Regionale-ProjektGemeinde Engelskirchen zieht Bewerbung für Bücherfabrik nun doch zurück

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Die alten Gebäude der Bücherfabrik spiegeln sich in einer Pfütze.

Die Alte Bücherfabrik in Ründeroth sollte zum Bürger- und Gesundheitszentrum umgebaut werden.

Aus der Traum: Das Regionale-Projekt Ründerother Bücherfabrik ist am Ende. Der Bürgermeister hat wegen der Kosten die Notbremse gezogen.

Die Gemeinde Engelskirchen zieht ihre Bewerbung zurück und strebt nicht mehr an, die Umwandlung der Alten Bücherfabrik in Ründeroth in ein Bürger- und Gesundheitszentrum als Regionale-Projekt qualifizieren zu lassen. Das hat Bürgermeister Dr. Gero Karthaus am Donnerstag in einer Pressekonferenz bekannt gegeben.

Der Auftritt im Ratssaal wurde als Live-Stream im Internet übertragen. Kein Wunder angesichts der Tragweite. Die Enttäuschung ist groß. Hintergrund der überraschenden Entscheidung sind zwei Umstände: Zum einen dürfte die Gemeinde nach neuestem Sachstand nur noch mit einer 50-prozentigen Förderung des Projekts rechnen. Bisher war man von 60 Prozent ausgegangen. Ursache ist die veränderte Steuerkraft der Gemeinde. Die Bücherfabrik hätte demzufolge den Haushalt mit jährlich 500 000 Euro belastet. Viel zu viel, meint der Bürgermeister.

Ründerother Initiative ist einverstanden

Zum anderen erfuhr die Gemeinde erst kürzlich: Die Anforderungen für die Regionale-Qualifizierung wurden zwischenzeitlich so hoch gehängt, dass Engelskirchen allein für die Planungskosten mit zwei Millionen Euro in Vorleistung gehen müsste, rechnete Karthaus vor. „Und das, ohne zu wissen, ob das Projekt überhaupt realisiert wird.“ Für ihn ein K.O.-Kriterium. Der Bürgermeister, der sich bisher sehr engagiert für die Regionale-Bewerbung eingesetzt hatte, zog die Notbremse. Das Thema wurde am Mittwoch im Ältestenrat besprochen, mit einer Zustimmung des Gemeinderats ist zu rechnen.

Karthaus und Bauamtsleiter Michael Advena signalisierten Verständnis für die Entscheidung der Landesregierung. Diese habe nicht aus Willkür entschieden, sondern nachvollziehbare Konsequenzen aus der allgemeinen finanzpolitischen Lage gezogen.

Engelskirchener Bürgermeister will keine „Vergangenheitsbewältigung“

Auch die Initiatoren des Bürgerentscheids halten nicht mehr daran fest, dass der Antrag am 30. September gestellt werden muss. Im April hatte sich eine knappe Mehrheit im ersten Bürgerentscheid in der Geschichte der Gemeinde Engelskirchen grundsätzlich für die Entwicklung der Industriebrache ausgesprochen. CDU, FDP und Grüne, die die Bewerbung aus Kostengründen abgelehnt hatten, akzeptierten das Bürgervotum.

Initiativensprecher Christoph Gissinger appellierte am Donnerstag an den Rat, zu einer Sachpolitik zurückzukehren. Gissinger glaubt nämlich, dass der Umbau bereits begonnen worden wäre, wenn die Fraktionen an einem Strang gezogen hätten. Der Bürgermeister sprach sich gegen solch eine „Vergangenheitsbewältigung“ aus und will nun „den Reset-Knopf drücken“. Die Loslösung von der Regionale eröffne neue Freiheiten, etwa die stärkere Beteiligung von Privatinvestoren und neue Nutzungen wie Betreutes Wohnen. „Wir sind im Wort bei den Vereinen, die eine Veranstaltungshalle brauchen.“

Ansonsten will er nun auf den Fokus auf die anderen Projekte der Gemeindeentwicklung richten, etwa auf den Ründerother Bahnhof und das Höhlenerlebniszentrum.

Mit der Engelskirchener Entscheidung gegen eine Regionale-Bewerbung ist bereits das zweite oberbergische Projekt aus dem Qualifizierungsprozess ausgestiegen. Im vergangenen Jahr haben die Stadt Gummersbach und der Oberbergische Kreis ebenfalls aus Kostengründen den Plan aufgegeben, im einstigen Hohenzollernbad ein „Bergisches Forum für Wissen und Kultur“ einzurichten,

Regionale-Geschäftsführer Dr. Reimar Molitor kam eigens nach Engelskirchen, um sein persönliches Bedauern zum Ausdruck zu bringen. Die Umnutzung der Bücherfabrik bleibe ein sinnvolles Projekt, der Bedarf sei unstrittig, auch wenn die aktuellen Rahmenbedingungen im Bausektor die Realisierung erschwerten. Die vorliegenden Ergebnisse würden bei der weiteren Entwicklung helfen, glaubt Molitor. Er sagte zu: „Wir werden die Gemeinde weiter unterstützen.“