die Mitarbeiterinnen können Sie bei weiteren Schritten beraten.

Auch die Eltern der ermordeten Jeschtschenko waren bei der Urteilsverkündung zugegen. Ihre Anwältin sagte zu Reportern, „nichts kann ihre Tochter zurückbringen“. Die Familie wolle aber keine Berufung gegen das Urteil einlegen. Der Fall hatte in Russland eine Debatte über Gewalt gegen Frauen ausgelöst. Studentinnen an der Staatlichen Universität St. Petersburg sollen schon vorher teils gewalttätige sexuelle Übergriffe des Professors gemeldet haben, ohne dass dies Folgen hatte.

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So gab eine Studentin, die 2008 eine Affäre mit Sokolow hatte, laut Medienberichten an, der Professor habe sie an einen Stuhl gefesselt, ihr ins Gesicht geschlagen und gedroht, sie anzuzünden und zu töten, wenn sie ihn verlasse. In Russland werden nach Angaben von Aktivisten jährlich 16,5 Millionen Frauen Opfer häuslicher Gewalt. Unter Präsident Wladimir Putin waren die Strafen dafür herabgesetzt worden, die meisten Täter kommen mit einer Geldstrafe davon. (afp)