RechtsfrageIst das Gesetz gegen „Konversionstherapien“ für Homosexuelle sinnvoll?

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„Konversionstherapien" sollen Homosexualität „heilen“. Sie zielen darauf ab, die sexuelle Orientierung oder selbstempfundene geschlechtliche Identität einer Person zu ändern oder zu unterdrücken. 

  • In unserer Serie „Recht und Ordnung“ befassen wir uns mit juristischen Themen – und wollen Ihnen mehr Durchblick im Paragrafen-Dschungel verschaffen.
  • Diesmal beantwortet die Kölner Strafrechts-Professorin Frauke Rostalski die Frage, ob es wirklich ein Gesetz gegen die sogenannten „Konversionstherapien" braucht.
  • Die Juristin macht klar: Zwar beträfe das Gesetz nur eine Minderheit der Bevölkerung – aber gerade Minderheiten sollten geschützt werden.

Köln – Es stimmt, die Bundesregierung hat einen Gesetzentwurf „zum Schutz vor Konversionsbehandlungen“ vorgelegt. Gemeint sind damit Therapien zur „Heilung“ von Homosexualität. Sie zielen darauf ab, die sexuelle Orientierung oder selbstempfundene geschlechtliche Identität einer Person zu ändern oder zu unterdrücken. Der Entwurf sieht vor, solche Behandlungen an Minderjährigen sowie an Erwachsenen, deren Entscheidung für eine „Konversionstherapie“ auf einem Willensmangel beruht, unter Strafe zu stellen. Daneben soll es Vorschriften geben, die das Werben, Vermitteln und Anbieten von Konversionsbehandlungen unter bestimmten Voraussetzungen als Ordnungswidrigkeit ahnden. 

Konversionstherapien sorgen für großes Leid bei Behandelten

Ich begrüße den Gesetzentwurf und bin der Ansicht, dass er ein wichtiges Anliegen verfolgt. Um das – eigentlich – Selbstverständliche einmal zu betonen: Weder Homosexualität noch das Auseinanderfallen von selbstempfundener und zugefallener geschlechtlicher Identität stellen eine Krankheit dar. Es besteht also kein irgendwie gearteter Bedarf, Betroffene zu behandeln. Dennoch finden solche „Therapien“ auch in Deutschland nach wie vor statt.

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Strafrechtsprofessorin Frauke Rostalski

Die Akteure kommen sowohl aus den Gesundheitsberufen als auch aus anderen, vor allem religiös motivierten Kreisen, die Homosexualität als moralisch verwerflich ablehnen. Wenig überraschend weisen Konversionsbehandlungen keinerlei wissenschaftlich nachweisbaren Nutzen auf. Sie sind allerdings sehr wohl dazu geeignet, ganz erhebliches Leid bei den Betroffenen anzurichten. Wer sich einer Konversionsbehandlung unterzieht, ist in erheblichem Maße gefährdet, an Depressionen zu erkranken, Ängste zu erleiden und jedwede sexuellen Gefühle zu verlieren. Auch steigt das Suizidrisiko signifikant. 

Minderjährige besonders schutzwürdig

Es mag zutreffen, dass „Konversionstherapien“ lediglich eine gesellschaftliche Minderheit betreffen. Ein Argument gegen neue Gesetze ist dies freilich nicht – im Gegenteil. Gerade der Minderheitenschutz ist im Rechtsstaat Aufgabe des Gesetzgebers. Besonders schutzwürdig erscheinen dabei Minderjährige, die sich möglicherweise selbst erst in einem Findungsprozess in Bezug auf ihre sexuelle Orientierung oder geschlechtsbezogene Identität befinden.

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Aber auch Erwachsene sind schutzwürdig, wie es der Gesetzentwurf der Bundesregierung zu Recht erkennt. Dies betrifft all jene Volljährigen, deren Entscheidung für eine Konversionsbehandlung nicht frei von Willensmängeln ist – etwa weil sie dazu gedrängt oder durch Täuschung veranlasst wurden. Ihr Schutz überwiegt auch die Glaubensfreiheit potenzieller „Therapeuten“ und sonstiger Personen, die ein religiös motiviertes Interesse an solchen Behandlungen haben – wie etwa die Eltern eines minderjährigen Kindes. Insofern ist das geplante Verbot von Konversionsbehandlungen ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einem verbesserten Schutz der sexuellen Selbstbestimmung und von Minderheiten im Allgemeinen.