Kreismitarbeiter zu Unrecht geimpftJede fünfte Dosis blieb in Oberberg übrig

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Landrat Jochen Hagt

Gummersbach – Den ganzen Montag über bemühte sich Landrat Jochen Hagt aufzuklären, warum es in seiner Verwaltung zu Unregelmäßigkeiten bei der Verteilung überzähliger Covid-19-Impfungen kam.

Am Abend dann wurde ein Ergebnis bekanntgegeben: Danach wurden zu Unrecht sieben Mitarbeiter des Amtes für Rettungsdienst, Brand- und Bevölkerungsschutz vorzeitig geimpft sowie vier Bedienstete des Gesundheitsdezernats.

Mehr Impfstoff geliefert als angekündigt

Als Ursache nennt der Kreis, dass zu Beginn der Impfaktion im Dezember zunächst mehr Impfstoff geliefert als zuvor angekündigt worden war. „Übrig bleibenden Impfstoff zu vernichten, war und ist keine Alternative“, erklärte Hagt am Abend. Deshalb habe die für die Impfung zuständige Kassenärztliche Vereinigung um Entsendung weiterer Impfwilliger gebeten.

Vor allem Personal des Rettungsdienstes, das zur ersten Priorität gehöre, habe dann eine Impfung erhalten. Auch seien 25 Mitarbeiter der Rettungsleitstelle geimpft worden sowie die elf anderen Kreisbediensteten.

Hagt wurde bereits am Donnerstag mit Vorwürfen konfrontiert

Bereits am vergangenen Donnerstag hatte ihn diese Zeitung mit entsprechenden Vorwürfen konfrontiert, wonach sich sowohl Spitzenbeamte als auch deren Mitarbeiterinnen bereits hatten impfen lassen, während Teile des Rettungsdienstpersonals noch auf die erste Injektion wartete. Das hatte für erhebliche Unruhe und Unmut in Reihen der Rettungskräfte gesorgt.

Angeblich hatte Gesundheitsdezernent Ralf Schmallenbach sich ebenso schon impfen lassen wie sein Vorzimmer. Darauf am Sonntagabend angesprochen, äußerte sich Schmallenbach nicht, versicherte aber, dass er als Leiter des Impfzentrums zur Kategorie eins gehöre (wir berichteten), mithin hätte geimpft werden dürfen. Allerdings war das Impfzentrum da noch lange nicht in Betrieb. Auch die Ehefrau eines Arztes soll außer der Reihe geimpft worden sein.

Aus einer Ampulle sechs Impfdosen aufgezogen

Anders als bislang bekannt war, sind bereits zum Auftakt der Impfaktion in zwei Altenheimen am 27. Dezember 20 Prozent des Impfstoffs übrig geblieben. In einer Pressemitteilung am 28. Dezember hatte der Kreis den Impfstart als perfekt gelungen bejubelt. Man sei „Zeuge eines historischen Augenblicks“, wurde Landrat Hagt zitiert. Alle gelieferten Impfdosen seien in den beiden Heimen verimpft worden. Dass jede fünfte Impfung dabei weder an einen Bewohner noch an Mitarbeiter der Einrichtungen ging, blieb unerwähnt.

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Derweil bestätigt Dr. Johannes Schlechtingen, der ärztlicher Leiter des Impfzentrums, dass bereits zum Auftakt der Impfungen in Absprache mit Ralf Schmallenbach weitere Personen über die Bewohner der Heime hinaus geimpft worden seien, etwa Mitarbeiter von Pflegediensten oder Rettungsdienst. Den Überschuss an Impfstoff erklärt Schlechtingen auch damit, dass er bereits nach dem ersten Termin festgestellt habe, dass man aus einer Ampulle sechs statt der fünf vorgesehenen Dosen aufziehen könne. „Ich konnte das nicht mit meinem Gewissen vereinbaren, so ein kostbares Gut in den Mülleimer zu werfen.“ Sechs Dosen aus einer Ampulle – das erlaubte die Europäische Arzneimittelbehörde Arzneimittelbehörde allerdings erst am 7. Januar.

Schlechtingen sieht sich nicht als Kontrolleur des Kreises

Als bereits beim zweiten Termin klar gewesen sei, dass es mehr Impfstoff als zu impfende Personen gebe, habe er bei der Leitstelle angerufen und gebeten, ihm weitere Personen aus der Kategorie eins zu schicken. „Das muss schnell gehen, denn der Impfstoff von Biontec soll binnen zwei Stunden verimpft sein“, so der Mediziner. Er unterstreicht, dass er nicht kontrolliert habe, ob die Personen, die man ihm schickte, Amtsärzte waren, die Abstriche machen, oder Bürobeschäftigte beim Kreis: „Das fällt nicht in meine Zuständigkeit. Ich habe keinen Einfluss darauf gehabt, wen man uns geschickt hat.“

Laut Kreisverwaltung kalkuliert das Land bei seinen Lieferungen die den Impfstofffläschen zusätzlich enthaltenden Mengen inzwischen ein. Und „bei der Vergabe überbleibender Impfdosen nehmen wir künftig noch mehr diejenigen in den Blick, die nach der Impfverordnung zur ersten Priorität gehören“, versichert der Landrat . Er selbst und auch Kreisdirektor Klaus Grootens seien bislang nicht geimpft.