Kriegsverbrechen in Borodjanka?Massengräber und Leichen mit Folterspuren entdeckt

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Ein Teddybär sitzt auf einem zerstörten Wohnhaus im ukrainischen Borodjanka.

Borodjanka/Kiew – Im Kiewer Vorort Borodjanka sind nach ukrainischen Angaben zwei weitere Massengräber entdeckt worden. Darin hätten sich insgesamt neun Leichen von Zivilisten, Männer wie Frauen, befunden, teilte Andrij Nebitow von der Polizei der Region Kiew in der Nacht zum Donnerstag auf Facebook mit.

Borodjanka: Russische Armee tötet offenbar auch wehrlose Zivilisten

Einige von ihnen hätten Folterspuren aufgewiesen, hieß es weiter. „Diese Menschen wurden von den Besatzern getötet, und einige der Opfer weisen Anzeichen von Folter auf“, erklärte Nebitow. „In einer Grube lagen zwei 35-jährige Männer und neben ihnen ein 15-jähriges Mädchen“, so der ukrainische Polizeichef weiter. Nebitow klagte an, dass das russische Militär wissentlich Zivilistinnen und Zivilisten erschossen habe, „die keinen Widerstand geleistet haben“.

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EU-Ratspräsident Charles Michel beim Rundgang durch Borodjanka am Mittwoch

Gerichtsmediziner und Ermittler hätten die beiden Gruben ebenfalls inspiziert. Während der russischen Besetzung im März war Borodjanka nach Angaben Kiews Schauplatz von „Massakern an Zivilisten“. Borodjanka gehört zu den am stärksten zerstörten Städten in der Hauptstadtregion.

Kiew: Tote Zivilisten rund um ukrainische Hauptstadt gefunden

Seit dem Abzug der Moskauer Streitkräfte aus der Hauptstadtregion vor drei Wochen fanden die ukrainischen Behörden dort Hunderte Leichen von Zivilisten.

Expertinnen und Experten, wie etwa der Politikwissenschaftler und Militärexperte Carlo Masala, sehen in den Angriffen gegen Zivilistinnen und Zivilisten einen Kurswechsel der russischen Armee. Nachdem Putin sein Ziel, Kiew in wenigen Tagen einzunehmen, verfehlte, habe das Militär die Strategie geändert: „Dieser Angriff steht symbolisch für die veränderte Kriegsführung seit mehr als einer Woche, nämlich keinen Unterschied mehr zu machen zwischen militärischen und zivilen Zielen und auf maximale Zerstörung der angegriffenen Ortschaften abzuzielen“, sagte Masala über den Angriff auf das Theater in Mariupol, bei dem ebenfalls Hunderte Zivilisten starben. Ähnliche Muster seitens Russland seien auch schon beim Syrien-Krieg bekanntgeworden.

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Neben Borodjanka war vor allem das Massaker in Butscha bekanntgeworden, in der massenhaft Leichen von Zivilisten gefunden wurden. Die Ukraine und der Westen bezichtigen Russland der „Kriegsverbrechen“, Moskau weist die Anschuldigungen von sich. (mab/dpa/afp)