KommentarLockerungen sind der Weg aus dem Krisen-Modus – auch wenn es ungewohnt ist

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Maske weg 0404 Köln

Eine Person geht durch die Kölner Fußgängerzone, die Maske wurde abgesetzt.

Für die meisten Menschen in Deutschland ist es ein komisches, zumindest aber ungewohntes Gefühl. Was mit Masken, Schnelltests, 3G- oder 2G-Plus-Regeln gerade eben noch galt, ist plötzlich einem Alltag ohne große Beschränkungen gewichen. Trotz immer noch sehr hoher Inzidenzen hat der Bund seine Rolle als oberster Corona-Bekämpfer aufgegeben. Und viele fragen sich: War das richtig?

Um mit einer Fehlinterpretation gleich vorweg aufzuräumen: Nein, die Bundesregierung hat mit dem Auslaufen der Maßnahmen nicht das Ende der Pandemie ausgerufen. Berlin hat sich in einer Situation, in der Corona keine gesamtgesellschaftliche Bedrohung mehr darstellt, eines für unsere föderale Ordnung entscheidenden Grundsatzes erinnert: Der Bund ist nicht für alles zuständig. Im Bereich der Gesundheitsvorsorge liegt die Zuständigkeit eben so lange bei den Ländern und Kommunen, wie es keine pandemische Notlage von nationaler Tragweite gibt.

Es ist richtig, dass die zentral verordneten Regeln ausgelaufen sind

Deshalb ist es richtig, dass die zentral verordneten Regeln nun ausgelaufen sind. Die Verantwortung für ein bedarfsgerechtes und vorausschauendes Corona-Regime liegt damit wieder bei den Ländern – die es sich streckenweise auch recht bequem damit gemacht hatten, dass der Bund für alle die Regie übernahm. Andererseits hatten die Ministerpräsidentinnen und -präsidenten in zwei Jahren Pandemie auch immer wieder mehr Flexibilität gefordert. Man erinnere sich an die Zeiten, als die Inzidenzen in den Küstenregionen weit unten, im Süden und Osten dagegen gefährlich hoch waren.

Die „Hotspot-Regel“ im geänderten Infektionsschutzgesetz bietet heute eine ausreichende Grundlage, je nach Lage adäquat reagieren zu können. Dass Juristinnen und Juristen berechtigterweise Fragen an die handwerkliche Arbeit des Gesetzgebers stellen, steht dabei auf einem anderen Blatt. Und mit Blick auf die in wenigen Tagen beginnenden Osterferien in Nordrhein-Westfalen hätte man sich auch einen praktischeren Stichtag für den Wegfall der Maskenpflicht vorstellen können als den vergangenen Sonntag.

Das entscheidende Signal des neuen Reglements an die Menschen lautet: Wir müssen raus aus dem permanenten Krisenmodus! Ein Schritt, den viele unserer europäischen Nachbarländer schon vollzogen haben.

Die Lockerungen sind nicht ohne Risiko

Zugegebenermaßen ist das nicht ohne Risiko. Denn tatsächlich ist die Pandemie ja nicht vorbei. Dass mit etwaigen neuen Virus-Varianten auch die nächsten Corona-Wellen auf uns zurollen, ist keineswegs ausgeschlossen. Und dennoch haben es die Menschen nach dem gegenwärtigen Stand der Dinge verdient, dass ihnen ein Stück Normalität zurückgegeben wird.

Die schwierige Abwägung zwischen persönlichem Freiheitsstreben und Sicherheitsverlangen der Gesellschaft – zwei gleichermaßen berechtigten Bedürfnissen, die den allermeisten schon bei sich selbst vertraut sein dürften – lässt sich in der Bundesregierung personifizieren: Justizminister Marco Buschmann (FDP) steht für die eine, Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) für die andere Maxime. Dass der „Mister Vorsicht“ aus Köln nun Beschlüsse mittragen und verteidigen muss, die so gar nicht zu seinem bisherigen Profil passen, folgt der Logik der Kabinettsdisziplin der Ampel-Regierung, macht Lauterbach aber auch ein wenig zum Minister von trauriger Gestalt.

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Dabei verdient seine warnende Stimme auch weiter Gehör. Dass zur Freiheit Verantwortung gehört, daran hat sich im Jahr drei der Pandemie nichts geändert. Sich selbst und andere zu schützen, aufeinander zu achten und besonders die gefährdeten Gruppen der Gesellschaft im Blick zu behalten, das bleibt uns allen aufgegeben.

Anders als zu Beginn der Corona-Krise sind die Instrumente dafür bekannt und verfügbar: Masken, Impfungen, Tests. Die allgemeine Pflicht, sich dieser Mittel zu bedienen, fällt nun weg. Die individuelle Verpflichtung zu Eigenverantwortung und zu sorgsamem Verhalten bleibt.