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TNT Spezial zum EM-Start
Manuel Neuer muss spielen, İlkay Gündoğan vielleicht

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Die deutschen Spieler Oliver Baumann, David Raum, Manuel Neuer (hinten), Thomas Müller (M./vorn),İlkay Gündoğan und Pascal Groß laufen im Training.

Die gute Stimmung beim Team soll sich während der Heim-EM auf das Publikum übertragen.

Die Lokalsport-Redakteure aus Euskirchen als EM-Experten: Das ist ihre Meinung zu den brennendsten Themen vor dem Start des Fußballturniers.

Die Fußball-Europameisterschaft steht bevor. Und wer eine Meinung zum Fußball im Kreis Euskirchen hat, hat erst recht eine zum Weltfußball. Hier die Meinung zum Auftakt des Turniers.

Manuel Neuer ist trotz Patzern weiterhin die Nummer eins.

Thomas: Ich finde es erstaunlich, wie schnell ein Stimmungsbild kippen kann. Es ist noch keine zwei Monate her, da wurde Neuer von allen in den Himmel gehoben, weil er den FC Bayern mit tollen Paraden in der Champions League hielt. Dann patzt er in drei Spielen und wird sofort infrage gestellt. Das geht mir zu schnell. Ich habe übrigens eine weitere steile These, warum Neuer aktuell Konzentrationsschwierigkeiten hat: Er ist vor Kurzem Vater geworden. Und junge Eltern wissen, dass die Nächte dann manchmal früher vorbei sind, als man sich das wünscht. Vielleicht ist die Zeit bei der Nationalelf also endlich die Gelegenheit für Neuer, sich wieder mal auszuschlafen und dann komplett wach Glanzparaden zu zeigen. Nach der EM darf er dann aber gerne Platz für Ter Stegen machen.

Tom: Ich war noch nie ein großer Fan von Manuel Neuer. Ich kann gar nicht sagen, warum das so ist. Wahrscheinlich nervt mich schon ewig sein Reklamierarm, der schneller zieht als sein Schatten. Durch die Leistungen in den vergangenen Jahren ist er aber natürlich über jeden Zweifel erhaben. Ter Stegen ist wahrscheinlich die beste Nummer 1b der deutschen Fußballgeschichte, wobei er im Tor der Nationalmannschaft auch selten so richtig überzeugt hat. Dennoch ist es Quatsch, aktuell über Manuel Neuer zu diskutieren. Sollte man ihn nun aus dem Tor holen, hätte man eine Baustelle aufgemacht, wie vor der WM mit der Regenbogen-Kapitänsbinde. Einfach unnötig.

Das Problem bei einem Torwart: Macht er einen Fehler, ist der Ball zu 99 Prozent drin. Neuer hat zuletzt gepatzt. Mehrfach. Passiert. Dass das vor einer Heim-EM passiert, ist maximal unglücklich. Aber: Ein Torwart braucht auch Selbstbewusstsein. Auch ein Manuel Neuer, obwohl es den Anschein hat, dass er selbstbewusster als Chuck Norris ist. Dass sich Nagelsmann klar positioniert, ist einfach richtig. Und sollte Neuer gegen Schottland mit seinem Reklamierarm in der 89. Minute den Sieg festhalten, ist die Diskussion eh vorbei.

Ein Kapitän muss immer in der Startelf stehen.

Tom: Nein, muss er nicht. Gündoğan ist kein Unterschiedsspieler, aber – zumindest aus der ganz weiten Ferne betrachtet – ein guter Kapitän. Auch wenn er keine Grätschmaschine ist, auch wenn er selten auf dem Platz aus der Haut fährt. Ein Aggressive Leader ist er nicht. Aber einer, der mit Erfahrung vorangeht. Einer, der deshalb ein Team leiten kann. Und jemand, der aus Zeiten von Manchester City weiß, dass man auch mal nicht spielen muss, um verdammt wichtig zu sein. In meiner Startelf wäre aktuell kein Platz für den DFB-Kapitän. Ihn deshalb aber vom Kapitänsamt zu entbinden? Völliger Humbug. Natürlich muss auf dem Platz jemand die Binde anhaben – auch gerne eine in Regenbogenfarben. Aber derjenige muss nicht gleich Kapitän sein.

Thomas: Auch hier wird mir einfach zu viel Unruhe von außen reingetragen. In meiner Startelf wäre Gündoğan zwar auch nicht, weil die volle Offensivpower nur mit Wirtz, Musiala und Sané hinter Havertz oder Füllkrug zum Tragen kommt. Aber Gündoğan ist jemand, der auf seiner Position zwischen Achter und Zehner der Defensive mehr Stabilität verleiht. Und wir wissen ja: Offensive gewinnt Spiele, Defensive Turniere.

Thomas Schmitz

Thomas Schmitz

Lokalsportkoordinator in der Redaktion Euskirchen. Außerdem kümmert er sich um die Stadt Bad Münstereifel. Er war von Herbst 2004 bis Mitte 2014 bereits in der Euskirchener Redaktion als Digitaljourna...

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Tom Steinicke

Tom Steinicke

ist in der Redaktion Euskirchen für den Kreis zuständig. Zudem unterstützt er den Lokalsport, ist auf der ständigen Jagd nach Geschichten sowie als Polizeireporter unterwegs. Das Volontariat hat er in...

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Deutschland wird Europameister, weil...

Thomas: ... das Pech der vergangenen Turniere so nicht weitergehen kann. In Katar war es keine schlechte Vorrunde, es war ein vergeigtes Spiel gegen Japan. Daraus hat die Mannschaft ihre Lehren gezogen. Es gibt zwar Nebenschauplätze, aber kein großes Politikum. Und wer jetzt mit den pinken Trikots kommt, soll einfach den Fernseher auslassen und weiter rumgranteln. Ansonsten scheint dieser Kader auf das alte Motto „Elf Freunde sollt ihr sein“ zu setzen. Viele Spieler loben die Stimmung im Team. Und Zusammenhalt ist immer ein Faktor. Hinzu haben wir mit Wirtz und Musiala auch zwei der aufregendsten Talente der Welt im Kader. Außerdem wäre es doch einfach kroosartig, wenn der von vielen als Querpass-Toni verschmähte Real-Kicker mit dem EM-Titel abtritt.

Tom: ... Julian Nagelsmann einen guten Kader hat. Ja, den hatten die Bundestrainer in den vergangenen Jahren immer. Aber diesmal kommt der Heimbonus hinzu. Und mit etwas Glück spielt man sich in einen Rausch. Ich habe das Gefühl, dass da eine Mannschaft auf dem Platz steht. Eine, die nicht immer begeistert und aus meiner Sicht viel zu viel Klein-Klein spielt, aber eine, die was erreichen kann.

Deutschland scheidet in der Vorrunde aus, weil...

Tom: ... es zwar ein guter Kader ist, aber auch nicht mehr. Dieser kleinkarierte Ballbesitzfußball, der eher an Handball rund um den Strafraum erinnert als an Ich-habe-Bock-ein-Tor-zu-schießen-Fußball, ist einfach nur nervig. Und weil die Ergebnisse nicht stimmen, verebbt die Euphoriewelle schon nach zwei Spielen. Beim dritten ist der Druck zu groß. Ende, aus, Micky Maus.

Thomas: ... die Störgeräusche von außen (Diskussionen um Neuer und Gündoğan, die schwachsinnigen IS-Gruß-Vorwürfe gegen Rüdiger) eben doch die Mannschaft erreichen, die dann von den Schotten den Dudelsackmarsch geblasen bekommt, wodurch das Publikum sich vom Team abwendet. Machen wir uns nichts vor: Das Auftaktspiel ist entscheidend.