Zwei Kinder in LebensgefahrMann legt in Essen aus Rache Feuer – Was über den Verdächtigen bekannt ist

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Essen: Zwei Polizeibeamte stehen vor dem Eingang des Gebäudes.

Einsatz in Essen: Bei mehreren Bränden wurden auch zwei Kinder schwer verletzt.

Nach dramatischen Szenen in Essen wurde ein Tatverdächtiger festgenommen. Er ist bei der Polizei kein Unbekannter.

Ein Rachefeldzug steckt hinter den Brandanschlägen auf zwei Mehrfamilienhäuser in Essen mit 31 Verletzten. Wie der „Kölner Stadt-Anzeiger“ am Sonntag aus Sicherheitskreisen erfuhr, konnte der 41-jährige Syrer Shadi A . die Trennung von seiner Frau nicht verwinden. Den bisherigen Ermittlungen zufolge soll der Flüchtling, der aus der syrischen Hauptstadt Damaskus stammt, gezielt Feuer in den Wohnquartieren seiner Ex-Partnerin und ihres neuen Freundes gelegt haben.

Zwei Kinder erlitten Rauchvergiftungen und schweben in Lebensgefahr. Eines der beiden wurde mit einem Hubschrauber in eine Spezialklinik gebracht. Laut Polizei befinden sich noch zahlreiche weitere Bewohner ebenfalls im Krankenhaus.

Mehrere Männer zeigten Zivilcourage

Nach den bisherigen Ermittlungen hatte sich der Tatverdächtige für seinen Amoklauf mit Brandbeschleunigern und einer Machete bewaffnet. Anschließend drang er gewaltsam in beide Häuser ein, legte Brände, um so viele Menschen wie möglich zu töten. Auch raste er mit einem Lieferwagen in zwei Geschäfte und demolierte die Läden.

Die Attacken galten den Ermittlungen zufolge Personen aus dem Umfeld seiner Ex-Frau. Kaum aus dem Auto ausgestiegen, bedrohte Shadi A. mit seiner Machete Passanten. Aber dank des Einsatzes von Zivilisten wurde er gestoppt: Etliche Männer trieben den Amokläufer in die Enge und riefen die Polizei. Ein Video zeigt, wie sie ihn mit Schaufeln und Stangen in einer Garage stellten und ihn in Schach hielten, bis zwei Polizeibeamte A. mit vorgehaltener Pistole auf den Boden zwangen.

Haftbefehl wegen Brandstiftung und versuchten Mordes

Die Staatsanwaltschaft Essen hat am Sonntag Haftbefehl unter anderem wegen schwerer Brandstiftung und versuchten Mordes beim Amtsgericht beantragt.

Die Brände waren am Samstagnachmittag in zwei Mehrfamilienhäusern in den Stadtteilen Altenessen und Stoppenberg ausgebrochen. Das Feuer machte die Treppenhäuser schnell unpassierbar. Viele Bewohner wurden durch Flammen und Rauch eingeschlossen. Dramatische Szenen spielten sich ab. Nachbarn stellten Bauleitern an die Wand der Häuser, aus denen Qualm drang. Allerdings reichten diese nicht bis zu den bedrohten Wohnungen. Aufnahmen zeigen, wie verzweifelte Eltern ihre kleinen Kinder zu den Helfern herunterreichten. „Das hat dazu geführt, dass schon Leute an den Fenstern hingen und Kinder rausgehalten haben“, sagte ein Feuerwehrsprecher.

Essen: Blick in ein Treppenhaus nach einem Brand.

Blick in ein Treppenhaus nach einem der Brände in Essen: Der Tatverdächtige soll sich für seinen Amoklauf mit Brandbeschleunigern und einer Machete bewaffnet haben und wollte möglichst viele Menschen töten.

Es gelang, alle Bewohner zu retten. In der Spitze seien rund 160 Einsatzkräfte beteiligt gewesen. Zwei große Brände, die parallel bekämpft werden müssen, seien auch für eine große Stadt wie Essen eine Herausforderung, so der Sprecher. Der Einsatz habe etwa eineinhalb Stunden gedauert.

Tatverdächtiger ist verurteilter Straftäter

Laut Polizei ist Shadi A. kein Unbekannter. Nach Informationen dieser Zeitung wurde er bereits in der Vergangenheit wegen Sachbeschädigung und Bedrohung seiner Ehefrau verurteilt. Auch soll der mutmaßliche Brandstifter psychisch labil sein. Der Amoklauf in Essen wirft erneut Fragen auf. Was passierte mit dem Tatverdächtigen nach den Schuldsprüchen? Gab es vorher schon Hinweise auf Bedrohungslagen oder den problematischen psychischen Zustand des Tatverdächtigen?

Fünf Wochen nach dem Terroranschlag in Solingen mit drei Toten durch einen abgelehnten syrischen Asylbewerber wird die politische Diskussion über einen schärferen Migrationskurs erneut Fahrt aufnehmen. Nach den Abschiebepannen um den Messerstecher Issa al H. verlangt die Opposition im Düsseldorfer Landtag erneut Antworten auf drängende Fragen im aktuellen Fall.

Christina Kampmann, innenpolitische Sprecherin der SPD, sprach am Sonntag von einer „schrecklichen Situation“. „Wir hoffen und beten für die in Lebensgefahr schwebenden Kinder und sind in Gedanken bei den Opfern dieser furchtbaren Taten.“ Politisch sei es noch zu früh, die Lage zu bewerten und Schlüsse daraus zu ziehen. Daher wurde Landesinnenminister Herbert Reul aufgefordert, die innenpolitischen Sprecher der Fraktionen unverzüglich zusammenzuschalten und über die Situation zu informieren, sobald genauere Erkenntnisse vorliegen. „Die Hintergründe müssen jetzt detailliert aufgeklärt werden“, so Kampmann.