Klimaschutzmanager im Interview„Klimaschutz müsste längst schon Pflichtaufgabe sein“

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Dr. Thomas Nonte (l.) arbeitet noch einige Wochen übergangsweise mit seinem Nachfolger Marcel Siebertz zusammen.

Dr. Thomas Nonte (l.) arbeitet noch einige Wochen übergangsweise mit seinem Nachfolger Marcel Siebertz zusammen.

Seit 2013 war Dr. Thomas Nonte (63) Klimaschutzmanager in der Gemeinde Engelskirchen. Ende 2021 ging er in den Ruhestand, betreut aber übergangsweise als Geringbeschäftigter noch einige Projekte. Torsten Sülzer sprach mit ihm.

Robert Lemke bat beim heiteren Beruferaten „Was bin ich?“ immer um eine typische Handbewegung. Wie macht ein Klimaschutzmanager?

Nonte: Ich suche mit der Lupe nach Fördermitteln und Fördergebern. Das wird mich auch noch ein bisschen beschäftigen. Einige laufende Fördervorhaben, die ich bearbeitet habe, möchte ich noch zum Abschluss bringen.

Waren Klimaschutzmanager 2013 noch Exoten?

Ich war damals der zweite in Oberberg, ich habe einen Monat nach Sibylle Sautier, damals Waldbröl, angefangen. Inzwischen haben wir in fast allen Kommunen die Aktivitäten für den Klimaschutz auf dem Weg.

Wo mussten Sie 2013 in Engelskirchen anfangen?

In der Öffentlichkeit war bereits ein begrenztes Wissen vorhanden, Engelskirchen ist ja seit den 1990er Jahren im Klima- und Umweltschutz unterwegs. Doch das ist für eine Verwaltung schwierig, denn dann kommen schnell politische Forderungen. Die Grünen sind Weltmeister im Formulieren solcher Forderungen.

Die in Engelskirchen?

Auch. Ich verstehe den Druck, den die Grünen machen, weil deren Erkenntnisse klarer sind: Uns läuft die Zeit davon. Wenn Auseinandersetzungen aber dogmatisch werden, wie es auch in Engelskirchen oft der Fall war, wird es problematisch. Manchmal sind Voraussetzungen nicht gegeben. Die Bundesregierung hat es z.B. 25 Jahre lang vermieden, einen gesetzlichen Rahmen für den Klimaschutz zu erarbeiten. Und der finanzielle Spielraum der Kommunen ist klein, weil Klimaschutz eine freiwillige Aufgabe ist – wogegen wir seit Jahren Sturm laufen. Klimaschutz müsste längst schon Pflichtaufgabe sein.

Wie ausgeprägt war denn 2013 in der Gemeinde Engelskirchen bei Politik und Verwaltung das Bewusstsein für den Klimaschutz?

Damals waren unser Bürgermeister Dr. Gero Karthaus Verfechter von Umweltschutz und Nachhaltigkeit und die Grünen. Der Bürgermeister hatte sicher einen gewissen Einfluss auf die SPD-Fraktion, alle anderen standen den Themen eher ablehnend gegenüber.

Gab’s für Ihre Arbeit damals Gegenwind?

Wir Klimaschutzmanager kommen mit vielen verqueren Ideen. Ich hatte nicht einen Vorschlag im Monat, sondern ich hatte drei, vier am Tag. Das macht viel Arbeit für wenig Ergebnisse. Da freut sich in einer Verwaltung in der Regel niemand drüber. Damals wurde flächendeckend der gravierende Fehler gemacht, dass man die Klimaschutzmanagement-Funktionen dem Umweltressort angehängt hat. Da gehören die aber nicht hin, das sind klassische Stabsfunktionen, die an die oberste Leitung angekoppelt sein müssen. Das haben wir nach anderthalb Jahren dann auch so gemacht.

Was haben Sie in neun Jahren erreicht?

Wir haben eine ganze Menge bewegt. Wir haben insgesamt den CO2 -Ausstoß in der Gemeinde um 20 Prozent senken können. Das ist nicht genug, wir müssen deutlich mehr tun, aber dazu zeigt sich jetzt erst die Bereitschaft in der Öffentlichkeit. Wir haben unsere eigenen Liegenschaften energetisch saniert, bis auf die Grundschule Schnellenbach, die jetzt saniert wird. Wir haben den Gemeindehaushalt um mehr als 250.000 Euro Energiekosten pro Jahr entlastet. Wir haben den Blickwinkel in den Beschlussgremien aufweiten können, so dass heute bei allen Parteien eine Mitwirkung zu spüren ist. Ich empfinde die Ausschusssitzungen seitens aller Fraktionen inzwischen als unglaublich konstruktiv. Das war vor zwei Jahren noch anders.

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Den Klimanotstand hat in Engelskirchen eine knappe Ratsmehrheit beschlossen. Seine Konsequenz, die Klimawirksamkeitsprüfung, soll der Politik aber keine Fesseln anlegen, sagten Sie.

Ja, denn man muss sich immer vor Augen halten, dass immer ein Bündel an Maßnahmen getroffen werden muss: z.B. Maßnahmen zur Wiederbelebung unserer Außenorte, auch da sind gegebenenfalls bauliche Maßnahmen erforderlich; man muss sicherstellen, dass die Gemeinde wirtschaftlich handlungsfähig bleibt, also attraktiv bleibt für den Zuzug von Unternehmen, die auch die Haushaltskasse füllen. Das ist aber nur der Fall, wenn wir attraktiv sind für junge Familien, für Leute, die in Ausbildung gehen wollen, für Arbeitskräfte, die diese Unternehmen brauchen.

Zum Beispiel auch durch ein neues Wohngebiet bei Buschhausen?

Nach meinem Dafürhalten schon. Die Forderung der Grünen nach Verdichtung des Wohnraums ist sicher legitim, aber nicht umsetzbar. Wir können ja die Eigentümer nicht zwingen, etwas zu verändern. Wir brauchen Wohnraum, aber auch eine entsprechende Entwicklung in den Außenorten, die auf Freiwilligkeit beruhen. Das diskutieren wir alles im Zuge des Quartiersmanagements, aber da sind wir noch am Anfang.