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Unfall am Nürburgring
22 Verletzte bei Explosion im Fahrerlager – Ermittlungen laufen

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In der Boxengasse des Nürburgrings sind zwei Boxen mit rot-weißem Flatterband abgesperrt und geschlossen. Daneben sind Boxen geöffnet, in der rechten steht ein grün-schwarzer Rennwagen.

Nach der Explosion einer Druckluftflasche wurden zwei Boxen am Nürburgring für die Ermittlungen versiegelt.

22 Menschen erlitten bei der Druckluftexplosion hinter einer Box zum Teil schwerste Verletzungen. Das Sechs-Stunden-Rennen fand statt.

Bei einer Explosion im Fahrerlager des Nürburgrings haben am Freitag gegen 18 Uhr 22 Menschen zum Teil schwerste Verletzungen erlitten. Nach Aussagen der Polizei ist eine Druckluftflasche explodiert. Wie es zu dem Vorfall kam, ist derzeit Gegenstand der Ermittlungen der Kriminalpolizei.

Wie diese Zeitung erfuhr, hat sich die Explosion unmittelbar hinter der Box des Mechernicher Rennstalls McChip-dkr ereignet. „Den Jungs vom Team und mir geht es gut“, berichtete der Nettersheimer Rennfahrer Christoph Breuer, der für McChip beim Sechs-Stunden-Rennen am Samstag starten sollte, auf Nachfrage. Per Instagram-Story bestätigte das Team dies. Weitere Auskünfte gab es von McChip-Seite nicht.

In einer Instagram-Story schreibt das Team mcchip-dkr „Aus unserem Team wurde keiner verletzt. Unsere Gedanken sind bei all den Verletzten des Vorfalls“ Darunter sind drei gefaltete Hände zu sehen.

Am Sonntag meldete sich das Team von mcchip-dkr per Instagram-Story.

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Zum Zeitpunkt des Unglücks am Freitag fanden Probe- und Einstellfahrten der Nürburgring-Langstrecken-Serie statt, die nach dem Unglück sofort abgebrochen wurden. Die Testfahrten hätten noch 30 Minuten gedauert, waren also kurz vor dem Ende, wodurch sich die Boxengasse und das Fahrerlager hinter der Box langsam nicht nur mit Teammitgliedern füllten, sondern auch mit Motorsportfans.

Die Druckwelle der Explosion war 250 Meter entfernt noch zu spüren

Wie von Augenzeugen zu hören war, habe es kurz vor dem Ende der Einstellfahrten plötzlich einen lauten Knall gegeben. „Zwei Leute lagen blutüberströmt auf dem Boden. Einer kam mir mit offenem Arm entgegen“, berichtet ein Zeuge gegenüber dieser Zeitung. Und aufgrund der Erlebnisse für die Fahrer, die Crews sowie zahlreiche Unbeteiligte: „Ich hoffe, die starten das Rennen nicht.“ Beim Kurznachrichtendienst X berichteten mutmaßliche Augenzeugen von abgetrennten Gliedmaßen.

Andere Zeugen, die 250 Meter entfernt waren, spürten die Druckwelle. „Erst sah man eine weiße Wolke, dann herrschte zunächst gespenstische Stille, dann begann das Geschrei“, sagten sie. Man habe zunächst an einen Anschlag geglaubt. Ein weiterer Zeuge, der sich zum Zeitpunkt der Explosion ein paar Boxen entfernt aufhielt, sprach von einem „Chaos mit schrecklichen Bildern. Manche stecken das vielleicht weg. Ich nicht so gut. Man kennt die Betroffenen und das macht es noch schwieriger“.

Mehrere Verletzte wurden mit Hubschraubern in Kliniken geflogen

Die Erstversorgung der Verletzten erfolgte unmittelbar durch das Medical Center am Nürburgring, zum Teil wurden sie mit Rettungshubschraubern in nahegelegene Krankenhäuser geflogen. Wie die Polizei in der Nacht zum Samstag präzisierte, erlitt eines der Opfer schwerste, drei weitere schwere Verletzungen. Viele Beteiligte des Rennens äußerten, dass es ein Glück sei, dass die Ärzte im Medical Center sich auch mit derartigen schwersten Verletzungen auskennen.

Die weiteren Personen wurden leicht verletzt, sie erlitten unter anderem Knalltraumata. Auch Seelsorger waren vor Ort und betreuten die Unverletzten. 

Der Grund für die Explosion am Nürburgring ist noch unklar

Warum die Druckluftflasche explodiert ist, ist derzeit Gegenstand der Ermittlungen. Die Polizei rechnet mit ersten Ergebnissen in der kommenden Woche. Denkbar wäre sowohl eine falsche Handhabung als auch ein Defekt der Flasche. Splitter sollen bis zu 150 Meter weit geflogen sein.

An einem Rennwagen ist ein Vorderreifen abmontiert.

Mithilfe von Druckluft werden die Fahrzeuge in die Höhe gehievt, wie hier auf dem Foto eines Audi aus der Saison 2023.

Die Druckluft wird bei den höheren Fahrzeugklassen benötigt, um die Autos beim Boxenstopp oder bei Pausen mithilfe einer Hebeanlage in die Höhe zu hieven. Hinter den Boxen dieser Teams stehen jeweils zwei dieser Flaschen, die optisch an Sauerstoffflaschen von Tauchern erinnern.

„Dieser Vorfall könnte die Motorsportwelt verändern“, äußerte eine verantwortliche Person im Motorsportbereich, die nicht genannt werden will. Denkbar sei beispielsweise, dass die Druckluftflaschen in Zukunft nur noch in nur dafür vorgesehenen Bereichen von eigens dafür geschultem Personal befüllt werden dürfen. Es stelle sich derzeit die Frage, wer die Flaschen aktuell handhaben darf.

Das Rennen auf dem Nürburgring fand trotzdem statt

Das Rennen am Samstag fand wie geplant statt. Lediglich das Training am Samstagmorgen wurde auf 60 Minuten verkürzt und startete erst um 8.52 Uhr. „Nach Rücksprache mit Teamchefs, der Interessenvertretung Langstrecke Nürburgring sowie den Fahrersprechern hat sich die VLN dazu entschieden, das Rennen durchzuführen“, heißt es in einer Mitteilung.

Vor einer silbernen Tür ist ein rot-weißes Flatterband angebracht. An der Tür ist ein Siegel der Polizei angebracht.

Die betroffene Box wurde von der Polizei abgesperrt und versiegelt.

Die beiden vom Rennstall betreuten Fahrzeuge sowie die Rennwagen aus der Nachbarbox, in der sich das Team Manthey befindet, konnten am Samstag nicht am Rennen teilnehmen. Die Box 27 war wegen der Ermittlungen gesperrt, ebenso der Bereich hinter den Boxen 26 und 27.

Mike Jäger, Chef der Veranstaltergemeinschaft Langstreckenmeisterschaft Nürburgring, sagte: „Es ist während des Tests ein bedauerlicher Unfall passiert und wir sind alle zutiefst erschüttert und in Gedanken bei den Betroffenen. Der Vorfall steht jedoch nicht in einem direkten Zusammenhang mit der Veranstaltung, sodass wir mit unseren Teams beschlossen haben, den Event durchzuführen.“

Dennoch äußerten einige Fahrer und auch Fans Unverständnis, dass das Rennen gestartet wurde. Es stand den Teams und Fahrern frei, am vierten NLS-Lauf teilzunehmen. Allerdings haben die wenigsten tatsächlich eine Wahl, denn wer nicht startet, dürfte auch finanzielle Auswirkungen verspüren.

Bereits in Runde zwei gab es Aufregung, weil wegen eines Starkregens gleich mehrere Fahrer, darunter auch der Iversheimer Frank Stippler, abflogen. Der Euskirchener Tobias Müller fuhr im Gesamtergebnis mit dem Porsche des Black Falcon Team 48 Losch  auf Platz zwei, hinter dem Mercedes von Advan x HRT, der unter anderem von David Schumacher gesteuert wurde. (mit mkl und dpa)