Mut machenEhemaliger Bergneustädter Fußballer schreibt Buch über seine Karriere

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Wiedersehen am Stützpunkt in Bielstein: (v. l.) Trainer Hubert Moog, Assimiou Touré, Trainer Horst Semrau, Birgid und Lothar Falkenberg. Vorne die beiden Nachwuchsfußballer Javad (l.) und Bright. 

Wiehl/Leverkusen – Assimiou Touré war fünf Jahre alt, als er aus Togo mit seiner Mutter nach Bergneustadt kam. Bei der Stadt wurde der heute 34-Jährige damals gefragt, was er gerne machen würde. Der Junge wollte „Fußball spielen“ und kam zum SSV Bergneustadt. Es war der Beginn einer Erfolgsgeschichte, die viele Gesichter hat.

Am Anfang steht die Familie Falkenberg mit ihren Söhnen Kim und Dennis. Es folgt Horst Semrau als Stützpunkttrainer und der Erstligist Bayer Leverkusen auf dem Weg in die Bundesliga. Heute ist der 34-jährige Touré Jugendscout in Leverkusen. Unter dem Titel „Erst Heim, dann Heimat – Mein Leben als Deutscher“ hat er ein Buch geschrieben, in dem er von seinem Leben berichtet und das den vielen Jugendlichen mit Migrationshintergrund Mut machen soll – mit dem Sport als verbindendes Element.

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Assimiou Touré möchte den Nachwuchskickern mit seiner Geschichte, die er in seinem Buch erzählt, Hilfestellung geben.

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Der Weg zurück führte Assimiou Touré, der heute mit seiner Familie in Leverkusen lebt, jetzt zum Stützpunkttraining des Fußballkreises Berg in Bielstein. Dort verschenkte er exemplarisch zwei seiner Bücher an die beiden jungen Fußballer Javad (SpVg. Wallerhausen) und Bright (11), der beim FV Wiehl spielt. Wie einst Touré stand auch Javad, der aus Afghanistan kommt, vor sechs Jahren am Sportplatz in Wallerhausen, erzählt Patrick Bille, Trainer der C-Jugend, der sich seitdem um den Jungen kümmert. Bright hat seine Wurzeln in Kamerun und seit Sommer wohnt die Familie in Waldbröl, berichtet sein Vater.

Assimiou Tourés Geschichte dürfte sie interessieren. „Er war wie unser dritter Sohn, stand aber nicht auf der Steuerkarte“, blickt Lothar Falkenberg lachend zurück. Er hatte die B-Lizenz abgelegt und war Jugendtrainer. Seine Frau Birgid war Jugendleiterin im SSV Bergneustadt, wo Touré eines Tages vor der Tür stand. Kim Falkenberg, der heute Chefscout in Leverkusen ist, und er wurden die besten Freunde. Mit zwölf Jahren wechselten sie zu Bayer Leverkusen. Den Kleinbus zum Training, in dem auch noch andere oberbergische junge Kicker saßen, steuerte anfangs Birgid Falkenberg.

Assimiou Touré spielte sechs Jahre beim SSV Bergneustadt

„Sport verbindet“, blickt Touré glücklich zurück. Er erzählt, wie er im Garten der Falkenbergs mit Dennis und Kim gekickt hat. Wie Kim und er auch andere Sportarten probierten und er recht spontan Leichtathletik-Stadtmeister seiner Altersklasse wurde.

Sechs Jahre spielte die SSV-Mannschaft zusammen. „Es war eine tolle Gemeinschaft, wenn Assimiou Fußballschuhe brauchte, bekam er welche. Ebenso war klar, dass er die Fahrt nach Holland mitmachen sollte und das auch finanziert wurde“, erzählt Birgid Falkenberg. Dabei war es nicht immer einfach, denn Touré hatte keine Aufenthaltsgenehmigung. Der SSV musste für ihn bürgen.

Das galt auch noch, als er in Leverkusen spielte und bei den ersten Lehrgängen der U18-Nationalmannschaft war. „Ich hatte keinen deutschen Pass. Ich durfte mittrainieren, aber nicht mitspielen“, erzählt Touré. Als er dann auch mit Hilfe des Deutschen Fußballbundes (DFB) eingebürgert wurde, trat er für die deutsche U18 an, stand dann sechs Monate später bei der Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland aber für Togo im Team. Mit Togo erlebte er auch die dunkelsten Stunde seiner Fußball-Karriere, als er auf dem Weg zum Afrika-Cup 2010 im Grenzgebiet zwischen dem Kongo und Angola einen Terroranschlag auf den Bus der Nationalmannschaft überlebte.

Nach den Jugendjahren in Leverkusen wurde er mit 18 Jahren Fußballprofi und hatte zwei Kurzeinsätze in der Bundesliga. Es folgten Stationen beim VfL Osnabrück, bei Arminia Bielefeld, beim SV Babelsberg und beim KFC Uerdingen.

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Je älter er wurde, desto mehr bekam er zu spüren, dass ihm nicht alle Menschen aufgrund seiner Hautfarbe so wohlgesonnen waren. „Da muss man sich ein dickes Fell anschaffen. Man muss sich sagen, dass es Idioten gibt, und es ausblenden“, erklärt der 34-Jährige. Da helfe es, sich zu sagen, dass Neid mitschwinge, da er als Fußballer etwas erreicht habe. „Habe Spaß, an dem was Du machst. Dann kommen viele Dinge von alleine“, möchte Assimiou Touré seinen jungen Schützlingen mit auf den Weg geben. „Ich möchte sie bestmöglich unterstützen. Sie müssen offen sein und sich an die Regeln halten.“ Dann sei es möglich, Fuß zu fassen in Sport, Schule, Beruf und im Leben.

Die Idee zum Buch hatte Sternekoch Anthony Sarpong, dessen Sohn bei Bayer Leverkusen spielt und der von der Geschichte des Anschlags in Togo erfuhr. „Mir ist es wichtig, dass das Buch komplett ich bin, was mich mit allen schönen und negativen Erlebnissen als Mensch ausmacht“, sagt Touré über sich selbst. Dazu gehört heute, dass er sich in Afrika für Brunnenprojekte einsetzt und über „The Justice Project“ gegen den Menschenhandel kämpft. All das hat seinen Ursprung in Bergneustadt, wo Touré vor fast 30 Jahren herzlich aufgenommen und bei seinen ersten Schritten in die Welt des Fußballes begleitet wurde.