Martin-Sebastian Abel wechselt die FrontenEx-Finanzexperte der Grünen im NRW-Landtag tritt der FDP bei

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Martin-Sebastian Abel, früher Landtagsabgeordneter der Grünen in NRW, ist im Porträt zu sehen. Er lächelt in die Kamera, trägt eine schwarze Brille und kurzgeschnittene schwarze Haare.

Martin-Sebastian Abel zählte in seiner Zeit als NRW-Landtagsabgeordneter zu den grünen Realos.

Der Zeitpunkt ist sicher kein Zufall: Wenige Tage vor der Europawahl gibt Abel seinen Wechsel bekannt. Wie kam es zu dem Schritt?  

Er war Landtagsabgeordneter der Grünen, wurde 2015 zum finanzpolitischen Sprecher der Fraktion gewählt. Jetzt hat Martin-Sebastian Abel seine frühere politische Heimat verlassen – und ist der FDP beigetreten.

„Ich habe mich den Grünen schon seit einiger Zeit nicht mehr richtig zugehörige gefühlt“, sagte Abel dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Als einen Hauptgrund für den Wechsel nannte der 39-Jährige die Haushaltspolitik. „Neue Schulden aufzunehmen löst keine Probleme“, sagt der Düsseldorfer. „Es wäre besser, Reformen anzugehen und den Staat auf seine Kernkompetenzen zu fokussieren.“

Keine Entscheidung gegen di Grünen, sondern für die FDP
Martin-Sebastian Abel, Neumitglied der FDP

Nach dem Wahldesaster der Grünen bei der Landtagswahl im Jahr 2017 (6,4 Prozent) hatte Abel sein Mandat verloren und war zur NRW.Bank gewechselt. Mittlerweile arbeitet er für eine große Unternehmensberatung. „Mein Schritt war keine Entscheidung gegen die Grünen, sondern für die FDP“, erklärt Abel, der zur Gruppe der Realos zählte. In seiner Zeit als Parlamentarier gehörte er der „Pizza-Connection“ an, einem Zusammenschluss von Grünen, die sich mit jungen CDU-Politikern trafen. Aber auch zur FDP pflegte Abel in Zeit, als NRW von SPD und Grünen regiert wurde, bereits gute Kontakte. „Mit Henning Höne habe ich damals schon gerne ein Glas Wein getrunken“, erinnert sich Abel. Höne ist heute Fraktions- und Landesvorsitzender der FDP.

Wie fühlt sich der Wechsel an? Abel, der zwischenzeitlich für ein Start-up das Nordamerika-Geschäft aufgebaut hat, will nicht schlecht über die Grünen reden – er habe ihnen „viel zu verdanken“. Auf die Frage, was ihn denn konkret störte, nennt er die Wirtschaftspolitik: „Viele Förderprogramme werden gar nicht abgerufen, weil die Unternehmen Berater einstellen müssten, um an die Mittel zu gelangen. Die Kriterien sind einfach zu kompliziert. Es gibt zu viele Töpfe, die aber nicht für eine kommerzielle Nutzung verwendet werden dürfen. Das ist ein objektiver Missstand – und nicht, wie von den Grünen oft behauptet – neoliberale Propaganda.“

Abel gehörte den Grünen seit 2002 an, war Mitglied des Landesvorstands der Grünen Jugend und Mitarbeiter des Düsseldorfer Landtagsabgeordneten Stefan Engstfeld. Er konnte 2012 in den Landtag einziehen, weil die Grünen Minister Johannes Remmel (Umwelt) und Barbara Steffens (Gesundheit) ihre Mandate zurückgaben, um Patz für Nachrücker zu schaffen. In seiner Zeit als Abgeordneter setzte sich Abel auch für das Tierwohl ein, kämpfte gegen die umstrittene Haltung von Delfinen in Zoos. Klare Kante zeigt der Politiker mit Blick auf die Maßnahmen in der Pandemie: „Die Schulschließungen waren überzogen und hatten negative Auswirkungen auf die psychische Gesundheit vieler Kinder.“

Grünen-Chef bleibt gelassen: „So ist das Leben“

FDP-Chef Höne freute sich über den Wechsel. „Herr Abel teilt unsere liberalen Werte und passt deshalb sehr gut zu den Freien Demokraten. Seine Überzeugungen, gerade in Bezug auf die verfehlten Corona-Maßnahmen und die Schuldenpolitik, spiegeln genau das wider, wofür die FDP steht“, sagte Höne unserer Zeitung. Der Schritt sei ein „starkes Signal“ für die Bedeutung der liberalen Ideale.

Bei den Grünen war Abel schon im vergangenen Jahr ausgetreten. Landeschef Tim Achtermeyer nahm den Wechsel gelassen. „So ist das Leben, manchmal geht man neue Wege. Ich wünsche Martin-Sebastian alles Gute und freue mich, dass er sich weiter politisch engagiert, wenn auch an anderer Stelle.“

Abels Frau ist bereits seit vielen Jahren Mitglied bei den Liberalen, bekleidet aber keine Parteiämter. So will es auch das Neumitglied halten: „Ich sehe meine Zukunft in der Wirtschaft. Die FDP werde ich nur als einfaches Mitglied unterstützen.“

Auf Landesebene sind Parteiwechsel bei den Grünen ein seltenes Phänomen. Für Aufsehen sorgte zuletzt der Fall des Abgeordneten Rüdiger Sagel, der die Grünen 2007 verließ und der  Partei Die Linke beitrat.