Interview25 Jahre Kulturarbeit in Engelskirchen - Rückblick und Ausschau

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Das Foto zeigt die Künstlerin Renate Seinsch vor einer ihrer Arbeiten.

In der aktuellen Ausstellung unter dem Titel „Verbindungen“ ist Renate Seinsch auch mit einem eigenen Bild vertreten.

Die Initiative Engelsart feiert runden Geburtstag. Im Interview spricht Gründungsmitglied Renate Seinsch über ein Vierteljahrhundert Kulturarbeit.

Wir sprechen miteinander mitten in der neuen Ausstellung „Verbindungen“ im Alten Baumwolllager. Welche Verbindungen sehen Sie hier an den Wänden?

Das Thema haben wir bei unserem Künstlerstammtisch entwickelt. Jeder Maler und jede Malerin zeigt auf eigene Weise, was er oder sie darunter versteht.

Welche Verbindungen sind in der Engelskirchener Kunstszene nach der Gründung von Engelsart entstanden?

Engelsart wollte tatsächlich Verbindungen herstellen, unter den Künstlern und mit dem Publikum. Und das ist uns gelungen, etwa beim „Offenen Atelier“, bei dem auch schon mal 60 Leute bei einem Künstler zu Besuch gekommen sind. Wir sind breit aufgestellt und schon häufig das erste Podium für oberbergische Künstler gewesen. Es war unserem leider verstorbenen Gründungsmitglied Harry Cremer sehr wichtig, dass auch die Hobbykünstler ein Forum haben.

Was gab damals den Anlass, die Initiative ins Leben zu rufen?

Harry Cremer, die Eheleute Laukamp und Gitta Quercia Naumann haben im Baumwolllager eine Ausstellung mit Musik veranstaltet. Der Raum war rappelvoll. Danach haben sie einen Aufruf gestartet. Viele Kunstfreunde sind der Einladung ins Ründerother Café Dannenberg gefolgt. Elf Musiker und bildende Künstler haben sich an diesem Abend zum ersten Sprecherrat von „Engelsart“ zusammengefunden.

Sie sind das einzig verbliebene Gründungsmitglied im Sprecherrat. Ist das ein gutes oder ein schlechtes Zeichen?

Unter Künstlern gibt es immer viele Alphatiere. Künstler sind Individualisten, das muss man verstehen. Es gab viel Streit, aus dem aber oft auch sehr Gutes geboren wurde. Dass ich nach 25 Jahren noch dabei bin, liegt vielleicht daran, dass ich harmoniebedürftig bin, wahrscheinlich zu sehr. Manche haben uns als Sprungbrett genutzt, wollten aber auf Dauer nicht an der Organisation mitwirken. Aber das ist ja in vielen Vereinen nicht anders. Es sind neue Leute dazugekommen. Und ein Kern ist bei allem Wechsel immer geblieben. Mal trat die Musik in den Vordergrund, mal die Kunst.

Können Sie sagen, wie viele Veranstaltungen Engelsart in 25 Jahren auf die Beine gestellt hat? Welche Höhepunkte sind Ihnen in Erinnerung geblieben?

Es werden wohl bis zu 700 gewesen sein. Toll war im Jahr 2001 die „Kulturkarawane“, ein zweitägiges Fest, mit Kunst in allen Engelskirchener Schaufenstern und Bauchtanz auf dem Schiefeling-Platz. Im Jahr darauf haben wir bei mir zu Hause zu den „Birnbaumer Kunsttagen“ eingeladen, das müssen wir mal wieder machen. 2003 gab es das „Gimme 5“. Wichtig war auch Ragna Sichelschmidts „Kleine-Picasso-AG“. Ich bin froh, dass wir mit dem Kurs von Peter Leins wieder ein Angebot für Kinder haben. Besonders stolz bin ich auf das „Offene Atelier“, die Idee ist auf meinem Mist gewachsen. Seit 2009 ist die Zahl der teilnehmenden Künstler stetig gewachsen. Inzwischen rufen die ersten Leute schon im Januar an, um sich für den Herbst anzumelden.

Wie wichtig ist das Baumwolllager für den Verein?

Bis heute bin ich sehr traurig darüber, dass Harry Cremers Revue über Friedrich Engels wegen der Corona-Pandemie hier nicht zur Aufführung gekommen ist, obwohl sie fast fertig war. Für ihn ging ein Traum in Erfüllung, als der Bürgermeister uns 2018 eröffnete, dass wir das Haus bespielen dürfen. Bis dahin sind wir ja durch die Gemeinde getingelt und hatten Veranstaltungen in der Aggertalklinik und im Oelchenshammer. Unter dem Titel „Engelsart in den Häusern“ waren wir auch zu Gast in Privatwohnungen. Das hatte einen ganz eigenen Charme.

Hat die Kultur in der Gemeinde Engelskirchen einen guten Stand?

Wenn man es mit der Hilfe für die freie Szene in Gummersbach vergleicht, dürfen wir mit der Unterstützung durch die Gemeinde sehr zufrieden sein. Bei den meisten Veranstaltungen können wir freien Eintritt anbieten.

Welches Projekt möchten Sie noch realisieren? Was wünschen Sie sich von den nächsten 25 Jahren?

Ich würde gern noch einmal eine große Lesung mit unserer Schreibwerkstatt machen. Leider sind wir derzeit nur noch zu fünft im Sprecherrat und haben zunehmend Mühe, das Programm zu stemmen. Vor allem Achim Lahr ist der Hans Dampf in allen Gassen. Gerade baut er die Technik für Samstagabend auf. Wenn wir nur zwei oder drei Leute mehr hätten, die sich engagieren, wäre uns schon geholfen. Am besten natürlich junge Leute mit neuen Ideen, ich selbst bin ja schon 86. Der Stammtisch der bildenden Künstler ist eine stabile Gemeinschaft. So etwas brauchen wir auch wieder für die Literatur und die Musik. Immerhin haben wir hier im Baumwolllager eine wunderschöne Bühne.


Festprogramm: Die Initiative Engelsart feiert ihr 25-jähriges Bestehen am heutigen Samstag, 18 Uhr, mit einem „Baumwolllagerfest“ in ihrem Domizil am Engels-Platz. Am Programm wirken unter anderem die Schauspielerinnen Heike Bänsch und Kristin Kunze, der Musiker Roman Nagel sowie die Jazzgruppe ProAm mit. Der Eintritt ist frei.

Die Ausstellung „Verbindungen“ im Baumwolllager ist noch bis zum 15. September zu sehen, und zwar samstags und sonntags, 15 bis 17 Uhr, sowie Mittwoch, 11. September, 15 bis 17 Uhr. Die nächsten Veranstaltungen im Baumwolllager sind die Konzerte der Folkband Unisono am Samstag, 14. September, 19.30 Uhr, (Eintritt frei) und der Jazzpianistin Laia Genc mit ihrem Trio Liaison Tonigue am Samstag, 5. Oktober, 19.30 Uhr (Eintritt 12 Euro).