Kölner Caritas zu Ceuta„Die EU duldet wissentlich Völkerrechtsbruch“

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Menschen schwimmen aus Marokko in die spanische Exklave Ceuta. 

Frau Porsch, in den vergangenen Tagen haben 8000 Migranten die spanische Exklave Ceuta erreicht. Droht ein neues Moria? Porsch: Die Situation, wie wir sie jetzt gerade in Nordafrika sehen, ist erst einmal überhaupt nichts Neues: Seit Jahren gibt es in Marokko eine enorme Zahl von Immigranten. Viele Menschen aus den Subsahara- und Westafrikanischen Staaten sind dort gestrandet, sie wollen nach Europa und kommen nicht weiter. Männer, Frauen, Minderjährige leben oft in den Wäldern rund um die Exklaven unter elenden Umständen, immer in der Hoffnung, irgendwie auf europäisches Gebiet zu gelangen. Nach den Bildern aus Moria und Lipa ist Ceuta innerhalb weniger Monaten das nächste Alarmsignal, dafür, dass dieses Zumachen der „Festung Europa“, überwunden werden muss.

Und zwar wie?

Wir brauchen legale Zugangswege nach Europa. Im Moment haben wir ein System, das sehr stark darauf konzentriert ist, wie wir Menschen den Zugang verwehren können. Mit faulen politischen Deals, beispielsweise dem Flüchtlingsabkommen mit der Türkei. Das Elend an Europas Außengrenzen wird schon lange zugelassen, ja, politisch angesteuert. Denn auch unsere Bundesregierung, zieht sich zurück auf das Argument, es müsse eine gemeinsame europäische Lösung gefunden werden. Es gibt aber Länder, mit denen nicht an einen Kompromiss zu denken ist, bei dem wir mehr Menschen aufnehmen – zum Beispiel Ungarn. Europa als Wertegemeinschaft ist aber in der Geschichte schon immer den Weg der unterschiedlichen Geschwindigkeiten gegangen. Deutschland kann, darf und muss bei der humanitären Aufnahme Geflüchteter voran gehen und darf sich angesichts des Elends an Europas Außengrenzen nicht länger hinter einer fehlenden und auf absehbare Zeit auch nicht erreichbaren gesamteuropäischen Lösung verstecken.

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Welche könnte das sein?

Zum Beispiel Resettlement-Programme. Als Aktion Neue Nachbarn im Erzbistum Köln unterstützen wir beispielsweise das sogenannte „NesT“-Programm, das 500 Menschen, die besonders schutzbedürftig sind, eine legale Einreise nach Deutschland ermöglichen soll. Sie werden aus Lagern in Äthiopien oder der Türkei geholt. Hier angekommen werden sie dann bei der Integration auch durch das zahlreiche ehrenamtliche Engagement in der Flüchtlingshilfe unterstützt.

Die Übrigen versuchen immer noch oft auf illegalem Weg nach Europa zu gelangen. Allein in diesem Jahr sind über 600 Menschen bereits bei dem Versuch gestorben, Europa über das Mittelmeer zu erreichen.

Das ist eine Katastrophe, die enden muss. Man steigt ja nicht einfach in so ein Schlauchboot. Dafür muss die Verzweiflung sehr groß, die Situation aussichtslos sein. Statt dass man diesen Menschen hilft, lesen wir immer wieder von illegalen Pushbacks etwa der griechischen Küstenwache, die Flüchtlingsboote zurück aufs offene Meer schleppt und dort aussetzt. Und Frontex, die Europäische Agentur für die Grenz- und Küstenwache, sieht dabei zu. Teilweise sind Frontex-Einheiten an den Pushbacks auch beteiligt. Man muss es so drastisch sagen: Die Europäische Union duldet hier wissentlich Völkerrechtsbruch und Menschenrechtsverletzungen.