Etat LeichlingenJamaika-Koalition zückt im letzten Moment den Rotstift

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Wegweiser und Wappen auf dem Marktplatz in Witzhelden.

Wohin führen die Etatberatungen? Auch die Umgestaltung des Marktplatzes in Witzhelden steht auf der Vertagungsliste des Rates.

Kurz vor den entscheidenden Sitzungen hat das Jamaika-Ratsbündnis eine Streichliste für den Leichlinger Etat beantragt. 

Früher als eigentlich gedacht endet in der kommenden Woche die Weihnachtspause in der Leichlinger Kommunalpolitik. Nach der ursprünglichen Terminplanung sollte der Stadtrat erst am 9. März das erste Mal in 2023 tagen. Aber jetzt treffen sich die Politikerinnen und Politiker bereits am Montag, 9. Januar, zur Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses, und am Donnerstag, 12. Januar, zur ersten Tagung des Stadtrats im neuen Jahr.

Nur vorläufige Haushaltswirtschaft

Sie sind außerplanmäßig erforderlich, weil der Rat den Etat fürs neue Jahr nicht wie geplant in seiner letzten Sitzung des alten Jahres Ende November beschlossen hat. Stattdessen hat die Jamaika-Koalition aus CDU, Grünen und FDP den Entwurf des Haushaltsplans wie berichtet in letzter Minute gestoppt, um ihn noch einmal nach Einsparungsmöglichkeiten zu durchforsten. Das hat dafür gesorgt, dass die Stadt Leichlingen wohl bis Februar behelfsmäßig wirtschaften muss und nur Pflichtausgaben tätigen kann.

Trauerhalle des Friedhofs Kellerhansberg von außen

Der schon lange geplante Neubau der Toiletten unter der Trauerhalle des Kommunalfriedhofs Kellerhansberg soll erneut verschoben werden.

Ein offenes Defizit von knapp zehn Millionen Euro, die um 30 Millionen Euro gestiegenen Investitionsausgaben und die Aussicht, dass der Abgabensatz der Grundsteuer B wegen einer Auflage der Kommunalaufsicht bis zum Jahr 2025 im schlimmsten Fall fast verdreifacht werden muss, hat die schwarz-grün-gelbe Bank verschreckt. Sie setzte mit ihrer Stimmenmehrheit gegen den Ratschlag der Verwaltung eine Vertagung durch, um Zeit für erneute interne Beratungen zu haben.

Die haben inzwischen stattgefunden. Kurz vor Weihnachten, am 21. Dezember, trafen sich die Ratsmitglieder mit der Verwaltungsspitze zum Nachsitzen. Der Ertrag des Krisengipfels war zunächst ernüchternd. Bürgermeister Frank Steffes (SPD) berichtet jedenfalls von ergebnislosen Beratungen und einem nicht konstruktiven Klima in dem Arbeitskreis. Es habe keine konkreten Anträge auf Kürzungen oder Streichungen von Projekten oder Investitionen gegeben.

Planskizze für den Marktplatz Brückerfeld mit neuen Bauminseln und Wasserspiel.

Dieser erste Entwurf für die Umgestaltung des Marktplatzes im Brückerfeld ist noch nicht endgültig. Das Jamaika-Ratsbündnis will die Umsetzung zunächst ein Jahr aussetzen.

Die folgten allerdings jetzt. CDU, Grüne und FDP haben am Freitag in einem Antrag eine Liste mit Positionen vorgelegt, die gestrichen oder vertagt werden sollen. Um ein Jahr verschoben werden sollen nach Wunsch der Jamaika-Koalition demnach unter anderem der Neubau der Toiletten am Friedhof Kellerhansberg und die zum Integrierten Handlungskonzept (InHK) gehörenden Planungen zur Umgestaltung des Brückerfeldes, der Gartenstraße und des Marktplatzes Witzhelden. Im Rathaus soll keine neue Stelle für Kommunikationsaufgaben besetzt werden. Die Geschäftsausgaben der Ratsfraktionen sollen um zehn Prozent gekürzt und auf den Bau des Parkplatzes an den Kitas am Eicherhofsfeld könne verzichtet werden.

Rathaus Leichlingen am Büscherhof.

Im Leichlinger Rathaus muss neu gerechnet werden, wenn der Stadtrat noch Kürzungen im Etat fürs laufende Jahr beschließt.

Kämmerer und Verwaltungschef hatten zwar schon vor dem Arbeitskreistreffen im Dezember versichert: „Die Auswirkungen von Streichungen im Investitionsbereich sind eher marginal, weil Finanzierungskosten erst entstehen, wenn Fremdfinanzierungen getätigt werden.“ Helmut Wagner (CDU), Wolfgang Müller-Breuer (Grüne) und Thomas Richter (FDP) halten in ihrem Antrag aber dagegen: „Wir halten es für die Pflicht des Rates in dieser dramatischen Haushaltslage, jede Ausgabe zu hinterfragen. Wohl wissend, dass die Verschiebung der genannten Projekte den städtischen Haushalt weder 2023 ausgleichen noch die Auflage der Kommunalaufsicht erfüllen kann, sehen wir dies als Beitrag, den Aufwand der Blütenstadt Leichlingen zu reduzieren, ohne die stadtplanerischen Ziele und das Ziel des schnellstmöglichen Haushaltsausgleiches aus den Augen zu verlieren.“

Sitzungen im Leichlinger Ratssaal

Die beiden Sitzungen, in denen der Haushaltsplan beschlossen werden soll, beginnen jeweils um 17 Uhr im Ratssaal. Finden die von Jamaika beantragten Änderungen eine Mehrheit, muss der Entwurf wohl erneut überarbeitet werden. Der prognostizierte offene Fehlbetrag im Entwurf für 2023 liegt nach Angaben von Steffes aktuell bei etwa acht Millionen Euro.

Die Kassenlage hat sich auch deswegen etwas verbessert, weil die Landesregierung den Kommunen aus dem NRW-Rettungsschirm zur Bekämpfung der Corona-Pandemie einen Teil der Ausgaben erstattet. Leichlingen bekommt daraus 610.000 Euro, wie Ende 2022 bekannt wurde. „Mit den Mitteln sollen die direkten und indirekten Folgen der Bewältigung der Corona-Krise vor Ort in den Kommunen abgefedert werden“, erklärte der CDU-Landtagsabgeordnete Herbert Reul dazu im Dezember. Die Erstattung verbessert das Jahresergebnis der Stadt für 2022, das noch nicht feststeht, aber wohl einen Überschuss statt eines Defizits ausweisen wird. In der Fortschreibung hellt das auch die kommende Haushaltsplanung auf. Bürgermeister Steffes rechnet damit, dass auch die Bilanz 2023 wesentlich besser ausfallen wird als befürchtet und es nicht zu den massiven Steuererhöhungen kommen wird.