Anmeldung fürs Impfen„Online-Terminvergabe ist für Senioren eine Frechheit“

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Dieter_Mauelshagen

Kennt sich aus mit Rechnern: Dieter Mauelshagen lotst derzeit viele ältere Freunde durch das Impfvergabe-System.

Gummersbach – Als Dieter Mauelshagen Anfang der 1980er Jahre auf die EDV-Branche umsattelte, arbeitete er mit Windows 3.0 unter einem Dos-Betriebssystem. Seitdem hat er nicht nur beruflich alle technischen Entwicklungen mitgemacht, heute erfreut sich der 75-Jährige auch privat an den vielfältigen Möglichkeiten eines modernen Computers.

Umso entsetzter ist er, was in dieser Woche auf die deutschen Senioren losgelassen worden ist: „Das Online-System zur Impfterminvergabe ist nicht nur eine Zumutung für die ältere Generation, sondern schlichtweg eine Frechheit.“

Ratlose und verärgerte Senioren

Auch im Oberbergischen sitzen derzeit viele Über-80-Jährige, die im ersten Zuge der Impfkampagne Anspruch auf einen Termin haben, ratlos und verärgert vor dem Monitor. Denn Termine für das Impfzentrumwaren bereits am Dienstag nicht mehr zu bekommen.

Wie berichtet, hat die Kassenärztliche Vereinigung nämlich nur so viele Termine vergeben wie auch Impfdosen für Oberberg zugesagt worden waren. Ein herber Rückschlag für all diejenigen Senioren, die es überhaupt bis zum Terminkalender des Systems geschafft hatten, meint Mauelshagen.

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Der Gummersbacher hat mit seinen 75 Jahren zwar noch keinen Anspruch auf einen Termin, ist aber als versierter IT-Mann von gut einem Dutzend älterer Freunde, Bekannter und Nachbarn um Hilfe gebeten worden. Der Betriebswirt arbeitete als IT-Trainer für ein Unternehmen, schulte hunderte Menschen etwa in den Microsoft-Programmen.

„Schon in meiner Generation bin ich mit meinem Computer-Wissen eher die Ausnahme“, meint Mauelshagen: „Aber für Menschen über 80 ist das System schlichtweg unbrauchbar.“

Schon die Registrierung ist unzumutbar

Denn schon die Registrierung sei eine zu große Herausforderung für Ältere. Mauelshagen hat mehrere Bekannte Schritt für Schritt per Fernwartung dabei angeleitet.

Und das seien viele Schritte, skizziert er das Prozedere: „Aus Gründen des Datenschutzes braucht zunächst mal jeder seine eigene E-Mail-Adresse. Mit der muss man sich dann auf der Impfseite registrieren und dabei ein Passwort anlegen, das Sicherheitsvorgaben erfüllen muss. Dann bekommt man eine Antwort-Mail. Falls die nicht im Spam-Postfach gelandet ist, muss man bestätigen, dass man sich wirklich registriert hat. Und dann erst kann man sich bestenfalls auf der Seite für die Terminvergabe einloggen – um schließlich zu sehen, dass ja überhaupt keine Termine in Oberberg mehr da sind.“

Kreis und Kommunen wollen gezielter kontrollieren

Um die Virusausbreitung in den Griff zu bekommen, wollen der Kreis und seine Kommunen noch gezielter in den Städten und Gemeinden kontrollieren. Auch ortsspezifische Maßnahmen kämen in Betracht, nachdem in dieser Woche die Ausgangssperre und das Gottesdienstverbot aufgehoben wurden, heißt es von der Kreisverwaltung. Diese Themen habe Landrat Jochen Hagt am Dienstag in einer Telefonkonferenz mit den Bürgermeistern und Bürgermeisterinnen besprochen.

Um sich über etwaige Infektionsschwerpunkte auszutauschen, solle es künftig individuelle Gespräche zwischen Gesundheitsamt, Kreispolizei und dem jeweiligen Ordnungsamt einer Kommune geben, unter Beteiligung des Landrats und des Bürgermeisters. Dabei solle auch über Einzelmaßnahmen entschieden werden. (ag)

Mauelshagen lacht verzweifelt: „Geht’s noch? Wer dieses System entwickelt hat, hat nicht an die ältere Generation gedacht, geschweige mit einem Senior einen Testlauf am PC gemacht.“ Dabei richte sich das Vergabe-System ja gerade an die Senioren, so Mauelshagen: „Bis die Jüngeren dran sind, werden ja hoffentlich schon Impfungen beim Hausarzt möglich sein.“

Ruf nach einer Initiative „Jung hilft Alt“

Mauelshagen ahnt, dass er in den kommenden Wochen noch vielen seiner Mitmenschen bei der Registrierung wird helfen müssen: „Denn meine Generation wird es nicht viel besser können als die Über-80-Jährigen.“ Der Gummersbacher würde sich wünschen, dass schnell eine Initiative „Jung hilft Alt“ ins Leben gerufen wird.

Wer seine Hilfe benötigt, könne ihm eine E-Mail schicken unter dieter-edv-trainer@t-online.de. „Ich gebe mein Bestes, dass die Leute an ihren Impftermin kommen – falls die dann wieder zur Verfügung stehen.“