Corona, Erkältung und GrippeWas in diesem Virenherbst auf uns zukommt

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Ein Mann putzt sich mit einem Taschentuch die Nase (gestellte Szene).

Ein Mann putzt sich mit einem Taschentuch die Nase (gestellte Szene).

Die Atemwegserreger sind los und machen mehr Menschen hierzulande krank. Das zeigt der aktuelle RKI-Bericht – für alle Altersgruppen. Welche Keime derzeit kursieren, was präventiv und bei Krankheit hilft und womit in den kommenden Wochen zu rechnen ist.

Mehr Menschen hierzulande ächzen unter Atemwegsinfekten. Das zeigen aktuelle Zahlen: Die Arztbesuche nehmen deutlich zu. Die „Aktivität akuter respiratorischer Erkrankungen (ARE)“ ist deutschlandweit ebenfalls „deutlich gestiegen“. So lässt es der aktuelle ARE-Wochenbericht des Robert Koch-Instituts (RKI) verlauten, der insbesondere die dritte Septemberwoche in den Blick nimmt.

1,3 Millionen Menschen waren allein in dieser Woche wegen eines Atemwegsinfektes beim Arzt. Rhinoviren und Sars-CoV-2, also Corona, bestimmten demnach hauptsächlich das Infektionsgeschehen - und das in allen Altersgruppen. Rund 1500 Covid-19-Erkrankungen kommen auf 100.000 Einwohner (Vorwoche: 800). Für diese Jahreszeit sei die ansteigende Infektionsdynamik typisch, aber „bereits auf einem vergleichsweise hohen Niveau“. Influenza (Grippe) und RSV wurden bislang kaum nachgewiesen – größere Krankheitswellen mit diesen Erregern beginnen üblicherweise erst im Winter.

Der Welle „vergleichsweise entspannt“ entgegensehen

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Fachleute rechnen mit einem weiteren Anstieg in den kommenden Wochen und Monaten. „Es ist zu erwarten, dass Coronaviren, Influenza, RSV, Pneumokokken und andere Erreger für viele Infektionen sorgen werden“, sagt etwa Timo Ulrichs, Infektionsepidemiologe an der Akkon Hochschule für Humanwissenschaften in Berlin. „Erfahrungsgemäß nehmen Infektionen der oberen Atemwege zahlenmäßig in der Herbst- und Wintersaison zu, das ist also nicht ungewöhnlich – und hat auch immer eine Wellenform.“

Die Grundimmunität gegen das Coronavirus in der Bevölkerung sei gut, sodass nicht mit vermehrten Krankenhauseinweisungen und Intensivbettenbelegungen wie noch in den drei Pandemiejahren zu rechnen sein werde. „Wir können der Welle vergleichsweise entspannt entgegensehen“, sagt Ulrichs. Aber: „Die zunehmenden Infektionszahlen bedeuten auch individuell Erkrankungen, die zum Teil schwerer verlaufen können.“

Impfauffrischung im Herbst – für manche empfehlenswert

Wenn es um Corona geht, sind der WHO zufolge Auffrischungsimpfungen nach wie vor ein „äußerst wirksames Mittel“, um Krankenhausaufenthalte und Todesfälle zu verhindern. Auch werde es dadurch weniger wahrscheinlich, an Long Covid zu erkranken. Die Ständige Impfkommission (Stiko) empfiehlt Menschen ab 60 Jahren und Erwachsenen mit bestimmten Grunderkrankungen oder einer Immunschwäche, sich jetzt im Herbst eine Auffrischungsimpfung gegen Corona zu holen.

Auch zu einer Grippeimpfung wird bestimmten Personengruppen geraten: ebenfalls über 60-Jährigen, Schwangeren, bei bestimmten chronischen Erkrankungen, aber auch Bewohnern von Alters- und Pflegeheimen, bei erhöhtem Risiko wegen beruflicher oder privater Exposition. Man kann auch zeitgleich gegen Covid-19 und Influenza impfen. Eine erste Anlaufstelle kann die hausärztliche Praxis sein.

Empfänglich für eine Corona-Infektion sind aber alle. Es sei nicht ungewöhnlich, dass sich Menschen nach wie vor und auch zum wiederholten Male mit dem Virus infizieren, erläuterte zuletzt Sandra Ciesek, die Direktorin des Instituts für Medizinische Virologie am Universitätsklinikum Frankfurt ist. „Man kriegt Atemwegserkrankungen nicht nur einmal im Leben, sondern immer wieder, manche jedes Jahr, manche alle zwei Jahre.“ Die Immunität, die durch eine zurückliegende Infektion oder eine Impfung entsteht, nehme mit der Zeit ab und der Mensch werde wieder empfänglich für eine Infektion.

Neue Corona-Variante beeinflusst ganzjährig

Schon im Sommer gab es eine größere europaweite Krankheitswelle - mit Corona. Zwar sei die Zahl der Fälle niedriger gewesen als während der Winterwelle von 2023, aber auch bei hohen Temperaturen habe es Krankenhauseinweisungen und Todesfälle gegeben, meldete die WHO Mitte August in einer Mitteilung. Das könne auf Urlaubsreisen, Massenveranstaltungen wie große Sportturniere und Musikfestivals, aber auch auf die geringere Konkurrenz durch gleichzeitig zirkulierende Atemwegserkrankungen wie die Grippe zurückzuführen sein.

„Wenn auch im Sommer vermehrt Fälle auftreten, kann das auf der Erregerseite liegen: neue (Unter-)Varianten des Virus können aggressiver auftreten“, sagt Ulrichs. Und in der Tat: Seitdem kursiert die neue Corona-Subvariante K.P.3.1.1, die in Deutschland im September nun auch dominiert. „Das wird wohl nicht die letzte Ausprägung des Virus sein, aber sie wird sicher das Infektionsgeschehen im Herbst und Winter bei uns bestimmen“, erklärt Epidemiologe Ulrichs. „Die Variante kann individuell zu schwereren Verläufen führen, aber nicht vergleichbar mit den schweren Verläufen während der Coronapandemie.“ K.P.3.1.1. gilt als ansteckender als vorherige Varianten.

Wie sich das Coronavirus konkret für den Rest des Jahres 2024 verhalten wird, ist der WHO zufolge unmöglich vorherzusagen. Klar sei nur: Es seien wohl noch mehrere Wellen möglich. „Die Coronaviren verbreiten sich dann besonders gut, wenn es die Wirte ihnen leicht machen, also im Herbst und Winter“, erläutert Ulrichs.

Wer krank ist, sollte mindestens drei bis fünf Tage zuhause bleiben

Wie kann man sich, zusätzlich zu Impfungen, also schützen - vor Corona, aber auch allen anderen Erregern, die unterwegs sind? Maskentragen im öffentlichen Raum ist Ulrichs zufolge immer gut: zum Selbstschutz, aber auch, wenn man selbst eine Infektion hat und die Umgebung schützen will. „Coronatestungen sind eher überflüssig, denn aus ihren Ergebnissen ergeben sich keine Konsequenzen“, sagt der Epidemiologe. „Generell gilt: Wer eine Infektion der oberen Atemwege hat, sollte nach Möglichkeit zuhause bleiben oder die Weiterverbreitung durch Masketragen unterbinden.“

Ähnlich sieht es auch das RKI. Wer Symptome einer akuten Atemwegsinfektion hat, sollte „drei bis fünf Tage und bis zur deutlichen Besserung der Symptomatik“ zu Hause bleiben und sich von Menschen mit erhöhtem Risiko für schwere Krankheitsverläufe möglichst fern halten, heißt es auf der Homepage der Gesundheitsbehörde. Wenn Schnelltests zu Hause angewendet werden, sei zu beachten, dass ein negatives Schnelltestergebnis nicht unbedingt eine Infektion ausschließt. Ein positives Ergebnis sei aber einen guter Hinweis zum weiteren Vorgehen.

Und: Eine korrekt getragene Maske könne in Phasen mit starker Viruszirkulation, also einer Grippe, Covid-19, RSV-Erkrankungswelle, in Innenräumen ein zusätzlicher Schutz vor Infektion sein. „Insbesondere Personen, die zu einer Risikogruppe gehören, sollten diese Möglichkeit zum Selbstschutz in Betracht ziehen“, rät das RKI.