Verhalten ändert sich durch DemenzPflegekräfte in NRW werden regelmäßig Opfer von Gewalt

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Eine demenzkranke Frau sitzt in einem Pflegeheim. Nachlassende kognitive Fähigkeiten führen bei viele Senioren zu Frustrationen.

Nachlassende kognitive Fähigkeiten führen bei viele Senioren zu Frustrationen.

Gewalt im Pflegeheim ist ein Tabuthema. Betroffen sind nicht nur Bewohner von Einrichtungen – auch die Betreuer berichten über Übergriffe.  

Das Thema ist brisant, wird aber in der Öffentlichkeit nur wenig diskutiert: Mitarbeitende in Pflegeeinrichtungen sind oft Gewalt ausgesetzt. NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) lädt in dieser Woche zu einem runden Tisch ein, bei dem sich Interessenvertreter aus dem Gesundheitswesen über Schutzkonzepte austauschen sollen.

„Die Opfer fühlen sich oft alleingelassen und schämen sich, über Vorfälle zu sprechen“, sagte Sonja Wolf, die im Vorstand der Pflegekammer NRW für Gewaltprävention zuständig ist, dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Immer wieder komme es vor, dass Gewalterfahrungen die Ursache für einen Berufswechsel sind.    

Jeder zwei Demente ändert Verhalten

Krankheiten wie Demenz oder degenerative Veränderungen wie bei Alzheimer können bei Pflegebedürftigen zu Unruhe und mitunter auch aggressivem Verhalten führen. „Auf Berührungen reagieren sie zum Teil mit Abwehrverhalten, die Verunsicherung über Vergesslichkeit, Orientierungslosigkeit und den Verlust von Alltagsfähigkeiten macht sie reizbar“, so Wolf, die seit 35 Jahren in der Pflege arbeitet.

Studien haben ergeben, dass rund 50 Prozent der Patienten mit Demenz Verhaltensänderungen zeigen. Je weiter die Erkrankung fortschreitet, umso heftiger könnten die Reaktionen ausfallen: „Sie empfinden normale Pflegesituationen wie Zähneputzen, Anziehen und Waschen als übergriffig und setzen sich zur Wehr.“

Eine Studie des Präventionsprojekts PEKO hat ergeben, dass neun von zehn Pflegende von Übergriffen berichten. „Gewalt in der Pflege wird immer noch tabuisiert, obwohl die Fallzahlen immer weiter nach oben gehen“, sagte Susanne Schneider, gesundheitspolitische Sprecherin der FDP-Landtagsfraktion NRW, dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Gewalterfahrungen seien auch eine Gefahr für die Versorgung. „Pflegende melden sich nach Vorfällen krank oder wechseln sogar den Beruf. Das können wir uns in der angespannten Pflegesituation nicht leisten“, so Schneider. In NRW fehlen in den Pflegeberufen etwa 50.000 Mitarbeiter.

FDP fordert bessere Ausbildung

Mit einer Kleinen Anfrage haben die Liberalen die Maßnahmen der Landesregierung in diesem Bereich erfragt. Schneider zeigte sich enttäuscht über die Antwort. Ein runder Tisch zu Best-Practice-Ansätzen reiche nicht aus. „Wir brauchen mehr Anstrengungen, um dem Phänomen Gewalt in der Pflege entgegenzutreten. Maßnahmen können da von besserer Ausbildung von Pflegekräften in der Gewaltprävention bis hin zu besseren Sicherungsmaßnahmen in den Krankenhäusern oder Pflegeeinrichtungen reichen.“

Gerade auch sexuelle oder fremdenfeindliche Gewalt in der Pflege müsse besser untersucht werden. „Das Dunkelfeld ist in diesem Bereich besonders groß, weil Scham und Tabuisierung ein Anzeigen der Gewalt verhindern“, so Schneider.