Verzweifelte Suche nach MedizinernKall will mit Zuschuss Kinderärzte anlocken

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Kall_Uebersichtsfoto

Damit sich in Kall wieder ein Kinderarzt niederlässt, will die Gemeinde die Ansiedlung eventuell finanziell fördern.

Kall – Um das Vakuum zu beenden, dass durch der Schließung der letzten Kinderarztpraxis im Ort entstand, denkt die Gemeinde über unkonventionelle Wege nach. Der Gemeinderat hat die Verwaltung in seiner Sitzung am Dienstagabend in der Bürgerhalle beauftragt, Gelder in den Haushalt einzustellen, um die Ansiedlung eines Kinderarztes finanziell unterstützen zu können. Der konkrete Betrag muss noch festgelegt werden. Außerdem sollen Gespräche mit der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein (KVNO) geführt und für Kall als Standort geworben werden.

Die Schließung der einzigen Kinderarztpraxis im Südkreis in Kall wird auch vom Gesundheitsamt des Kreises Euskirchen bedauert. Vor allem bei Vorsorgeuntersuchungen, der Heilbehandlung im Krankheitsfall sowie bei Impfungen hätten die niedergelassenen Kinderärzte eine wichtige Rolle in der fachärztlichen Versorgung.

„Die Gemeinde rechnet mit weiterem Zuzug von Familien. Auch deshalb brauchen wir einen Kinderarzt in Kall“, begründete Jörg Jenke den Antrag der Grünen. Auch in Schleiden, Hellenthal und Nettersheim gebe es kein entsprechendes Angebot, und in der Praxis in Mechernich gebe es zumindest für Kassenpatienten teilweise einen Aufnahmestopp. Deshalb hätten Eltern nur die Möglichkeit, nach Simmerath oder Euskirchen zu fahren, was vor allem eine große Belastung sei, wenn die Kinder Fieber hätten. Als Vater von vier Kindern könne er ein Lied davon singen.

Ähnlich schlechte Situation bei anderen Medizinern

Auf der Webseite der KVNO sei zu lesen, dass für den Kreis Euskirchen noch 1,5 Kinderarztstellen vakant seien, erklärte der vierfache Vater. Kall sei aus Sicht der Grünen ein geeigneter Praxisstandort, da der Ort auch für Menschen aus den umliegenden Kommunen gut zu erreichen sei. „Wir müssen als Kommune attraktiv bleiben“, forderte Jenke.

„Die Zulassung wird für einen Planbezirk und nicht für eine konkrete Gemeinde erteilt“, betonte Karl Vermöhlen (SPD). Man könne als Gemeinde nur über Anreize wie Mieterleichterungen nachdenken. Bert Spilles (CDU) erinnerte daran, dass der letzte Kinderarzt in Kall keinen Nachfolger für seine Praxis gefunden habe: „Die Kassenärztliche Vereinigung würde den freien Platz sofort besetzen, wenn es Interessenten gäbe.“

Ähnlich schlecht sei die Situation bei Orthopäden, Augenärzten und anderen Medizinern. Auf der anderen Seite seien die Notaufnahmen oft überlaufen. Man müsse sich darüber Gedanken machen, ob und welche Anreize in Frage kommen, so Spilles weiter.

Zuschuss für Ärzte im ländlichen Raum

„Es gibt auch zu wenig Ärzte, weil Kinderstationen geschlossen und dadurch auch Ausbildungsplätze weggefallen sind“, erklärte Dr. Manfred Wolter (FDP). Da es auch in vielen anderen Ärzteberufen Personalmangel gebe, könne die Gemeinde aber schnell vor dem Problem stehen, immer wieder über finanzielle Anreize beraten zu müssen. Trotzdem solle man darüber nachdenken, ein Zeichen zu setzen. 

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Das Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung des Landes Nordrhein-Westfalen hat ein „Hausarztaktionsprogramm“ aufgelegt, das die Niederlassung im ländlichen Raum attraktiver machen soll. Danach ist ein Zuschuss von bis zu 60 000 Euro für eine Ansiedlung in unterversorgten Gebieten möglich. Das sei in etwa auch die Größenordnung, über die in Kall nachgedacht werden müsse, sagte der FDP-Politiker. 

Bürgermeister Hermann-Josef Esser schlug dem Rat vor, Geld in den Haushalt einzustellen und mit der KNVO zu reden.