Projekt gegen MillionenverlustStadt Leverkusen will gegen Kindergeldbetrüger vorgehen

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Die Stadt will gegen Kindergeldbetrug vorgehen. 

Leverkusen – Die Tricks, mit denen Betrüger den Staat und Kommunen um Sozialleistungen prellen, sind manchmal gar nicht so ausgefeilt. Die Ganoven nutzen aus, dass Behörden Daten untereinander nicht austauschen. Die Stadt Leverkusen will dem jetzt etwas entgegensetzen.

Der Rat hat einen Antrag der CDU angenommen, nach dem die Stadtverwaltung dem Modellprojekt „Missimo“ des NRW-Innenministeriums beitreten wird. Bei „Missimo“ geht es ums Kindergeld. Denn beim Kindergeld sind die Behörden derzeit offenbar kaum in der Lage, ausreichend zu prüfen, ob Zahlungen gerechtfertigt und gesetzeskonform sind. Die CDU schreibt, dass die Stadt insbesondere nach den Erkenntnissen von Sozialbetrug im Zusammenhang mit einem Strafverfahren gegen einen Clan in Leverkusen ein großes Interesse haben solle, Schwachpunkte zu erkennen und abzustellen.

Nicht immer müssen hinter solchen organisierten Betrügereien große Clans stecken, von denen in Leverkusen mindestens zwei ansässig sind, die zum Teil im Netz mit ihrem Reichtum prahlen. Mitglieder beider Familien sind im Zusammenhang mit Sozialbetrug allerdings bereits aufgefallen.

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Durch das Modell „Missimo“ wurde erstmals in Krefeld, inzwischen auch in Wuppertal unberechtigter Kindergeldbezug aufgedeckt. Die CDU erhofft sich ähnliches für Leverkusen: Der Antrag, „Missimo“ hier einzuführen, wurde im Stadtrat einstimmig angenommen. Das Modell hat eine Task-Force der Polizei NRW und andere Behörden gemeinsam entwickelt.

In einer Pressemitteilung zur Vorstellung des Projekts 2019 gab Innenminister Herbert Reul einen kleinen Einblick, wie der Betrug läuft. Die Täterinnen und Täter lockten Familien aus Südosteuropa nach Deutschland. Für die würden Sozialleistungen beantragt, unter anderem Kindergeld, das die Familien abgeben müssen. Die Eltern landeten nicht selten in illegalen Beschäftigungen, die Kinder müssten betteln oder stehlen gehen, so Reul. Kehrten die Familien in ihre Heimatländer zurück, liefen die Sozialleistungen aber weiter.

Spätestens dann beginnt der Betrug. Einmal beantragtes Kindergeld fließt relativ problemlos weiter. Ob die Eltern und das Kind noch im Lande sind, bekommen in der Regel höchstens die Schulen und die Jugendämter mit. Bei der Kommunikation setzt das Projekt an.

Datenaustausch zwischen Ämtern

Ein Pressesprecher des Landeskriminalamts schreibt, es gehe hauptsächlich um den Datenaustausch zwischen den Ämtern und das mehr oder weniger automatische Aufspüren von Hinweisen, dass eine Familie ungerechtfertigt Kindergeld kassiert. Kern des Modells sei ein strukturierter Datenaustausch auf lokaler Ebene zwischen den Ämtern einer Kommune, der Familienkasse, der lokalen Polizei und der Staatsanwaltschaft und – dem Jobcenter. Daten von Jugend-, Schulverwaltungs- und Einwohnermeldeämtern fließen ebenfalls ein, wie zusätzlich auf der Webseite der Polizei NRW zu erfahren ist.

Alle diese Stellen sollen über die notwendigen Informationen verfügen, um konkrete Gegenmaßnahmen gegen diesen Sozialleistungsmissbrauch ergreifen zu können, schreibt der Sprecher.

Eltern können sehr lange Kindergeld erhalten. Voraussetzung ist, dass sich Kinder, die nicht mehr schulpflichtig sind, in einer Ausbildung befinden. Als Problem hat man bei der Landesregierung erkannt, dass sich Schulbescheinigungen oft relativ einfach fälschen lassen, damit das Kindergeld weiterläuft, obwohl der Nachwuchs längst nicht mehr die weiterführende Schule besucht, an der er vielleicht einmal angemeldet war. Inzwischen nutzen einige Städte in NRW ein neues Schulverwaltungsprogramm, das fälschungssichere Bescheinigungen erstellen kann. Die Stadt Leverkusen habe das aber noch nicht eingeführt, teilt eine Stadtsprecherin mit.

Der Sprecher des LKA schreibt, die Polizei fungiere als „sehendes Auge vor Ort“. Sie prüfe etwa tatsächliche Wohnverhältnisse und Hinweise auf Vernachlässigung der Schulpflicht und informiere zum Beispiel die zuständigen Familienkassen (Kindergeld) oder das Jobcenter.

Für Leverkusen könnte sich das rechnen, auch wenn keine Schätzungen zum Betrug bekannt sind. In Krefeld habe „Missimo“ hochgerechnet die Zahlung von 1,7 Millionen Euro Kindergeld verhindert, schreibt die Landesregierung. Geld, das sonst durch betrügerische Methoden ergaunert worden wäre.