Gummersbacher KneipenviertelKann ein Testzentrum das Nachtleben zurückholen?

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OB Corona Gastro1

Zum Zapfen bleibt den Mitarbeitern, hier im „Baumhof“ , angesichts des Kontrollaufwands bald kaum noch Zeit.

Gummersbach – Niko Argiriou flüchtet sich in Sarkasmus. „Bisher muss ich bei meinen Gästen Führerschein und Fahrzeugpapiere prüfen, bald kommt noch ein Sehtest dazu.“ Dass er ab kommenden Samstag neben dem Impfstatus auch noch frische Corona-Tests kontrollieren soll, wie es die 2G-Plus-Regel vorsieht, schmeckt dem Wirt des „Bit Boulevard“ im Baumhof-Quartier überhaupt nicht.

Im Gummersbacher Kneipenviertel geht die Angst vor der Angst um. Es herrscht die Sorge, dass die Gäste sich trotz aller Bemühungen um Infektionsschutz so unwohl fühlen, dass auch die Geboosterten lieber zu Hause bleiben. „Wir haben ein älteres Publikum“, sagt Niko Argiriou, „die meisten sind dreimal geimpft. Aber gestern Abend konnten wir schon um 21 Uhr schließen, weil nichts mehr los war.“ Wer kommt, möchte maximalen Abstand zum Nachbartisch wahren.

„Wir wollen für die Gäste da sein, die kommen möchten“

Anke Seltrecht vom „Baumhof“ nebenan zieht eine ebenso unzufriedene Bilanz. Ein Test für ein oder zwei Glas Kölsch? Dieser Aufwand wird weitere Gäste abschrecken, da sind sich die Gastronomen einig. Und viel Mühe ist es auch, merkt Anke Seltrecht an. „Wenn eine Gruppe mit acht Leuten kommt, dauert es eine halbe Stunde, bis man alle kontrolliert hat.“

Die Wirtin berichtet von verständnisvollen Gästen. Aber sich wie der Türsteher einer Nobeldisco zu verhalten, liegt ihr nicht im Blut. Nur halb im Scherz hat Seltrecht einen Vorschlag für eine städtische (Gast-)Wirtschaftsförderung: „Es wäre schön, wenn das Ordnungsamt uns einen Kontrolleur zur Seite stellen würde.“

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Sie wird den Baumhof jedenfalls so oft und so lange aufhalten, wie es geht. Nach jedem Lockdown seien die Leute zögerlicher wiedergekommen. „Natürlich wäre es wirtschaftlicher, Ruhetage einzuführen“, sagt Seltrecht, „aber wir wollen für die Gäste da sein, die kommen möchten.“

Viele Stammkunden haben Angst sich anzustecken

Das nahe „Grammophon“ hat im Januar traditionell Betriebsferien. Und geöffnet war es auch vorher nur von Donnerstag bis Samstag, wobei in den letzten Monaten eigentlich nur die Wochenenden genug Geld in die Kasse gebracht haben, sagt Inhaber Klaus Stange. „Was wir unter der Woche für Umsätze haben, das wollen Sie nicht hören.“

Die Ü40-Stammkundschaft habe sich aus Infektionsangst zurückgezogen, berichtet auch Stange, trotz aller technischen Vorrichtungen: „Wir haben hier noch aus den Zeiten, als geraucht wurde, eine starke Lüftung, zudem eine neue Klimaanlage mit Virenfilter und neue Fenster.“ Stange wird sich ansehen, wie es in der Szene läuft und welche staatlichen Ausfallzahlungen zu erwarten sind, und dann entscheiden, ob und wann die Wiedereröffnung wirtschaftlich ist.

Belebt ein Testzentrum das Nachtleben?

In doppelter Hinsicht könnte sich das Testzentrum als Rettung erweisen, das Stange zusammen mit Ioannis Fyntanidis vom „Treppchen“ und einem weiteren Partner betreibt. Zunächst im „Meister Sieben“, nun im vorherigen Brautmodeladen an der Kaiserstraße kann man sich zum Auftakt seines Kneipenbummels schnelltesten lassen, bald wahrscheinlich wieder bis 22 Uhr. In dieser Weise möchte Stange das Nachtleben beleben und zugleich seine Aushilfen beschäftigt halten. Dass sich viele Studenten einen krisensichereren Job suchen, sei ein großes Problem in der Branche.

Niko Argiriou vom „Bit Boulevard“ will sich das Gästeaufkommen zwei Wochen lang anschauen, und dann notfalls wieder freiwillig in den Lockdown gehen. Ab einer kritischen Umsatzuntergrenze seien die Betriebskosten einfach zu hoch. „Dann verkaufe ich wieder Essen aus dem Haus.“