Erst Haft, dann HochzeitOpfer macht Täterin während Verhandlung Antrag

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Küsse und Umarmungen im Gerichtsgebäude: Heiraten will das Paar, wenn die Frau ihre Haftstrafe verbüßt hat.

  • Ein skurriles Ende hat es am Dienstag in einem Prozess vor dem Bonner Schwurgericht gegeben.
  • Das Opfer, das von der Täterin mit einem Messerstich beinahe getötet worden war, sagte nicht aus, sondern machte einen Heiratsantrag.

Bonn/Mechernich – Es war ein ungewöhnliches Ende eines Prozesses. Es gab Tränen, Umarmungen und Küsse unter den Augen Justitias. Das Bonner Schwurgericht hat eine 33-jährige Mutter von zwei Kindern wegen versuchten Totschlags und gefährlicher Körperverletzung zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt.

Am Abend des 13. Dezember 2019 hatte sie in der Stadt Mechernich ihren Lebensgefährten und Vater eines Kindes mit einem Messerstich in die Brust töten wollen. Der Mann überlebte die Attacke mit lebensgefährlichen Verletzungen. Die romantische Wende hat das Paar selbst vollzogen. Anstatt als Zeuge gegen seine Verlobte auszusagen, hat das Opfer ihr einen Heiratsantrag gemacht. „Ich liebe sie“, sagte er. Sobald sie frei komme, werde er sie heiraten. Die Angeklagte aus dem Stadtgebiet Mechernich nahm den Antrag noch auf der Anklagebank an.

Exzessiver Alkoholkonsum vor der Tat

„Auch wenn man sich wieder liebhat, ist dann nicht alles wieder gut“, so Kammervorsitzender Klaus Reinhoff in der Urteilsbegründung: „Denn es ist ein großes Unrecht geschehen.“ Schließlich habe die Angeklagte ihren Lebensgefährten fast getötet, aus großer Wut und Enttäuschung.

Er ging auf Zechtour und steckte dafür das Weihnachtsgeld ein. Aus Verzweiflung hatte sie exzessiv getrunken und die Habe des Gefährten auf die Straße geworfen. Als der 40-Jährige spät nach Hause kam und vor der Tür noch eine Zigarette rauchte, nahm sie ein Messer, öffnete die Wohnungstür und stach einmal zu.

Zufall, dass Mann überlebt hat

Reinhoff: „In diesem Moment war ihr schlichtweg egal, ob der Freund sterben wird oder nicht.“ Objektiv habe sie den Tod des Mannes gewollt. So sei es nur ein Zufall gewesen, dass der Mann überlebt hat: „Nach diesem Stich hätte er auch tot sein können.“ Somit sei es auch nur ein Zufall, dass es noch zur Liebeserklärung gekommen ist.

Auch wenn der Verlobte kein Interesse mehr an einer Strafverfolgung habe, so der Kammervorsitzende, müsse ein solches Delikt geahndet werden. Wegen „der besonderen Tragik des Falls“, aber auch wegen der ungewöhnlichen Versöhnung wurde die 33-Jährige milde bestraft. Nicht zuletzt auch, weil sie durch den Alkoholkonsum und einen affektiven Ausnahmezustand bei der Tat vermindert schuldfähig war. Das hatte ihr ein Gutachter bescheinigt.

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Die Bonner Kammer hob nach dem Urteil den Haftbefehl auf. „Die Frau braucht Ihre Hilfe“, sagte Reinhoff zu dem 40-Jährigen, der in der ersten Reihe im Gerichtssaal saß. „Sie braucht keinen Mann, der mit Kumpels auf Sauftour geht. Wir hoffen, dass Sie Wege finden, dass es klappt. Wir wünschen, dass Sie es schaffen.“ Wenig später lagen sich das Opfer und die Täterin in den Armen und konnten ihr Glück kaum fassen.