Jahrestag der PogromnachtGedenken in Kall steht im Schatten furchtbarer Ereignisse

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Zahlreiche Menschen stehen um einen mit Blumen geschmückten Gedenkstein herum und halten inne.

Die Veranstaltung fand ihr Ende mit einem stillen Gedenken am Gedenkstein für die Synagoge in Kall.

Bürgermeister Hermann-Josef Esser fordert bei der Gedenkveranstaltung in Kall ein Eintreten für Toleranz und Gewaltlosigkeit.

Mit einer Versammlung am Gedenkstein für die Synagoge begingen die Menschen in Kall den 85. Jahrestag der Pogromnacht. Rund 40 Teilnehmer waren auf Einladung von Bürgermeister Hermann-Josef Esser zu der Veranstaltung gekommen.

Mit dem Thema des Hollywoodfilms „Schindlers Liste“, gespielt auf dem Fagott von Friederike Nesselrode, begann die Gedenkfeier. Esser erinnerte in seiner Rede an die Verbrechen der Nationalsozialisten an ihren jüdischen Mitbürgern. Schon in den Vorjahren hätten besondere Ereignisse dem Gedenktag oft eine besondere Bedeutung verliehen, 2019 etwa der Anschlag auf die Synagoge in Halle am 9. Oktober.

„Die furchtbaren Ereignisse seit dem 7. Oktober dieses Jahres geben unserem Gedenken eine Dringlichkeit, die das Eintreten für Toleranz und Gewaltlosigkeit einmal mehr unabdingbar macht“, betonte er. Diese gesamtgesellschaftliche Aufgabe stelle sich an jedem einzelnen Tag im Jahr.

Kaller Bürgermeister Esser: „Der Islam ist eine friedensstiftende Religion“ 

Die rund 350.000 Menschen jüdischen Glaubens hätten ein Anrecht darauf, ihre religiösen Symbole offen zu tragen. Aber die Aufgabe bestehe auch darin, eine Überreaktion zu verhindern, die in einer diffusen Islamfeindlichkeit enden könnte. Richtig interpretiert und gelebt sei der Islam eine friedensstiftende Religion.

Die Menschen muslimischen Glaubens hätten ein Anrecht darauf, nicht in einem Atemzug mit einer Terrororganisation wie der Hamas genannt zu werden. Die Hilfsbereitschaft gegenüber Schutzsuchenden dürfe nicht unter den aktuellen Geschehnissen leiden, so Esser.

Sichtlich bewegt erinnerte er abschließend an den jüngst verstorbenen Wolfram Königsfeld, der in den Vorjahren immer fester Bestandteil der Gedenkveranstaltungen zur Pogromnacht gewesen war.

„Es gibt keine Alternative zur Solidarität mit Israel“

Auf die Geschichte Hiobs aus dem Alten Testament ging Luise Binger ein. Hiob erleidet in kurzer Zeit viel Unglück, doch er nimmt sein Schicksal an. Diese Geschichte sei in den vorigen Jahrhunderten gern als Parallelität zwischen dem leidenden Hiob und dem jüdischen Volk gedeutet worden, so Binger.

Doch das Credo des jüdischen Volkes, insbesondere der Israelis heute, sei: „Nie wieder Opfer.“ Die Deutschen sagten: „Nie wieder Täter.“ So seien Israel und Deutschland in ihrer komplementären Geschichte untrennbar miteinander verbunden, es gebe keine Alternative zur Solidarität mit Israel. Mit einem stillen Gedenken endete die Veranstaltung.