Hambacher ForstGutachten belegt: Räumung war rechtswidrig – Kerpen und Düren warnten

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Einsatz im Hambacher Forst

Die Polizisten müssen Baumhaus für Baumhaus räumen.

Düsseldorf/Kerpen/Düren – Vor der Räumung des Hambacher Forsts im September 2018 wegen fehlenden Brandschutzes bei den Baumhäusern haben sowohl die Stadt Kerpen als auch der Landkreis Düren die schwarz-gelbe Landesregierung gewarnt. Sie hielten baurechtliche Bedenken als Argument für unzureichend.

Das geht aus zwei Schreiben hervor, die der SPD-Landtagsabgeordnete Stefan Kämmerling vom Land unter Berufung auf das Informationsfreiheitsgesetz eingefordert hat und die dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ vorliegen.

Am 10. September 2018 schrieb Kerpens Bürgermeister Dieter Spürck (CDU) an das NRW-Kommunalministerium und kritisierte, es dürfe „nicht Ziel des städtischen bauordnungsrechtlichen Einschreitens sein, Rodungsarbeiten für ein bergbautreibendes Unternehmen vorzubereiten“.

Das sei nicht das „geeignete und verhältnismäßige Mittel“. Vielmehr müsse der Landesbetrieb Wald und Forst für den Hambacher Forst ein Betretungsverbot aussprechen, das die Polizei dann vor Ort durchsetzen müsse. Damit könne man auch Waldbrandgefahren durch „Molotow-Cocktails“ und Pyrotechnik minimieren. Es sei nicht nachvollziehbar, dass der Landesbetrieb Wald und Forst die Ansicht vertrete, dass der Hambacher Forst kein Wald mehr sei, sondern eine „Veranstaltungsfläche in Bäumen“.

Kritik vom Landkreis Düren

Im Übrigen seien die Baumhäuser bereits seit 2013 im Wald und es seien in den fünf Jahren keine bauordnungsrechtlichen Maßnahmen eingefordert worden.

Auch der Landkreis Düren kritisierte am gleichen Tag die Pläne der Landesregierung. Man halte an den „Bedenken hinsichtlich der Rechtmäßigkeit eines bauaufsichtsbehördlichen Einschreitens fest“, heißt es in einer Mail an das Kommunalministerium.

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„Es ist ja schon länger bekannt, dass der fehlende Brandschutz der Baumhäuser nur ein Vorwand war, um den Hambacher Forst mit dem größten und teuersten Polizeieinsatz in der Geschichte unseres Landes räumen zu können. Jetzt mussten wir erfahren: Sowohl der Kreis Düren als auch die Stadt Kerpen hatten die Landesregierung sogar frühzeitig gewarnt“, sagt der SPD-Landtagsabgeordnete Kämmerling.

„Ihnen war offensichtlich klar, dass man einen gesellschaftlichen Konflikt nicht mit der Bauordnung lösen kann. Sie vertraten selbstbewusst die Auffassung, dass die Räumung mittels Baurecht nicht verhältnismäßig und rechtlich angreifbar sei. Schlussendlich haben sie sogar die Zustimmung zu dem Vorgehen der Landesregierung verweigert und erst auf zwingende Weisung hin agiert. Einmal mehr zeigt sich: Die schwarz-gelbe Landesregierung wollte hier mit dem Kopf durch die Wand - komme, was wolle und ohne Rücksicht auf Verluste.“

Gutachten belegt Rechtswidrigkeit

Auch ein Kurzgutachten, das die Fraktionen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen/Die Linke und ein fraktionsloses Mitglied im Rat der Stadt Kerpen in Auftrag gegeben haben und das seit Montag vorliegt, kommt zu dem Ergebnis, dass die Weisungen des Kommunalministeriums und des Landrats des Rhein-Erft-Kreises an die Stadt Kerpen, die zur Räumung des Forsts auf baurechtlicher Grundlage geführt haben, rechtswidrig waren.