Prozess in LeverkusenGericht verurteilt Erpresser von Jonathan Tah zu Haftstrafe

Lesezeit 4 Minuten
Der Angeklagte im Tah-Prozess im Leverkusener Gerichtssaal.

Der Angeklagte im Tah-Prozess im Leverkusener Gerichtssaal

Der Prozess gegen einen Mann, der den Fußball-Profi Jonathan Tah nach Ansicht des Gerichts erpresst hat, ist mit einer Haftstrafe zu Ende gegangen.

Die erneute Befragung von Jonathan Tah räumt am Dienstagmorgen letzte Zweifel aus: Am Mittag verurteilt das Amtsgericht Leverkusen den Angeklagten im Erpressungsprozess zu einer Haftstrafe von einem Jahr und acht Monaten, die für drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt wird. Außerdem muss Gerardo D. (Name geändert) 200 Arbeitsstunden in einer sozialen Einrichtung absolvieren. Zudem sollen die 108.000 Euro, die er Tah tatsächlich abgenommen hatte, eingezogen werden.

Richter Thomas Nagel und die beiden Schöffen sehen es am Ende als erwiesen an, dass der Mann Tah um insgesamt mehr als 300.000 Euro erpresst hatte. 108.000 Euro waren ab 2014 in Raten geflossen, weitere 200.000 hatte der Bayer-04-Profi dem Bekannten im Frühjahr 2021 zugesagt. Gezahlt wurde nicht, nachdem sich Tah seinem Management offenbart hatte. Stattdessen erstattete er Anzeige.

Der Erpresser schreibt eine Rechnung mit Mehrwertsteuer

Eine Anzeige gab es auch von Gerardo D., der den Nationalspieler voriges Jahr zur Zahlung der zugesicherten 200.000 Euro zwingen wollte. 238.000 Euro forderte er, da war dann die Mehrwertsteuer eingerechnet. Ein Zivilprozess dazu in Düsseldorf brachte aber nicht das vom Erpresser gewünschte Ergebnis – stattdessen schrieb die Kölner Staatsanwaltschaft auf Grundlage der Tah-Anzeige eine Anklage. Zuvor hatte die Polizei Telefonate zwischen Tah und dem Erpresser mitgehört.   

Im Prozess ging es immer wieder darum, wie das Verhältnis zwischen dem Nationalspieler und dem Beschuldigten zu bewerten ist. Gerardo D. begreift sich als guter Freund und Förderer des dreieinhalb Jahre jüngeren Fußballers. „Ich kenne Jona, seit er 15 ist“, unterstreicht er am Dienstag mit Blick auf die gemeinsamen Jahre beim Hamburger SV. Also seit zwölf Jahren. 

Das Geld lief immer über einen Strohmann

Nach Überzeugung des Gerichts aber hat Gerardo D. den späteren Bayer-04-Profi und Nationalspieler nicht mit irgendwelchen Argumenten dazu gebracht, ihm zunächst in kleineren Raten 108.000 Euro zu überweisen – wobei das Geld über das Konto eines Strohmanns lief. Und ihm sieben Jahre später die doppelte Summe zuzusagen. Tah, der das selbst so beschrieben hatte, habe es einfach nicht fertiggebracht, sich des lästigen Mannes zu entledigen. Erst recht nicht, nachdem er ihm, Freunden und sogar seiner Mutter mal unverhohlen, mal in Andeutungen gedroht hatte.

Diese „subtile Drohkulisse“, wie die Staatsanwältin das in ihrem Plädoyer beschreibt, habe unzweifelhaft bestanden. Dass Tah sich mit dem Mann trotzdem gelegentlich freiwillig getroffen habe, sei vielleicht nicht für jeden sofort nachvollziehbar. Aber verständlich. Erst recht, weil der Fußball-Profi das Licht der Öffentlichkeit scheuen musste: „Jonathan Tah lässt sich von einem alten Bekannten erpressen“ – solche Schlagzeilen habe er wohl zurecht jahrelang gescheut.

Jonathan Tah neben seinem Anwalt Udo Wackernagel vor dem Opladener Amtsgericht

Am ersten und am letzten Prozesstag erscheint Jonathan Tah vor dem Opladener Amtsgericht. Neben ihm sein Anwalt Udo Wackernagel

Gut möglich ist aber, dass am Anfang dieser verhängnisvollen Freundschaft tatsächlich Schuldgefühle standen: Gerardo D. hatte einen schweren Autounfall, als er zu einem Spiel mit Tah fuhr. Der habe ihn aber nicht im Krankenhaus besucht. Mit Geld des Mannes, der inzwischen mit Fußball viel verdiente, sollte nicht nur eine – wenn man so will – moralische Schuld beglichen werden. Sondern auch die Ausreise des Vaters aus Albanien. Apropos Albanien: Mit Kontakten zur Mafia habe Gerardo D. auch gedroht. Als es später darum ging, Tah zu weiteren Zahlungen zu bringen, sei die Rede davon gewesen, dem Profi in die Beine zu schießen und so seine Fußballer-Karriere zu beenden. Er habe da Leute für, ließ der Erpresser Tah wissen.

An allen Prozesstagen seit der zweiten Mai-Woche hatte der Beschuldigte dieser Darstellung widersprochen. Jonathan Tah sei ein guter Freund, den er unter seine Fittiche genommen und erst zum erfolgreichen Profi gemacht habe. Inzwischen sei Tah der Erfolg zu Kopf gestiegen – daran sei er weniger schuld als falsche Freunde und schlechte Berater: „Ich habe mit ihm keinen Konflikt“, unterstreicht Gerardo D. in seinem Schlusswort, das erheblich länger ausfällt als das Plädoyer seines Anwalts. Der betont, dass Aussage gegen Aussage stehe. Und weist darauf hin, dass Tahs offenkundig höher bewertete Äußerung unter Begleitung eines Rechtsanwalts entstanden ist. „Ich aber könnte hier immer weiter Belege vorbringen, dass die beiden gut befreundet waren.“

Tatsächlich werden zuvor Fotos und Filmchen vorgeführt, die belegen sollen, dass der Erpresser und sein Opfer sich nahe standen und Spaß miteinander hatten. Sie überzeugen das Gericht um Thomas Nagel nicht. Mit der Bestrafung dürfte der Alptraum für Jonathan Tah zu Ende sein.