Mittwochs im ErftstadionSportabzeichen ist ein Fitnesstest für Jung und Alt in Euskirchen

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Ein Weitspringerin mitten im Sprung. Sportwarte kontrollieren die Absprungmarkierung.

Höher, schneller, weiter: Die Euskirchenerin Marion Ryher beim Weitsprung. Die Disziplin ist Teil des Sportabzeichens.

Hobbysportler können noch bis Ende September jeden Mittwoch ab 17 Uhr im Erftstadion in Euskirchen das Deutsche Sportabzeichen ablegen.

Im Erftstadion geht es jeden Mittwoch ab 17 Uhr um Zahlen – genauer gesagt um Zentimeter und Sekunden. An die Zahlenkombination 10.11.1912 denkt von den Teilnehmern aber wohl niemand. Vor 112 Jahren wurden in der Hauptversammlung des Deutschen Reichsausschusses für Olympische Spiele die Verleihung und die Bedingungen beschlossen für die „Auszeichnung für vielfältige Leistung auf dem Gebiet der Leibesübungen“, wie sie zunächst heißt. Dabei handelt es sich um den Vorgänger des heutigen Sportabzeichens. Warum das nicht direkt so hieß, ist einfach: Man wollte vermeiden, die Turner mit einer gleichlautenden Ehrung nicht zu verärgern.

Geturnt werden muss auch im Jahr 2024 nicht. Vielmehr geht es weiter um Kraft, Ausdauer und Koordination – alles Dinge, die auch beim Turnen erforderlich sind. Beim Sportabzeichen wird im Erftstadion aber gelaufen, gesprungen und geworfen. Oder Seil gesprungen. Das macht Lutz Hilger ziemlich routiniert. Der Euskirchener ist ein Sportabzeichen-Veteran, war schon viele Male dabei und wird es auch in diesem Jahr schaffen.

215 Athleten haben im Jahr 2023 ihr Sportabzeichen abgelegt

Im vergangenen Jahr gehörte er zu den 215 Hobbysportlern im Kreis, die das Sportabzeichen erfolgreich absolviert haben. „Vor Corona waren es bis zu 300. Die Pandemie und danach die Flut haben aber für eine kleine Delle gesorgt. Etliche Stammkunden sind nicht mehr dabei“, berichtet Sportabzeichen-Prüfer Jupp Arenz, der nach eigenen Angaben 1976 das erste Mal sein Sportabzeichen abgelegt hat.

Zwei Sportabzeichenprüfer nehmen in der Weitsprunggrube mit einem Band Maß.

Seit vielen Jahrzehnten beim Sportabzeichen als Prüfer dabei: Jupp Arenz aus Dom-Esch.

An der Faszination Sportabzeichen haben aber weder Corona noch die Flut etwas geändert, sagt er. Und das merkt man auch im Erftstadion. Stimmt das Wetter, sind zahlreiche Athleten dabei. Zum Auftakt regnete es. Da waren nur die Hartgesottenen gekommen. Zu ihnen gehörte Sacha Reichelt. Euskirchens Bürgermeister hat sich in diesem Jahr vorgenommen, etwas mehr Sport zu treiben, und er will am Ende der Sportabzeichensaison vergleichen, ob er im Laufe des Sommers schneller und fitter geworden ist.

Mutter und Tochter machen in Euskirchen gemeinsame Sache

Bereits ihr 31. Sportabzeichen will in diesem Jahr Inge Langanke ablegen – und das mehr oder weniger nebenbei. Sie ist nämlich nicht nur Hobbysportlerin, sondern auch ehrenamtliche Helferin bei den Prüfungen im Erftstadion. Sie misst die gesprungenen Weiten an der Sprunggrube, drückt auf die Stoppuhr beim Laufen. Und gibt gerne Hilfestellungen. „Beim Springen bitte nicht nach hinten fallen. Wir müssen den Abdruck nehmen, der am nächsten zum Absprung ist“, erklärt sie den Teilnehmern.

Zu denen gehört an diesem Tag auch Svenja Ryher. Das erste Mal zum Sportabzeichen habe ihre Mutter Marion sie mit drei Jahren „geschleppt“. Seitdem ist die Zwölfjährige dabei – auch wenn die Sportabzeichen vor ihrem sechsten Lebensjahr nicht in die Statistik einfließen werden. Für Mutter Marion ist es die zehnte Sportabzeichen-Saison. „Ich mache das vor allem für mich und um fit zu bleiben“, sagt die Euskirchenerin. Auf Gold gehe sie nicht. Ihr reiche das Sportabzeichen in Bronze.

Wer scheitert, kann es jeden Mittwoch noch einmal probieren

Am ersten Wettkampftag scheitert sie fast am Weitsprung. Das wäre aber nicht schlimm gewesen, weil an jedem Mittwoch die Disziplin wiederholt werden kann. Doch Marion Ryher beweist Nervenstärke. Im dritten Versuch überspringt sie die geforderten 3,10 Meter deutlich. Sie landet bei 3,65 Meter – Bronze ist im Weitsprung sicher. Im Standweitsprung verliert sie aber das Familienduell. Während Mutter Ryher bei 1,60 Meter landet, springt ihre Tochter 1,83 Meter aus dem Stand.

Drei Läufer legen das Sportabzeichen ab.

Bürgermeister Sacha Reichelt (M.) macht auch das Sportabzeichen.

Das Sportabzeichen ist nicht nur Motivation, sich bis ins hohe Alter fit zu halten. Es ist auch teilweise notwendig, um einen Beruf beginnen zu können. Wer beim Zoll beispielsweise den mittleren Dienst anstrebt, muss für die Einstellung beim Zoll das Deutsche Sportabzeichen, mindestens in Bronze, ablegen. Das Sportabzeichen muss spätestens bis zum 15. Juni eines Einstellungsjahrs vorliegen und darf nicht älter als zwölf Monate sein. Entsprechend sind auch in Euskirchen drei junge Menschen am Start, weil sie noch den 3000-Meter-Lauf absolvieren müssen. Letztlich schaffen sie es – der Karriere steht damit sportlich nichts mehr im Weg.

Wer das Sportabzeichen ablegen möchte, der ist mittwochs im Erftstadion goldrichtig. Bis zum 25. September stehen die Prüfer bereit, um von jeweils 17 bis 19 Uhr die erbrachten Leistungen aufzunehmen.


Das ist das Deutsche Sportabzeichen

Das Deutsche Sportabzeichen ist eine Auszeichnung des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB). Es ist die höchste Auszeichnung außerhalb des Wettkampfsports und wird als Leistungsabzeichen für überdurchschnittliche und vielseitige körperliche Leistungsfähigkeit verliehen.

Ein Seniorensportler wirft einen Ball.

Der Euskirchener Lutz Hilger wirft und springt seit Jahren.

Die zu erbringenden Leistungen orientieren sich an den motorischen Grundfähigkeiten Ausdauer, Kraft, Schnelligkeit und Koordination. Aus jeder dieser Gruppen muss eine Übung erfolgreich abgeschlossen werden (Leistungsstufe Bronze). Der Nachweis der Schwimmfertigkeit ist notwendige Voraussetzung für den Erwerb des Sportabzeichens.

Das Sportabzeichen kann von Männern und Frauen sowohl in der Bundesrepublik Deutschland als auch im Ausland erworben werden. Voraussetzung ist das erfolgreiche Absolvieren der geforderten Leistungen. Die Verleihung erfolgt durch die Ausstellung einer Urkunde.

Es gibt zwei Kategorien der Auszeichnung: Das Deutsche Sportabzeichen für Kinder und Jugendliche wird verliehen an Jungen und Mädchen ab dem Kalenderjahr, in dem das sechste Lebensjahr vollendet wird. Oder als Deutsches Sportabzeichen an Erwachsene ab dem Kalenderjahr, in dem das 18. Lebensjahr vollendet wird.