Leverkusener Amtsrichter urteilt„Eltern können auch schlechte Entscheidungen treffen“

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Ein Bild aus dem Amtsgericht Leverkusen. Mit Bundespräsident und Weihnachtsbaum.

Ein Bild aus dem Amtsgericht Leverkusen. Mit Bundespräsident und Weihnachtsbaum.

Ein Burscheider hatte seine Kinder in der eigenen Wohnung lückenlos gefilmt.

Auch fürs Leverkusener Amtsgericht ist der Fall nicht alltäglich: Ein Burscheider hatte in seiner Wohnung in allen Räumen, außer im Bad, Überwachungskameras installiert, die jede Regung aufzeichneten. Das alleine ist natürlich nicht verboten, weil’s Privatsache ist. Problematisch wird die Sache nur, wenn man andere Menschen aufzeichnet, die sich damit vorher nicht einverstanden erklärt haben, auch wenn es die eigenen Kinder sind.

Nachdem die Polizei die Überwachungsanlage bei einer Hausdurchsuchung beschlagnahmt und Videos gesichtet hatte, wurde er angeklagt. Nicht wegen sexuellen Missbrauchs, davon findet sich nichts in den Dateien, aber wegen Verletzung der Persönlichkeitsrechte seiner Kinder aus einer geschiedenen Ehe, für die ein gemeinsames Sorgerecht bestand.

Als die Kinder die Tage bei ihm verbrachten, landeten sie natürlich auch auf den Videos. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, er habe Aufzeichnungen seiner beiden nackten Kinder gespeichert, als er sie nach dem Bad auf dem Bett im Schlafzimmer abgetrocknet habe, dann angekleidet und angezogen. Eine ganz normale Tätigkeit als Vater zweier kleiner Kinder; zu klären war jetzt vor Gericht, ob die Filmerei in der Wohnung den höchstpersönlichen Lebensbereich der Kinder verletzt hat.

Die Kinder selbst kann man nicht fragen

Könnte man sie selbst fragen, dann wäre die Sache einfach zu entscheiden, aber die Kinder sprechen noch nicht und deshalb können die Eltern das entscheiden und da liegt das eigentliche Problem.

Der Richter sprach den Vater frei, aber er betonte, dass das Urteil aus rein rechtlichen Gründen zustande gekommen sei. Die Frage, ob das Kindeswohl durch die lückenlose Überwachung gefährdet gewesen sei, sei eine ganz andere. Aber als Vater mit Sorgerecht habe der Angeklagte ganz alleine entscheiden können, die Einwilligung der Mutter habe er in dem Fall nicht einholen müssen, das regele das Bürgerliche Gesetzbuch für Entscheidung in Angelegenheiten des täglichen Lebens.

Er drückte in seiner Urteilsverkündung aber auch aus, was er von der Überwachung des Vaters hielt: „Eltern können auch schlechte Entscheidungen treffen“, da habe sich ein Strafgericht in der Regel nicht einzumischen. Die Speicher enthielten keine Nahaufnahmen oder besonders intime Sequenzen.

Erbitterter Kampf ums Sorgerecht

Die beiden Ex-Partner kämpfen nach der Trennung seit über zwei Jahren einen erbitterten Kampf um das Sorgerecht. Das, so der Angeklagte, sei der eigentliche Grund für seine Überwachungsaufnahmen. Er habe sichergehen wollen, dass ihm seine Exfrau nichts anhängen konnte nach den Tagen, die die kleinen Kinder bei ihm in der Wohnung verbrachten. „Falls ein Kind zum Beispiel eine Gehirnerschütterung gehabt hätte, wollte ich mit den Kameraaufnahmen nachweisen, dass das nicht bei mir passiert ist“.

Ein Verhalten sei das, das nicht gehe, sagte der Staatsanwalt. Er hatte für eine Geldstrafe plädiert. Die Aufzeichnungen, die der Vater als Beweismittel angefertigt hatte, seien doch unbrauchbar, man könne doch Sequenzen einfach löschen. Das hätte der Angeklagte wissen müssen. Die Mutter habe immer etwas dagegen gehabt. Der Vater habe die Rechte der Kinder verletzt. Das sah die Anwältin ganz anders: Dass sie gefilmt wurden, hätten die Kinder sicher gar nicht mitbekommen. Mit dem Überwachen dürfte jetzt trotzdem Schluss sein: Auf die Herausgabe der beschlagnahmten Aufnahmegeräte verzichtete der Vater.