Leverkusener Kita-NotstandAnträge zur Erzieherausbildung für erledigt erklärt – Initiative ist enttäuscht

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Leere Kita von außen

Die Kita Fester Weg kann wegen Personalmangels nicht voll in Betrieb genommen werden.

Im Kinder- und Jugendhilfeausschuss wurden Ideen diskutiert, wie mehr Erzieherinnen ausgebildet werden können. Letztendlich aber vom Tisch gewischt.

Roswitha Kneip ist reichlich frustriert nach der Sitzung des Kinder- und Jugendhilfeausschusses. Zwei Bürgeranträge hatte die Vorsitzende im Namen des Frauenrings Leverkusen eingebracht, um sich aktiv an der Bekämpfung des Kita-Notstands zu beteiligen. Vor allem ging es dabei darum, wie man mehr Bewerberinnen und Bewerber sowohl in die praxisintegrierte Ausbildung zum Erzieher (PIA), als auch in die Qualifikation zur Tagespflegeperson bringen kann, um den Personalmangel nachhaltig zu beheben. 

Die Ideen, die der Frauenring bei einer Diskussionsveranstaltung zusammen mit Verantwortlichen aus Kitas und Tagespflege erarbeitet hatten, wurden auch länglich diskutiert. Unter anderem fordert der Bürgerantrag, dass allen Bewerberinnen, die die Voraussetzungen erfüllen, ein Ausbildungsplatz in der begehrten PIA-Ausbildung angeboten werde. Zuletzt waren von rund 80 Bewerbungen nur 14 erfolgreich. Das liege aber nicht an mangelnden Finanzen, sagt Dezernent Marc Adomat: „Wir haben die Mittel für die Pia-Ausbildung für Erzieher im Haushalt berücksichtigt.“

20 Plätze stünden aktuell zur Verfügung, 24 Interessenten hätte die Stadt nach dem Bewerbungsverfahren zugesagt, allerdings seien dann zehn aus eigenen Stücken noch abgesprungen. Grundsätzlich sei man natürlich daran interessiert, die 20 vorhandenen Plätze zu füllen. „Aber Bewerber müssen dafür auch qualifiziert sein“, sagt Adomat.

Zwei Vorstellungsgespräche

Verbesserungspotenzial im Auswahlprozess sieht er schon: Aktuell müssen Bewerber zwei Vorstellungsgespräche führen: Eines bei der Stadt als Arbeitgeberin und eines beim Berufskolleg, um den Schulplatz zu erhalten. Daran soll gearbeitet werden. Außerdem will die Stadt bei der Vorqualifizierung helfen, die für PIA nötig ist, und diese auch finanziell unterstützen. 

Auch Jugendamtsleiter Michael Küppers bremst die Erwartungen. Mit jährlich 20 Plätzen für Erzieherinnen und zehn für Kinderpfleger über die PIA-Ausbildungsdauer von drei Jahren habe man potenziell 90 Personen im Umlauf. Dazu kommen die schulische Erzieherausbildung, Praktika und der Bundesfreiwilligendienst. „Wir müssen es auch noch geleistet bekommen, dass die auch in den Kitas ordentlich betreut werden“, warnt Küppers. „Wir müssen aufpassen, dass wir uns nicht selbst überholen.“

Der Notstand ist brandaktuell
Roswitha Kneip, Frauenring

Das sieht Kneip anders: „Der Notstand ist brandaktuell“. Jeder junge Mensch, der sich für die verschiedenen Bereiche der Kinderbetreuung und -erziehung interessiere, müsse bestmöglich beraten und unterstützt werden. In einem zweiten Antrag hatte sie gefordert, dass die Kosten von 3200 Euro, die die Qualifikation zur Tagespflegeperson kostet, von der Stadt oder dem Jobcenter vorfinanziert werden. „Für viele Menschen ist das sehr viel Geld, das sie nicht haben“, sagt Kneip vor dem Ausschuss.

Ausbildung kann in Raten bezahlt werden

Adomat und Küppers erklären, dass das Geld nicht komplett am Anfang aufgebracht werden muss, in Raten gezahlt werden kann und zum Teil nach erfolgreicher Ausbildung erstattet wird. „Das so vom Tisch zu wischen und zu sagen: Es sind ja nur 800 Euro auf einmal, das finde ich arrogant“, sagt Kneip im Nachgang. Auch einige Zuschauerinnen aus der Branche verlassen den Saal enttäuscht. „Es stimmt einfach nicht, dass es bei den Interessenten nicht am Geld scheitert, ich kenne viele andere Beispiele“, sagt eine Frau.

Letztendlich sind Politik und Stadtverwaltung bemüht, das Engagement des Frauenrings zur würdigen. „Wenn Sie jemanden haben, bei dem es am Geld scheitert, dann schicken Sie ihn zu uns, da finden wir schon eine Lösung“, verspricht Adomat. „Ihre Gedanken sind nicht schlecht, aber in der Praxis kaum umsetzbar“, ergänzt Küppers. „Sie sind auf dem richtigen Weg, aber sie haben nicht alle Informationen gehabt, was die Stadt schon macht“, sagt der Ausschussvorsitzende Stefan Hebbel. Deswegen wollen sie die Bürgeranträge auch nicht ablehnen, sondern erklären sie als erledigt: Die Stadt sei an all den Themen bereits dran.

Kneip hätte darauf gerne einiges entgegnet, doch Bürgerantragssteller dürfen ihr Anliegen in Ausschüssen nur einmal vorbringen, mitdiskutieren dürfen sie nicht. Sie wünscht sich, dass die Stadtverwaltung sich mehr mit der Praxis auseinandersetzt und mit den Betroffenen gemeinsam kreative Lösungen für den Notstand findet.  „Wir können das so nicht im Raum stehen lassen“, kündigt Kneip weitere Einmischung durch den Frauenring an. Das sei ihr sowohl als Vertreterin von arbeitenden Frauen, als auch als gelernte Erzieherin, vierfache Mutter und Oma ein Herzensthema.