Köln – Meine beste Freundin hat eine Beziehung mit einem Mann begonnen. Sie ist sehr verliebt. Mit anderen Freundinnen und Freunden bin ich mir aber nicht nur sicher, dass dieser Mann der falsche für sie ist. Wir sind überzeugt, dass sie sich unglücklich macht. Kann oder soll ich ihr das sagen? Und wenn ja, wie? Ich will sie ja nicht bevormunden und fürchte, sie hört nicht auf mich, und es belastet unsere Freundschaft, wenn ich mich einmische. Aber nichts tun und einfach zugucken, schmerzt mich auch. Sibylle, 31

Sie scheinen alles richtig machen zu wollen und wirken durch die veränderte Situation mit einem neuen Mann an der Seite Ihrer besten Freundin verunsichert. Zum einen sorgen Sie sich um das Wohl Ihrer Freundin, zum anderen fürchten Sie mögliche Konflikte mit ihr, wenn Sie ihr Ihre Meinung sagen. Eine positive Nachricht vorab: Eine Freundschaft hält so einiges aus. Gute Freundschaften sind viel wert. Wir wollen uns aufeinander verlassen können und vertrauen darauf, dass unsere Freunde auch in schwierigen Situationen an unserer Seite stehen, uns auf Fehler hinweisen und uns unterstützen. Offenheit und Ehrlichkeit sind dabei essenziell. Also ja, sprechen Sie mit Ihrer Freundin. Aber zuerst sollten Sie sich einige Gedanken machen.

Carolina Gerstenberg

Carolina Gerstenberg, geb. 1983, ist psychologische Psychotherapeutin in Köln. Sie hat sich auf Traumatherapie und die Beratung von Paaren spezialisiert, bietet aber auch Unterstützung in anderen Fragen an.

Was überzeugt Sie davon, dass Ihre Freundin den falschen Partner gewählt hat? In Ihrem Freundeskreis scheinen Sie sich einig zu sein, dass Ihre Freundin mit ihrer Partnerwahl unglücklich wird. Vielleicht haben Sie recht, und Ihre Freundin ist blind vor Liebe, vielleicht aber auch nicht. Sie sollten sich bewusst machen, dass dies Ihre Einschätzung ist und Ihre Freundin ihre Partnerwahl vermutlich ganz anders erlebt.

Wie würden Sie sich wünschen, dass Ihre Freundin umgekehrt mit einer solchen Situation umgeht? Ein Perspektivenwechsel kann hilfreich sein, um sich klar zu machen, wie Sie sich das Verhalten in einer guten Freundschaft vorstellen. Würden Sie eine ehrliche Rückmeldung oder lieber Verschwiegenheit und Zurückhaltung bevorzugen?

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Mit welchen Erwartungen suchen Sie das Gespräch? Sollten Sie von Ihrer Freundin verlangen, auf Sie zu hören, wird es schwierig. Es sollte dabei um ein offenes Gespräch auf Augenhöhe gehen. Das bedeutet, dass Sie Ihre Gedanken, Gefühle und Befürchtungen äußern, bei sich bleiben und empathisch auf Ihre Freundin eingehen.

Ich könnte mir vorstellen, dass Ihre Freundin zunächst abwehrend oder beleidigt reagiert. Sagen Sie ihr, wie wichtig Ihnen die Freundschaft ist, und dass Sie sich um sie sorgen. Und umgekehrt, hören Sie Ihrer Freundin offen zu und versuchen Sie, sich auch in ihre Situation und Verliebtheit hineinzuversetzen. Im besten Fall schätzt Ihre Freundin Ihre Offenheit. Andernfalls können Raum und Zeit helfen, das Gehörte erst mal zu verdauen.

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So schwer es auch ist, Ihre Freundin damit zu konfrontieren, Sie werden sehen, dass Ehrlichkeit und Authentizität für eine vertrauensvolle Freundschaft langfristig wichtig sind und Sie gemeinsam daran wachsen können. Umgekehrt riskieren Sie durch Verschwiegenheit und Zurückhaltung, dass Sie sich von Ihrer Freundin distanzieren, und das wiederum gefährdet Ihre Beziehung. Auch wenn der neue Freund durch eine offene Aussprache nicht unbedingt sympathischer wird, können Sie einen angemessenen Umgang mit Ihrer Freundin finden, ohne dass Ihre Freundschaft darunter leiden muss.