So war der „Tatort“Ist Wotan Wilke Möhring dafür etwa Schauspieler geworden?

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Wotan Wilke Möhring (links) mit Anja Taschenberg

Wotan Wilke Möhring (links) mit Anja Taschenberg

Köln – Als Julia Grosz (Franziska Weisz) das fürstliche Anwesen des russischen Waffenhändlers erreicht, kommen zwei Jagdhunde gelaufen, um sie zu empfangen. Ganz kurz fragt man sich, ob gleich der „Simpsons“-Milliardär Montgomery Burns aus der Tür tritt, aber dann ist man doch wieder zurück in der mittelmäßigen „Tatort“-Wirklichkeit. Grosz versucht herauszufinden, warum ein Privatflugzeug auf dem Weg nach Zypern über dem Mittelmeer explodierte.

An Bord waren der Neffe des auf schleswig-holsteinischen Boden residierenden Russen und ein verdeckter Ermittler, der zum Schein ein illegales Waffengeschäft abwickeln sollte. Jetzt sind beide tot und der deutsche Steuerzahler um zwei Millionen Euro ärmer.

Alle die schönen Zutaten bleiben Zitate

Man merkt Niki Steins „Tatort“-Folge leider allzu deutlich an, wie sehr sich der Autor und Regisseur nach Höherem sehnt – wenn man darunter denn international verwertbare Stoffe, Schauwerte und Erzählstandards verstehen will. Also sehen wir kultivierte Gangster, moralisch verstrickte Polizisten, Auftragsmörder, nächtliche Observationen, mögliche Doppelagenten und sogar eine global vernetzte Kommandozentrale aus dem Hollywood-Arsenal. Aber während es dem Drehbuch an wenig fehlt, wird davon auf dem Bildschirm kaum etwas lebendig. All die schönen Zutaten bleiben Zitate – und manchmal auch nur blasse Klischees.

Für „Tatort“-Fans

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Was soll man etwa von der Familie des Waffenhändlers halten? Die können die beliebtesten russischen Literaturklassiker auswendig aufsagen und sind auch sonst so schwermütig und kultiviert, als wären sie lieber Tschechow-Figuren und keine Typen, die notfalls über Leichen gehen. Eigentlich sind diese Bösen ja auch ganz lieb, jedenfalls im Verhältnis zu den geheimnisvollen Hintermännern, die ihnen finstere Auftragsmörder auf den Hals hetzen. An den Darstellern liegt‘s nicht: Die Timofejews haben offensichtlich mehr Spaß an ihrem Leben als die deutschen Polizisten, die hinter Computern missmutig an papiernen Drehbuchsätzen kauen. Auch Wotan Wilke Möhring kann mehr, als er hier als Kommissar Falke zeigt, und fragt sich womöglich zwischen zwei stahlharten Blicken, ob er für solche Rollen wirklich Schauspieler geworden ist. (Ich bin jedenfalls für solche Filme nicht Kritiker geworden.) Ein Lichtblick ist Tatiana Nekrasov als abtrünnige Nichte des Waffenhändlers, auch wenn die als Nutte mit roter Perücke einen eher undankbaren Einstieg zu absolvieren hat.

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Sie bringt eine gewisse Lockerheit mit, aber dass ihre Figur wie angedeutet ein doppeltes Spiel spielen könnte, glaubt man deswegen noch lange nicht. Die ganze Inszenierung wirkt für den behandelten Stoff erstaunlich schwerfällig und gehemmt – wie mit Corona-Abstandsregeln versehen.