Flaschenwurf-ProzessZeugen entlasten Ex-Vorsitzenden von Euskirchen Türk Gencligi nicht

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Polizeiautos stehen vor dem Erftstadion in Euskirchen.

Mit einem Großaufgebot war die Polizei nach dem Spielabbruch im Erftstadion in Euskirchen angerückt.

Im Prozess um den Flaschenwurf nach dem Spiel Euskirchen Türk Gencligi gegen TuS Zülpich sagten Entlastungszeugen aus.

Sie sollten den Angeklagten entlasten. So hatte es dessen Verteidiger geplant. Doch der zweite Verhandlungstag im Prozess um den Flaschenwurf im Fußball-Pokalspiel am 18. Mai 2022 zwischen Euskirchen Türk Gencligi und dem TuS Zülpich brachte dem Amtsgericht nur wenige neue Erkenntnisse.

Bei der Partie war der Schiedsrichter nach einem Spielabbruch und einer unklaren Gemengelage außerhalb des Platzes von einem Behältnis im Gesicht getroffen und verletzt worden. Die „Entlastungszeugen“ konnten nun nicht viel zum Sachverhalt beitragen, zu groß waren die Erinnerungslücken. Einer der beiden, der des Feldes verwiesene Torwart, hatte erst telefonisch, dann schriftlich mitgeteilt, dass er nichts gesehen habe.

Vorstandsmitglied ist auch Ordner, war aber mit Grillen beschäftigt

Der andere, ein 38-Jähriger, der angab, Vorstandsmitglied des Vereins zu sein, konnte auch wenig Neues beitragen. Lediglich einen „Tumult wegen des Abseitstores“ (Führungstreffer der Zülpicher) habe er mitbekommen, nicht aber den Spielabbruch kurz danach. Er habe im Pavillon gegrillt. Als er sah, dass der Schiedsrichter auf dieses Häuschen zugelaufen kam, sei er ihm entgegengetreten und habe gesagt: „Du brauchst keine Angst zu haben, dir passiert nix.“

Er sei auch Ordner des Vereins, so der Zeuge, erkennbar an einer Armbinde. Mit einem weiteren Vorstandsmitglied habe er sich etwa 20 bis 50 Zentimeter vor den Schiedsrichter gestellt, die von hinten drückenden Menschen zurückgehalten und um Verstärkung aus Reihen der Zülpicher gebeten. Er habe deshalb weder den Flaschenwerfer gesehen noch den Wurf mitbekommen – lediglich, dass nachher eine Flasche vor dem Schiedsrichter auf dem Boden gelegen habe.

Zeuge gibt an, Flaschenwurf-Video noch nie gesehen zu haben

Das Video, das zeigt, wie erst ein Ball in Richtung des Schiedsrichters, der mit dem Rücken zum Zaun steht, geworfen wird und dann die Flasche, die ihn im Gesicht trifft, sehe er zum ersten Mal. Der mutmaßliche Flaschenwerfer trägt ein rotes Shirt. Auf einem weiteren Video, das nicht den Wurf zeigt, ist ebenfalls eine Person mit einem roten Shirt zu sehen. Handelt es sich dabei um den 44-jährigen Angeklagten, der zu der Zeit Vorsitzender des Euskirchener Vereins war? „Er sieht ihm ähnlich“, so der Zeuge. Er sei sich wegen der Perspektive nicht ganz sicher.

Die Frage, ob der Vorsitzende danach aus eigenen Stücken zurückgetreten sei oder vom Vorstand rausgeworfen wurde, könne er nicht beantworten – nur, dass es „wegen der Sache“ gewesen sei. An Vorstandssitzungen habe er keine Erinnerung. Protokollführer sei das Vorstandsmitglied, mit dem er den Schiedsrichter geschützt habe.

Verteidigung will weitere Zeugen hören und Protokolle sehen

Der Verteidiger regte an, den Protokollführer sowie den Zeugen, der sich nur schriftlich geäußert hatte, zu hören. Außerdem bat er um Vorlage der Protokolle der Vorstandssitzungen sowie aus den Sportgerichtsverhandlungen. Letztere liegen laut Richterin aber bereits vor.

Kurz vor der Sitzung hatte der Verteidiger ein Ablehnungsgesuch eingereicht. Aus Sorge vor Befangenheit lehne er die Richterin ab. Sie habe einen Wissensvorsprung, weil sie auch den Prozess gegen den Torhüter von Türk Gencligi geleitet habe. Die Richterin sei nicht objektiv und wolle nur Belastungszeugen vorladen, um schnell entscheiden zu können. Der Verteidiger widersprach der Fortsetzung des Verfahrens, die für den 3. Juli vorgesehen ist, und stellte einen Aussetzungsantrag, mit dem sich nun befasst wird.