Selbstvertrauen„Rampenfieber“ war eine intensive Erfahrung für junge Euskirchener

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Ein Kind läuft auf einer Rolle, darunter liegen weitere Kinder flach auf dem Boden.

Ängste überwinden, sich etwas zutrauen und Neues ausprobieren: Unter fachkundiger Begleitung staunten die Rampenfieber-Teilnehmer, was ihnen alles möglich ist.

Kapazitäten hätte es für 100 Kinder gegeben, doch nur etwas mehr als 20  nahmen an dem Kreativ-Projekt in Kuchenheim teil.

„Was kannst du noch?“ „Alles!“ Selbstbewusst und euphorisch beantwortet die zehnjährige Larina die Frage. Im LVR-Museum in Kuchenheim kann sie zeigen, was sie schon drauf hat und wozu sie noch fähig ist.

Den Rahmen dazu schafft das Projekt „Rampenfieber“, eine Kooperation zwischen den Kreisen Aachen, Euskirchen, Düren und Heinsberg. Theater, Musik sowie Bildende Kunst inklusive Video und Medien werden Kindern und Jugendlichen zwischen zehn und 18 Jahren nahegebracht. Jeder Kreis betreut einen eigenen Schwerpunkt. In Euskirchen ist das Bildungsbüro unter Leitung von Bettina Ismar für den Bereich Bildende Kunst zuständig. In seiner Begrüßungsrede zum kleinen Abschlussfestival bedankte sich der stellvertretende Landrat Leo Wolter bei den Verantwortlichen.

Projekt ist eine Kooperation der Kreise Aachen, Euskirchen, Düren und Heinsberg

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Zum dritten Mal wird das auf zwei Jahre angelegte Projekt umgesetzt, in diesem Jahr zum ersten Mal unter der künstlerischen Leitung von Ana Sous. Ihr Selbstverständnis: „Für mich fungiert Kunst als Scharnier zwischen Gesellschaft, Welt und Politik.“ Die Zusammenarbeit mit dem Kreis beschreibt sie als „sehr schön“. Sie möchte den Teilnehmern so wenige Vorgaben wie möglich machen, wie sie etwas zu tun haben. Die jungen Leute sollen entdecken, probieren und gestalten.

Mit Pappstücken formt Schülerin Sofia einen Ball.

Sofia erkundet, wie aus Pappe ein Mond werden kann.

Daniel Stein, Schulleiter der Max-Ernst-Schule, einer Förderschule mit dem Schwerpunkt Hören und Kommunikation, sieht das genauso. Für ihn ist das Projekt eine weitere Möglichkeit, „Kinder stark zu machen“. Die Angebote wie Zirkus, Basteln, Malen oder Nähen verschaffen ein neues Selbstwertgefühl, ist er überzeugt.

Die oft hörbeeinträchtigten Schüler seiner Schule kommen so mit anderen zusammen und erleben etwas gemeinsam – eine förderliche Begegnung für beide Seiten. Mit acht Lehrkräften und zahlreichen Schülern ist alleine die Max-Ernst-Schule beim Projekt dabei. Sous und Stein sind sich einig, dass diese Arbeit mit den Jugendlichen sehr hohe Flexibilität verlangt. Man weiß nie, was kommt und wie die Teilnehmer die Angebote nutzen werden.

Jugendliche können im Museum in Kuchenheim vieles ausprobieren

An einer Nähmaschine sitzt Wiebke Sievering und erklärt Abraham, wie er einen Stoffbeutel nähen kann. Ein Lehrer hilft, wenn die Kommunikation Gebärdensprache erfordert. Der Junge ist hoch konzentriert. Allmählich versteht er, wie die Nähmaschine funktioniert. Sievering ist Kunstpädagogin, arbeitet viel und gerne mit Stoff: „Mir kommt es darauf an, dass die Kinder schnell ein Erfolgserlebnis haben. Das Druckknopftäschchen ist leicht zu machen und praktisch.“

Für mich fungiert Kunst als Scharnier zwischen Gesellschaft, Welt und Politik.
Ana Sous, Künstlerische Leiterin

In einem weiteren Angebot hat sie die jungen Leute in die Natur mitgenommen, um Pflanzen und Beeren zu finden, mit denen man Stoffe auf natürliche Weise einfärben kann. So entdecken die Kinder spielerisch jede Menge Neues.

An einem anderen Tisch werden Arbeiten aus einem vorhergehenden Workshop weiterverarbeitet. Punkt für Punkt bearbeitet Helene den Großdruck einer Fotografie. Die Fotos entstanden mithilfe von „Fotografie und Kreativstudio Bonn“ unter künstlerischer Begleitung durch Lissy Matthiesen. Jugendliche hatten im Dunkeln mit Leuchtmitteln Bilder durch Bewegung erstellt.

Nur etwas mehr als 20 Kinder nahmen teil – Kapazitäten gab es für 100

Vor Helene liegt eine daraus entstandene rosafarbene Linie in Form eines Herzens. Gekonnt wählt sie passende Farben und fügt der Linie und dem dunklen Raum neue Muster hinzu: „Viele Lichtbilder haben schon sehr viel Action, wirken bunt und bewegt. Ich habe mir eine einfache Form gewählt und bringe sie mit meinen Farben in Bewegung.“ Mit großer Geduld entsteht ein völlig neues Bild.

Schülerin Helene arbeitet an einer schwarzen Platte mit sogenannter „Lichtkunst“.

Mit Lichtkunst erstellt Helene ein neues, bewegtes Bild.

Ihr gegenüber hat eine Schülerin aus Karton eine Giraffe gefertigt, die nun charakteristische Farben erhält. Sofia am nächsten Tisch bearbeitet den Karton auf andere Weise. Geschickt formt sie eine hohle Kugel, die sie mit Kreppband stabilisiert. Es soll am Ende ein Mond werden. Alle Kinder wirken entspannt und sind bei der Sache.

Schulleiter Stein ist begeistert von der Zusammenarbeit mit Rampenfieber: „Mir bietet das die Möglichkeit, mit den Schülern rauszugehen und ihnen zu zeigen, was es alles gibt.“ Er und Sous sind etwas enttäuscht, dass sich nicht mehr junge Menschen angemeldet haben. Sous schätzt, dass man etwa 100 Kinder hätte versorgen können. Jetzt sind es nur etwas mehr als 20 – sie erhalten fast eine Eins-zu-eins-Betreuung. Gerade für Kinder mit Beeinträchtigungen wäre es eine integrative Erfahrung, noch mehr mit Regelschülern gemeinsam zu erleben.

Im Zirkusbereich üben noch ein paar Kinder die Balance auf riesigen Kabelrollen. Für Larina, die „alles“ kann, eine kleine Übung. Sie balanciert ohne Hilfe über ein Seil. Beim Rampenfieber-Projekt entdeckt sie immer mehr Fähigkeiten, bevor der spannende Moment gekommen ist, an dem sie und die anderen Teilnehmer ihre Arbeiten und ihr Können den Eltern und Interessierten präsentieren.