„Wider das Vergessen, nie wieder Krieg“Oberwiehler Denkmalverein wird 100 Jahre alt

Lesezeit 3 Minuten
Das Oberwiehler Denkmal ist für Dieter Döhl, Timo Kuhn und Udo Kolpe (v.r.) ein Zeugnis der Dorfgeschichte.

Das Oberwiehler Denkmal ist für Dieter Döhl, Timo Kuhn und Udo Kolpe (v.r.) ein Zeugnis der Dorfgeschichte.

Oberwiehl – In nahezu jedem oberbergischen Dorf findet sich ein Platz, an dem der örtlichen Kriegstoten gedacht wird. Manchmal sind es nur schlichte Findlinge, nicht selten großzügige Anlagen. Am kommenden Sonntag, dem Volkstrauertag, wird dort an die Gefallenen der Weltkriege erinnert. In Oberwiehl steht eines der größeren Ehrenmale. Und es gibt sogar einen eigenen Verein, der sich darum kümmert.

In diesem Jahr wird der Oberwiehler Denkmalverein 100 Jahre alt. Die Jubiläumsfeier sei coronabedingt ausgefallen, bedauert Timo Kuhn (42), der den Verein heute leitet. Im kommenden Jahr gebe es aber Gelegenheit, sie nachzuholen. Dann nämlich jährt sich die Einweihung des Ehrenmals zum hundertsten Mal. Den Anstoß gab damals der Oberwiehler Eduard Pack, der im Ersten Weltkrieg gleich drei Söhne verloren hatte. Kein Wunder, dass der Vater diesem niederschmetternden Verlust einen Sinn geben und im Geist der Zeit gewürdigt wissen wollte. „Den Helden der Heimat“ ist am Eingang der Gedenkstätte zu lesen.

„Oberwiehl hat es hart erwischt“

Die Namen Ewald, Ernst und Otto Pack eröffnen die Liste der zwischen 1914 und 1918 verstorbenen Männer aus Oberwiehl, Büttinghausen und den angrenzenden Dörfern des Schulbezirks. 41 Tote waren zu beklagen. Nur wenige Jahre sollten vergehen, bis der nächste Krieg noch mehr Opfer fordern sollte. 117 Gefallene sind auf den Tafeln eingetragen, die der Verein nach 1945 anbringen ließ. Udo Kolpe (66), der die Dorfgeschichte erforscht, sagt: „Oberwiehl hat es hart erwischt. Nahezu jeder Haushalt war betroffen.“

Seit 100 Jahren wird dort der Kriegstoten gedacht.

Seit 100 Jahren wird dort der Kriegstoten gedacht.

Der Entwurf für das Kriegerdenkmal stammt von dem Oberwiehler Steinmetz Alfred Hildesheim. Errichtet wurde es auf einem damals noch völlig unbebauten Hang zwischen Oberwiehl und Büttinghausen. Noch heute ziert ein damals in Form eines Eisernen Kreuzes angelegtes Beet den Vorplatz. Schon 1927, fünf Jahre nach der Einweihung, war der Steinblock den Oberwiehlern aber offenbar nicht mehr monumental genug.

Aus Helden wurden Opfer

Unter das Kopfstück wurden dicke Blöcke gesetzt, wodurch das Ehrenmal deutlich an Höhe gewann. Auf die Seiten ließ der Verein den Text von Ludwig Uhlands Gedicht „Ich hatt’ einen Kameraden“ anbringen. Der Volkstrauertag wurde in jedem Frühjahr mit einem militärisch geprägten Zeremoniell begangen, von 1934 an als „Heldengedenktag“. 1932 kamen 2000 Zuschauer zu einem Auftritt des als Afrikakriegsveteranen verehrten Schriftstellers Paul von Lettow-Vorbeck nach Oberwiehl, hat der langjährige Vorsitzende Dieter Döhl (82) recherchiert.

Das könnte Sie auch interessieren:

Heute pflegt der Denkmalverein einen ganz anderen Blick auf den Krieg. „Für uns sind es nicht mehr Helden, die fürs Vaterland gefallen sind“, sagt Döhl, „sondern junge Leute, die ihr Leben gelassen haben.“ Sein Nachfolger Timo Kuhn fügt hinzu: „Das Vereinsmotto lautet: Wider das Vergessen, nie wieder Krieg.“

Gefallene werden in Bildvorträgen vorgestellt

An der Gedenkfeier, die normalerweise in der nahen Schulaula abgehalten wird, sind alle Oberwiehler Vereine beteiligt, darunter das Sängerquartett und der Posaunenchor Remperg. In diesem Jahr findet wieder nur eine Kranzniederlegung statt. Auf Anregung des inzwischen verstorbenen Kommunalpolitikers Wilfried Hahn wurde das Standardprogramm in der Aula vor 15 Jahren um Bildvorträge ergänzt, in denen einzelne Gefallene vorgestellt werden. Dorfhistoriker Kolpe sagt, dass es darum gehe, den Krieg anhand persönlicher Schicksale anschaulich zu machen. Mitglieder von Denkmalverein und Gemeinnütziger Verein haben auch schon gemeinsame Reisen zu großen Kriegsgräberstätten in Belgien und den Niederlanden unternommen.

Die Gedenkstätte an der Wiehler Kirche wurde mit einer Tafel ergänzt, auf der die Weizsäcker-Rede vom 8. Mai 1985 zitiert wird. Der Bundespräsident würdigte besonders die zivilen Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft. Auch in Oberwiehl waren nicht nur Soldaten zu beklagen. Grete Pack starb 1945 bei einem Bombenangriff auf den Bahnhof. Udo Kolpe merkt an: „Wilfried Hahn hat immer gesagt, dass ihr Name eigentlich auch auf das Denkmal gehört.“