„Man muss sich ein Ziel setzen“Interview mit Ulrike Rösner von der LG Gummersbach

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Nachdem der Silvestercross abgesagt wurde, müssen die LG-Vorsitzende Ulrike Rösner und ihre Mitstreiter abwarten.

Nachdem der Silvestercross abgesagt wurde, müssen die LG-Vorsitzende Ulrike Rösner und ihre Mitstreiter abwarten.

  • Nun steht fest, dass auch der Silvestercross der LG Gummersbach in diesem Jahr nicht stattfinden wird.
  • Coronabedingt musste die Leichtathletikgemeinschaft alle Veranstaltungen in 2020 absagen, darunter auch den Stadtlauf.
  • Wie die LG damit umgeht, darüber sprach Andrea Knitter mit der Vorsitzenden Ulrike Rösner (58).

Bis vor kurzem hatten Sie gehofft, dass der Silvestercross als einzige Ihrer jährlichen Veranstaltungen stattfinden kann. Warum die Absage?

Ulrike Rösner: Weil im Moment überhaupt nicht abzusehen ist, wie sich die Corona-Situation weiterentwickelt. Unter der Leitung von Organisationschef Norbert Wolf haben wir schon vor einiger Zeit einen Antrag auf Genehmigung bei der Stadt eingereicht. Auch durch die aktuelle Verschärfung der Regeln kann die Stadt aber erst 14 Tage vor der Veranstaltung entscheiden, ob sie stattfinden kann oder nicht. Das ist für uns aber nicht machbar.

Wieso nicht?

Erstmal müssten wir finanziell einiges vorlegen. Dabei müssen wir in diesen Zeiten als Vereine haushalten, um zu überleben. Zweitens können wir so kurzfristig auch nicht garantieren, dass dann auf dem Kerberg, wo der Lauf seit 62 Jahren stattfindet, überhaupt gelaufen werden kann, da dort durch die Borkenkäferplage große Baumfällmaßnahmen stattfinden.

Hat die Entscheidung zur Absage auch mit den Beschlüssen zum Lockdown light zu tun?

Nein, wir haben sie schon vorher getroffen, zwei Tage später kam dann die Verordnung, dass durch die Corona-Schutzverordnung Sportfeste und Sportveranstaltungen bis einschließlich 31. Dezember untersagt sind. Ich denke, davon wäre auch der Silvestercross betroffen gewesen.

Der Lauf ist der älteste seiner Art in Deutschland und findet seit 62 Jahren statt. Damit ist die Absage sicher auch mit Emotionen verbunden, oder?

Und wie, nicht nur wegen der Tradition. Der Silvestercross ist immer ein toller Abschluss des Laufjahres, und wir haben im Anschluss im Lindenforum Rückblick gehalten. Da trifft sich dann die ganze Läuferfamilie. Es kommen rund 300 Athleten zusammen. Das ist immer sehr schön, war in diesem Jahr aber bereits im Antrag gestrichen, ebenso wie das Catering. Wir hatten nur für Draußen geplant.

Wurde auch nicht daran gedacht, den Silvestercross virtuell auszurichten, so wie beispielsweise den Stadtlauf? Den Herbstwaldlauf der Skiabteilung des TV Rodt-Müllenbach kann man in dieser Woche sogar auf der Originalstrecke laufen.

Beim Silvestercross geht das nicht, da er in seinem Streckenverlauf zu besonders ist. Daher macht es keinen Sinn, irgendwo eine Strecke zu laufen. Und wir können wegen der Baumfällarbeiten nicht dazu motivieren, dass auf dem Kerberg gelaufen wird.

Den Gummersbacher Stadtlauf haben Sie im September virtuell durchgeführt. Waren Sie mit der Resonanz zufrieden?

Wir hatten nur knapp 300 Anmeldungen und das Gefühl, dass der Hype darum, Läufe virtuell auszurichten, seit dem Mai abgeflaut ist. Im Mai waren einfach alle froh, nach dem Lockdown wieder etwas machen zu können. Außerdem lebt der Aggerenergie- und Sparkassenlauf ja auch von den Schulen und Kindergärten, die keine Chance hatten mitzumachen.

Gab es Überlegungen zu einem virtuellen Lauf noch nicht, als Sie den Aggerlauf abgesagt haben?

Als wir im April den Aggerlauf gecancelt haben, war das am Anfang des Lockdowns, und wir hatten noch keine Erfahrungen mit virtuellen Läufen. Wir mussten uns erst ein Konzept erarbeiten und mussten uns auch erst neu sortieren. Mit dem Stadtlauf wollten wir auch etwas für die Firma tun, die seit 2005 bei uns die Zeitmessung macht. Sie ist durch die Corona-Pandemie ohne Arbeit, und wir haben beim Stadtlauf zu Spenden für sie aufgerufen, was sehr gut angenommen wurde.

Mit dem erneuten Lockdown, der seit Montag in Kraft getreten ist, wurden alle Sportstätten für den Amateursport geschlossen. Was bedeutet das für die LG Gummersbach?

Wir dürfen natürlich noch zusammen laufen, wenn auch nur mit Personen aus zwei Haushalten. Das gilt auch fürs Radfahren. Probleme bereitet den Triathleten aber, dass seit Montag die Schwimmbäder geschlossen sind. Beim Lockdown im Frühjahr sind wir in der Aggertalsperre geschwommen. Das ist jetzt trotz des schönen Wetters und obwohl sich viele von uns die passende Ausrüstung gekauft haben, nicht mehr möglich. Und auch das gemeinsame Training im Stadion Lochwiese mit bis zu 40 Teilnehmern, für das wir ein passendes Hygienekonzept erarbeitet haben, fällt aus. Die Stadt Gummersbach hat uns aber das Stadion mit zwei Ausnahmen inzwischen wieder zur Verfügung gestellt. Schulen haben die Möglichkeit, es zu nutzen. Außerdem ist es auch Läufern erlaubt, das Stadion allein, zu zweit oder ausschließlich mit Personen des eigenen Hausstandes zu nutzen. Dies ist eine tolle Entscheidung, da wir nun einen Trainingsbaustein im Stadion unter veränderten Rahmenbedingungen absolvieren können. Dies war im Frühjahr nicht der Fall, sodass hier ein Dank an die Stadt geht. Unser Core-Training haben wir am Freitag wiederum erstmals als Videokonferenz abgehalten.

Wie halten Sie und Ihre LG-Kollegen in diesen Zeiten die Motivation hoch?

Man muss sich ein Ziel setzen. Das war im Sommer die Vorbereitung auf einen Zehn-Kilometer-Lauf und ist jetzt über den Winter das Training für den „Lauf ums Bayerkreuz“, mit dem im März die Wettkampfsaison eingeläutet wird. Das kann aber auch wie bei mir ein besonderes Geburtstagsgeschenk sein.

Was meinen Sie damit?

Ich hatte mir in diesem Jahr vorgenommen, einen Triathlon über die Kurzdistanz zu absolvieren, also 1000 Meter Schwimmen, 40 Kilometer Radfahren und zehn Kilometer Laufen. Da alle Wettkämpfe ausfielen, haben wir in kleiner Runde an meinem Geburtstag einen abgespeckten Triathlon über 500 Meter Schwimmen, 40 Kilometer Radfahren und sieben Kilometer Laufen organisiert und anschließend auf Abstand angestoßen.

Die LG Gummersbach lebt ja auch von ihren verschiedenen Trainingsgruppen, die teilweise schon lange zusammen laufen. Glauben Sie, dass das nach Corona auch wieder so sein wird?

Ich glaube nicht, dass wir viele Mitglieder verlieren. Wir haben noch die Möglichkeit zu laufen. Und dass die Freundschaften halten, da bin ich mir sicher.

Wie blicken Sie auf das kommende Wettkampfjahr?

Wir müssen einfach abwarten und vorsichtig sein, damit die Zahlen der Infizierten nicht weiter steigen. Normalerweise drucken wir im November und Dezember die Ausschreibungen für den Aggerenergie- und Sparkassenlauf. Das werden wir erstmal bis ins nächste Frühjahr zurückstellen und sehen, ob wir ihn im September 2021 wieder durchführen können.