Gefährliche WürzeWas im Körper passiert, wenn wir zu viel Salz essen

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  • Ein Gramm Kochsalz pro Tag, diese Menge würde unserem Körper völlig ausreichen. Mehr braucht er nicht und weniger wäre nicht gesund.
  • Das Problem: 99 Prozent der Menschen essen deutlich mehr von dem wichtigen Mineralstoff, denn unsere Nahrungsmittel sind zu stark gesalzen.
  • Lesen Sie hier, was Sie über Salz wissen sollten und welche Tipps helfen, den richtigen Umfang mit dem Würzmittel zu finden.

Köln – Nervenzellen übertragen Reize als elektrische Impulse. Kochsalz (Natriumchlorid) dient als Elektrolyt und leitet diese Impulse weiter. Natrium benötigen wir, um den Flüssigkeitshaushalt zwischen den Zellen zu regulieren. Es spielt eine wichtige Rolle für den Herzrhythmus und für unsere Muskeln. Außerdem bindet und befördert es Nährstoffe. Chlorid beeinflusst Stoffwechselvorgänge, wirkt auf Herzrhythmus und Nervenleitungen sowie bei der Regulation des Wasserhaushaltes. Außerdem ist das Chlorid aus unserer Nahrung Bestandteil der Magensäure.

Kochsalz ganz wegzulassen ist also keine gute Idee, denn selbst herstellen kann unser Körper diese Mineralstoffe nicht. Da unsere Vorfahren ihr Essen noch nicht salzen konnten, war es für sie gar nicht so einfach, auf die benötigte Menge der Mineralstoffe zu kommen. Unverarbeitete Lebensmittel enthalten in der Regel nämlich nur geringe Mengen an Salz. Dass wir Salz so mögen, ist also ein Relikt aus dieser Zeit. In der richtigen Dosis gibt es jedem Essen die richtige Würze. Es ist Geschmacksverstärker und sogar in süßem Gebäck wichtiger Antagonist des Zuckers. Fehlt das sprichwörtliche Salz in der Suppe, fehlt das gewisse Etwas – das Essen schmeckt fade. Auf Salz zu verzichten ist schwer. Ganz verzichten müssen wir aber auch gar nicht.

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Was ist Kochsalz?

Kochsalz besteht aus Natrium- und Chloridionen. Gewonnen wird Salz sowohl aus dem Meer als auch an Land. Ursprünglich stammt jedoch jegliches Salz aus dem Meer. Auf seinem Weg durch den Boden spült der Regen nämlich Mineralsalze heraus, nimmt sie mit hinunter ins Grundwasser und von dort aus in die Flüsse. Wenn die Flüsse im Meer münden, landen auch die Salze dort. Ist das Wasser gesättigt und kann keine Mineralien mehr aufnehmen, fallen die Salze aus und sinken zu Boden.

Die Meere sind also riesige Salzspeicher. Die Salze, die an Land abgebaut werden, stammen aus ausgetrockneten Urmeeren. Der weitaus größte Teil unseres Salzes wird an Land abgebaut, nur etwa 30 Prozent in den Meeren. 2017 wurden weltweit rund 280 Millionen Tonnen Salz abgebaut. Der Großteil davon wird allerdings nicht als Kochsalz verkauft, sondern in der Industrie verwendet.

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Salz-Teiche in Peru

Zu viel Salz ist ungesund

Damit unser Körper problemlos funktionieren kann, reicht bereits ein Gramm Kochsalz pro Tag aus. Problemlos verarbeiten kann unser Organismus allerdings mehr. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt, nicht mehr als fünf Gramm Kochsalz pro Tag zu sich zu nehmen. Das entspricht in etwa einem Teelöffel. Kinder unter neun Monaten sollten gar kein Salz bekommen, Kinder im Alter zwischen 18 Monaten und drei Jahren nicht mehr als zwei Gramm pro Tag. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) erlaubt Erwachsenen  sechs  Gramm Salz pro Tag. „Das Problem ist, dass unsere Salzaufnahme deutlich höher liegt“, sagt Angela Clausen, Ernährungswissenschaftlerin bei der Verbraucherzentrale NRW im Bereich Lebensmittel und Ernährung.

In den meisten unserer Nahrungsmittel steckt nämlich bereits so viel Natriumchlorid, dass wir nicht nachsalzen müssten, um auf diese Menge zu kommen. Im Gegenteil: Eine Studie der Harvard School of Public Health von 2014 ergab, dass mehr als 99 Prozent der Menschen weltweit zu viel Salz zu sich nehmen. In Deutschland liegt die tägliche Salzaufnahme dem „Deutschen Erwachsenen Gesundheitssurvey“ zufolge bei Männern bei rund zehn Gramm pro Tag und bei Frauen bei durchschnittlich 8,4 Gramm. Die Hälfte aller  Männer und 38,5 Prozent der Frauen nehmen sogar mehr als zehn Gramm pro Tag zu sich. 

Viel Salz in verarbeiteten Lebensmitteln

Das liegt auch daran, dass sich viele Nahrungsmittelhersteller unsere Vorliebe für Salz zunutze machen. Weil Salz das Essen schmackhaft macht und weil es günstig ist, enthalten Fertigprodukte häufig sehr viel Salz. Allein eine Salamipizza schon rund sechs Gramm, also so viel, wie wir laut DGE am Tag höchstens zu uns nehmen dürften. Und nicht nur die offensichtlichen Produkte wie Chips sind es, die viel Salz enthalten, sondern auch solche, die gar nicht besonders salzig schmecken.

27 bis 28 Prozent unser Salzzufuhr stammt laut Verbraucherzentrale aus Brot und Brötchen, 15 bis 21 Prozent aus Fleisch- und Wurstwaren und 10 bis 11 Prozent aus Milchprodukten und Käse. Rund 75 Prozent des Salzes, das wir zu uns nehmen, steckt bereits in verarbeiteten Lebensmitteln wie Brot, Käse und Wurst. Nur etwa 25 Prozent kommt vom Salzen beim Kochen und Nachsalzen am Tisch.

Verschiedene Salze

Himalayasalz

Himalayasalz hat eine feine rosarote Färbung, die durch Eisenoxid hervorgerufen wird. Abgebaut wird es tatsächlich nicht im Himalaya, sondern hauptsächlich in Pakistan.

Steinsalz

Steinsalze sind durch das Verdunsten der Urmeere vor vielen Millionen Jahren entstanden. Es ist also im Prinzip Meersalz, das unter der Erde zwischen Gesteinsschichten lagerte.

Fleur de Sel

Fleur de Sel ist ein besonders edles Meersalz. Dabei handelt es sich um die Salzblumen, die sich auf der Wasseroberfläche in Salzgärten bilden, bevor das Wasser verdunstet und das Salz eigentlich geerntet werden kann. Man gibt es kurz vor dem Servieren über die fertigen Gerichte, aber niemals einfach ins Kochwasser.

Meersalz

Meersalz stammt vor allem aus Küstengebieten warmer Länder, wo man das Meerwasser in Becken verdunsten lässt. Zurück bleibt das Salz.

Überdosis ist selten

Eine direkte Überdosis ist äußerst selten. 2004 zwang eine Frau aus Frankenthal ihre Stieftochter, einen Schokopudding zu essen, in den das Kind anstelle von Zucker aus Versehen 30 Gramm Salz geschüttet hatte – das Mädchen starb daraufhin an den Folgen einer Überdosis. Die Vierjährige bekam Bauchweh, Erbrechen und Durchfall und fiel in ein Koma, aus dem sie nicht mehr erwachte. Ist die Salzkonzentration im Körper außerhalb der Zellmembranen so hoch, sorgt der osmotische Effekt dafür, dass den Zellen Wasser entzogen wird, um die Konzentration auszugleichen. Kann anschließend nicht genug Wasser getrunken werden, führt das zu Herzkreislauf- und Atemstörungen. Das Mädchen hatte mit dem versalzenen Pudding mehr als die tödliche Dosis von drei Gramm Kochsalz pro Kilogramm Körpergewicht zu sich nehmen müssen.

Freiwillig schafft das jedoch kaum jemand. Unser Problem ist vielmehr das tägliche Zuviel, das zwar keine kurzfristigen, wohl aber langfristige Folgen hat. „Zu viel Salz kann den Blutdruck übermäßig erhöhen“, weiß Ernährungswissenschaftlerin Angela Clausen. „Auf Dauer schädigt Bluthochdruck die Organe und kann zu Herzinfarkt und Schlaganfall führen.“

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Ein Blick in ein altes Salzbergwerk in Bochnia, Polen

Auch für Magenkrebs sei zu viel Salz ein wahrscheinlicher Risikofaktor. Für Bluthochdruck verantwortlich gemacht wird vor allem Natrium. Je mehr Natrium wir aufnehmen, desto mehr Flüssigkeit braucht unser Körper. Essen wir zu viel Salz und trinken dabei zu wenig, wird das Wasser unseren Zellen entzogen. Weil unser Flüssigkeitsvolumen im Körper vergrößert ist, wenn wir viel Salz zu uns genommen haben, steigt auch unser Blutdruck an. Das ist weniger bei solchen Menschen der Fall, deren Gefäßwände elastisch sind und deren Nieren wie vorgesehen dafür sorgen, dass das überschüssige Salz rasch wieder ausgeschieden wird. Einer Studie des Robert-Koch-Instituts zufolge leidet fast die Hälfte der Deutschen unter Bluthochdruck, aber nur jeder zweite  weiß auch davon.

Produkte mit wenig Salz raussuchen

Nicht jeder Mensch reagiert also gleich auf Salz. „Es gibt unterschiedliche Arten von Menschen. Manche reagieren salzsensitiv, andere nicht“, so Clausen. Noch sei es schwierig nachzuweisen, wer salzsensitiv ist. Die Uni Münster hat erste Testverfahren dazu entwickelt: „Man schätzt, dass jeder Dritte salzsensitiv ist.“ Übergewicht, Diabetes und Bluthochdruck sind offenbar Indikatoren für Salzsensitivität. Betroffene müssen besonders darauf achten, nicht zu viel Natriumchlorid zu sich zu nehmen. „Aber auch für nicht salzsensitive Menschen macht es Sinn, den Konsum auf etwa sechs Gramm pro Tag zu reduzieren“, sagt Angela Clausen.

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Getrocknete Salzklumpen werden für die Weiterverarbeitung vorbereitet.

Die Bundesregierung setzt sich mit der nationalen Reduktionsstrategie dafür ein, dass der Zucker-, Fett- und Salzgehalt in Fertiglebensmitteln reduziert wird. Der Verbraucherzentrale ist das als Maßnahme jedoch zu wenig. „Es gibt keine Vorgaben vonseiten der Regierung, sondern die Hersteller könnten freiwillige Vorschläge machen“, erklärt Angela Clausen. Wer auf seinen Salzkonsum achten muss, dem bleibt also weiterhin nichts anderes übrig, als auf den Natriumgehalt der Lebensmittel zu achten und die Inhaltsstoffe zu studieren: „Es gibt in allen Produktgruppen solche mit mehr und solche mit weniger Salz. Ich kann also alles weiterhin essen und muss nur darauf achten, mir die Produkte mit weniger Salz herauszusuchen.“ Wer zum Beispiel Putensalami statt klassischer Salami wählt, spart 2,2 Gramm Salz pro 100 Gramm ein.

Konservierungsmittel sprechen für viel Salz

Von einem geringen Salzgehalt spricht man bei Produkten mit 0,3 Gramm Salz pro 100 Gramm, von einem mittleren bis 1,5 Gramm, was darüber liegt hat einen hohen Salzgehalt. Allerdings gibt es Produkte, die es nicht mit einem niedrigen Salzgehalt gibt. Wurst und Käse etwa enthalten immer relativ viel Salz, da es dort auch als Konservierungsmittel dient. Bei Brot sei schwierig, dass der Salzgehalt bei Bäckereiware häufig höher ist als bei abgepacktem Backwerk. „Ein Brot mit 1,1 Gramm Salz pro 100 Gramm hat einen guten Wert“, sagt Clausen. Meist ist aber nicht einsehbar, wie viel Salz die Bäcker für ihre Brote verwenden. „Wir plädieren deshalb zu mehr Transparenz in Bäckereien“, sagt Clausen. Wer darauf achten muss, wenig Salz zu konsumieren, kann derzeit eigentlich nur zu abgepacktem Brot greifen.

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Kürzlich sorgte eine kanadische Studie für Verwirrung, der zufolge zu wenig Salz zu einer höheren Sterblichkeit führt. „Diese Studie ist in wissenschaftlichen Kreisen jedoch umstritten“, sagt Verbraucherschützerin Clausen. „Außerdem nehmen die meisten von uns ja eher zu viel Salz auf.“

Mikroplastik in Salz

Forscher der Uni Oldenburg haben 2018 in fünf  Produkten von Fleur de Sel Kunststoffreste nachweisen können. Dabei handelte es sich vor allem um Polyethylen (PE), Polypropylen (PP) und Polyethylenterephthalat (PET) – typische Bestandteile von Verpackungsmüll. Die Hersteller könnten dafür nichts, wie die Mitarbeiter des Instituts für Chemie und Biologie des Meeres betonten. Das Mikroplastik stammt zum Beispiel aus Plastiktüten und Flaschen, die ins Meer gelangt sind und sich dort in immer kleinere Teile gespalten haben.

Als Mikroplastik bezeichnet man Kunststoffteilchen, die kleiner sind als fünf Millimeter. Da sich Plastikteilchen nicht zersetzen, lagern sie sich ab – auch in Meerestieren und Salz. In allen untersuchten Salzproben wurde Mikroplastik gefunden, zwischen 138 und 1796 Mikrogramm pro Kilo. Offenbar ist Fleur de Sel stärker belastet als andere Salzsorten. Die Wissenschaftler sehen den Grund in der Art und Weise, wie es gewonnen wird. Gesundheitlich bedenklich seien die in den Proben gefundenen Dosen nicht, so die Forscher. Zumal Fleur de Sel nur in geringen Mengen konsumiert werde.  Mikroplastik ist im Übrigen auch in der Luft und anderen Lebensmitteln zu finden.

Tipps zur Kontrolle des Salzkonsums

  • Auf den Nährwertangaben der Lebensmittel findet man häufig nur die Angabe, wie viel Salz enthalten ist. Um vom Salzgehalt auf den Natriumwert zu schließen, muss man die Salzmenge durch 2,5 teilen.
  • Ernährungswissenschaftlerin Angela Clausen rät dazu, Jodsalz zu verwenden. „Wir haben in Deutschland nur eine marginale Versorgung mit Jod, obwohl das für die Gesundheit wichtig ist“, sagt Clausen. In Fertigprodukten sei nur selten Jodsalz enthalten, weil diese dann international weniger verkehrsfähig seien. Das Problem sei außerdem, dass Modesalze häufig nicht jodiert sind.
  • „Beim Kochen nicht zu viel salzen, sondern lieber bei Bedarf nachsalzen“, rät Clausen.
  • Wer grobes Salz verwendet, benötigt meist insgesamt weniger
  • Die Salzmenge langsam reduzieren. „In kleinen Schritten ist eine Reduktion der Salzmenge geschmacklich gar nicht festzustellen“, sagt die Ernährungsexpertin. Einer Studie zufolge kann die Salzmenge in Brot um die Hälfte reduziert werden, ohne dass die Teilnehmer weniger Brot aßen oder salzreichere Aufschnitte wählten.