„Abend der Stille“Nümbrechter Christen treffen sich seit zehn Jahren

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Stille, die schön klingt: Zum Programm der meditativen Abende in der Harscheider Kirche gehört auch Musik.

Stille, die schön klingt: Zum Programm der meditativen Abende in der Harscheider Kirche gehört auch Musik.

Harscheid – Auch wenn es der „Abend der Stille“ ist – die Andacht zum zehnjährigen Bestehen dieser Reihe der Evangelischen Kirchengemeinde Nümbrecht ist natürlich nicht sang- und klanglos verlaufen. Die Zusammenkunft von gut 20 Gläubigen in der Kirche in Harscheid war geprägt von Besinnlichkeit und Einkehr, in der innere und äußere Töne zum Klingen kommen.

Die Jubiläumsandacht ist eine „Taizé-Andacht“ mit besonders viel Liedern und Instrumentalbegleitung. Zur Einstimmung beginnt die Hülsenbuscher Kirchenmusikerin Christa Aßmann mit einer getragenen Weise auf dem Klavier. Die Teilnehmer lassen die Musik mit geschlossenen Augen auf sich wirken oder schauen auf die blauen Fische in der Kirchenapsis.

540 Abende in Folge

Vorbereitet worden ist die Andacht von der Synodalbeauftragten Verena Tillessen, Prädikant Klaus Dripke und ihrem Team. Dripke ist seit dem ersten Abend dabei, als die Tradition im Juni 2010 aus einer „Woche der Stille“ heraus entstand. An jedem Freitag um 18 Uhr, bislang 540 Mal in ununterbrochener Folge, gab es „Abende der Stille“. Einmal, während einer Gemeindefreizeit 2012, ist die Andacht nach Eisenach verlegt worden. Selbst während des Lockdowns habe es keine Unterbrechung gegeben, berichtet Dripke: Es gab Videoaufnahmen, die über das Internet verbreitet wurden, und hinterher eine Videokonferenz.

Nach einer Psalmlesung bittet Dripke um ein paar Minuten Stille, um den Bibeltext auf sich wirken zu lassen: „Nehmt euch die Zeit dafür.“ Nur das Geräusch eines vorbeifahrenden Autos und das leise Gleiten eines Blattes Papier auf den Boden dringt in die Kontemplation. Auch nach dem nächsten Lied und Bibeltext herrscht Stille. Während zuvor noch einige um sich geschaut haben, sind jetzt alle zur Ruhe gekommen.

Gelöste Stimmung

Dripke erläutert den Text der Heiligen Schrift, in dem es um Verzweiflung und Zuversicht geht. Im folgenden Gespräch sagt eine Frau: „Wenn Tränen sein dürfen, kann man wieder neue Hoffnung schöpfen.“ Klaus Dripke ergänzt: „Wenn man Groll und Hass in sich verschließt, dann können Wunden nicht heilen, aber in dem Augenblick, in dem wir von Hoffnung erfüllt werden, ändert sich die innere Perspektive.“

In der folgenden „Gebetsgemeinschaft“ gibt der Prädikant jedem die Möglichkeit, öffentlich zu beten. In offenen Worten und wieder unterbrochen von Momenten der Stille verleihen einige aus der Runde anrührend ihren Sorgen, ihren Bitten und Wünschen Ausdruck. Nach dem Abschluss mit zwei Jubelliedern zeichnet sich deutlich eine gelöste Stimmung auf den Gesichtern der Teilnehmer ab.

Beim anschließenden Jubiläumsessen mit Fingerfood erzählt Antje Gellweiler aus Siegburg, dass sie über ihre in Nümbrecht wohnende Mutter schon am Anfang in diese Runde gefunden habe. Die Anzahl ihrer Abwesenheiten wegen Krankheit oder Urlaub könne sie an zwei Händen abzählen. Ulrike und Ralf Peters sind erst vor drei Jahren nach Nümbrecht gezogen und seitdem ebenfalls regelmäßige Gäste: „Wir genießen die Stille nach den Arbeitstagen, um vor dem Wochenende zur Ruhe zu kommen.“

Dripke betont abschließend, dass der freitägliche Andacht-Abend offen sei für alle, die zum Wochenausklang gerne gemeinsam Gottes Wort hören, singen, beten und sich in der Stille sammeln wollen. Wie zur Bestätigung überspannt nach der Jubiläumsandacht ein vollständiger Regenbogen den Glockenturm vor der Kirche als himmlischer Segen und Glückssymbol.