Rotes Kreuz EuskirchenNeue Servicestelle gegen Diskriminierung

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Stellten die neue DRK-Servicestelle Antidiskriminierungsarbeit und ihre Aufgabenbereiche vor: Rolf Klöcker (v.l.), Sylvie Dayku Pomame, Boris Brandhoff und Michael Kehren.

Stellten die neue DRK-Servicestelle Antidiskriminierungsarbeit und ihre Aufgabenbereiche vor: Rolf Klöcker (v.l.), Sylvie Dayku Pomame, Boris Brandhoff und Michael Kehren.

Kreis Euskirchen – Das Thema ist zurzeit weltweit virulent, und auch im ländlich geprägten Kreis Euskirchen keineswegs neu: Diskriminierung und Rassismus im Alltag von Menschen aufgrund Herkunft, Religion, Hautfarbe, sexueller Orientierung oder anderer Merkmale, die objektiv betrachtet keinen Anlass geben, jemanden herabzuwürdigen, anzugreifen, pauschal zu verdächtigen oder zu benachteiligen.

Auch im Beratungsalltag der DRK-Integrationsagentur werden die Mitarbeiter immer wieder damit konfrontiert – Menschen, die beispielsweise bei der Wohnungs- oder Jobsuche, in Institutionen oder sozialen Einrichtungen rassistischen Vorbehalten begegnen. „Für Antidiskriminierungsarbeit war bislang keines unserer bestehenden Angebote zuständig. Und es war bisher wirklich schwierig, Betroffenen ortsnah ein Hilfs- und Unterstützungsangebot zu machen“, so Boris Brandhoff, Leiter der DRK-Integrationsagentur in Euskirchen. In Aachen, Düsseldorf und Köln sind die nächstgelegenen Servicestellen, doch die wiederum klagen über eine hohe Auslastung.

Lücke wird geschlossen

Mit der nun in Euskirchen eingerichteten Servicestelle Antidiskriminierungsarbeit werde eine Lücke in der Region Euskirchen und Eifel geschlossen, freut sich Boris Brandhoff, dem das Thema nach eigener Auskunft sehr am Herzen liegt. „Außerdem passt das Angebot, das wir dort nun machen, ganz wunderbar in das Gesamt-Portfolio der Integrationsagentur.“ Ansprechpartner in der Servicestelle Antidiskriminierungsarbeit sind Sylvie Dayku Pomame und Michael Kehren. Mit Beginn des neuen Jahres werde das Stundenkontingent ausgebaut, so dass rechnerisch eineinviertel Vollzeitstellen besetzt werden.

Die Servicestelle

Im Rahmen der „Teilhabe- und Integrationsstrategie 2030“ strebt das Land Nordrhein-Westfalen eine flächendeckende Versorgung der Antidiskriminierungsarbeit an, auch im ländlichen Raum.

Die Integrationsagentur, die der DRK-Kreisverband seit 2013 betreibt und die durch Projekt- und Netzwerkarbeit die Integration von Menschen mit Zuwanderungsgeschichte voranbringen soll, wurde deshalb zum 1. Oktober um eine Servicestelle Antidiskriminierungsarbeit erweitert.

Aufgabe der Servicestelle Antidiskriminierungsarbeit an der Kommerner Straße 39 in Euskirchen ist es, Menschen zu stärken, die aufgrund von Herkunft, Hautfarbe, Sprache oder anderer Merkmale, die zu ihrem Menschsein gehören, im Alltag diskriminiert werden. Hauptaugenmerk soll dabei auf rassistische Erfahrungen im Alltag, in Behörden, in sozialen Einrichtungen sowie bei der Arbeit liegen.

Neben der Beratung und Unterstützung von Betroffenen steht die Sensibilisierung und Bewusstmachung von Diskriminierungsstrukturen in unterschiedlichen Bereichen im Vordergrund. „Wir bauen Netzwerke auf, damit Rassismus und Diskriminierung im Alltag keine Chancen haben“, lautet die Arbeitsdevise der neuen DRK-Servicestelle, die unter Tel. 0 22 51/ 19 79 51 oder 0 22 51/14 74 643 zu erreichen ist. (hn)

www.drk-eu.de/ada

Die Landesförderung ist zunächst auf zwei Jahre beschränkt. Aber, so Brandhoff, es sei „erklärter Wille der Landesregierung, dieses Angebot fest und dauerhaft zu etablieren“.

Die Aufgabenbereiche, in denen die neue DRK-Servicestelle aktiv werden kann, sind vielfältig. So soll sie als Anlaufstelle für Menschen dienen, die selbst von Diskriminierung betroffen sind. Aber auch für Menschen, die Diskriminierungsstrukturen reflektieren wollen. „Wir verstehen uns als Bildungsangebot, das aber nicht mit erhobenem Zeigefinger daherkommt“, erklärt Michael Kehren. Jeder Mensch trage Stereotype in sich, jeder neige zu Vereinfachungen.

Kurse und Workshops

In Kursen, Workshops und Weiterbildungsangeboten will man künftig Gelegenheit bieten, dies differenziert zu betrachten und zu reflektieren sowie „out of the box“ zu denken. Empowerment heißt ein weiteres wichtiges Stichwort, dem die DRK-Servicestelle mit Projekten und Angeboten gerechtwerden will. Dabei geht es um den Austausch betroffener Menschen im geschützten Rahmen, um Aufklärung über die Rechtslage, beispielsweise im Arbeitsbereich, um Unterstützung bei Beschwerden, Vermittlung eines Rechtsbeistands und auch um die Dokumentation rassistischer Vorfälle im Kreis Euskirchen. „Wir wollen die Menschen in ihrer Selbstwirksamkeit stärken und ihnen helfen, eigenständig zu handeln“, fasst Sylvie Dayku Pomame zusammen.

Das offene Beratungsangebot, dass ein Kernstück der Antidiskriminierungsstelle sein wird, kann aufgrund der Pandemie noch nicht stattfinden und wird erst im kommenden Jahr an den Start gehen – im Euskirchener Café Henry und im Haus der Begegnung in Kall.

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Zurzeit sind Sylvie Dayku Pomame und Michael Kehren in erster Linie mit Netzwerkarbeit beschäftigt. „Wir wollen nicht aus dem Nichts kommen und stellen uns derzeit bei Behörden und Institutionen im Kreis Euskirchen vor“, erzählt Dayku Pomame. Die Resonanz auf das neue Angebot im Kreis sei „sehr positiv bis überschwänglich“, so Brandhoff, was auf eine Bereitschaft zu Veränderungsprozessen schließen lasse.

Dass Rassismus und Diskriminierung nicht so einfach aus den Köpfen und dem gesellschaftlichen Alltag zu eliminieren ist, wissen alle Beteiligten. „Klar, das ist eine Generationenaufgabe“, sagt Michael Kehren. Es habe auch sehr lange gedauert, die heutige Gesellschaft in ihrer überwiegenden Offenheit gegenüber Diversität wachsen zu lassen. „Der Wille, einen interkulturellen Öffnungsprozess anzustoßen, ist da“, ist Boris Brandhoff überzeugt. „Und dieser ist größer als noch im Jahr 2010 oder aber in den 1990er Jahren“, ergänzt der Leiter der DRK-Integrationsagentur.