„Unverschämtheit gegenüber den Menschen“Lindlarer CDUler spricht über Maskenaffäre

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Der Lindlarer Carsten Brodesser wurde von der CDU für die Bundestagswahl aufgestellt.

Der Lindlarer Carsten Brodesser wurde von der CDU für die Bundestagswahl aufgestellt.

Lindlar/Berlin – Dr. Carsten Brodesser ist durchaus ein fröhlicher Mensch, jemand der auch mal einen Spruch auf seine Kosten vertragen kann. Und einer, der dann auch gerne mit schmunzelt. In der vergangenen Woche aber, da ist der CDU-Bundestagsabgeordnete aus Lindlar ganz offen, seien ihm das Lachen und das Schmunzeln vergangen.

Wenn zum Beispiel schon wieder einer seiner guten Bekannten – „augenzwinkernd natürlich, Gott sei Dank augenzwinkernd“ – fragt, was er denn für die Unterschrift unter die Ehrenerklärung der CDU- und CSU-Abgeordneten bekommen habe – hihi. Brodesser: „Da merkt man irgendwann, wie man dünnhäutig wird. Man denkt sich: Es reicht, gleich platzt mir gleich die Hutschnur.“

Wohlgemerkt: Wütend ist der 53-Jährige, der seit 2017 für Oberberg im Bundestag sitzt, vor allem auf jene Abgeordneten, die seine Kollegen und ihn überhaupt in die Situation gebracht haben, sich erklären zu müssen. „Ich halte es für vollkommen richtig von der Fraktions- und Parteispitze, mit diesen Erklärungen ein Signal zu setzen.“ Egal ob Maskengeschäft oder Zuwendungen zum Beispiel aus Aserbaidschan: „Das ist eine Unverschämtheit gegenüber den Menschen.“

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Glaubwürdigkeit leidet

Wobei Brodesser durchaus unterscheidet: Sich in der Not mit Provisionen für Maskendeals die Taschen voll zu machen sei schlimm, ja. „Aber sein Engagement als Abgeordneter egal für welche Sache kaufen zu lassen, das ist Bestechlichkeit und schadet der Glaubwürdigkeit der gesamten Politik.“

Dabei ist dem Lindlarer durchaus bewusst, was für eine Herausforderung es ist, als Abgeordneter in Berlin den richtigen Weg für einen Umgang mit dem „durchaus positiv“ verstehbaren Lobbyismus zu finden. „Wenn man sich wie mit der Reform der privaten Altersvorsorge beschäftigt, hat man einer ganzen Reihe von Interessengruppen zu tun.“ Arbeitgebervertreter, Arbeitnehmer, Verbraucherschützer oder der Bund der Versicherten zum Beispiel. „Ich sehe meine Aufgabe darin, mir von jedem eine Meinung abzuholen, mir aber niemals die einer bestimmten Gruppe zu 100 Prozent zu eigen zu machen.“

Verärgert über Einzelne

Dazu gehört auch, was Brodesser „interne Hygiene“ nennt: „Natürlich gibt es zum Beispiel Honorare von mehreren Tausend Euro, wenn ich an einer Diskussion teilnehme. Die nehme ich aber nicht an, sondern lassen sie gleich an karitativen Einrichtungen überweisen.“ Verärgert ist der Lindlarer allerdings nicht nur, dass einzelne es offenbar ganz anders gemacht haben, sondern so getan werde, als ob es nur eine Problem der CDU-/CSU-Fraktion sei – insbesondere von der SPD: „Es ist charakterlos, wie gerade unser Koalitionspartner versucht, daraus politisches Kapital zu schlagen und das ausschließlich unserer Fraktion in den Rucksack packen will.“ Da gebe es ganze Reihe von Beispielen für Nebentätigkeiten, die zeigten, dass es kein Problem der Union, sondern der gesamten Politik ist.

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Wo die Grenzen liegen, die nicht überschritten werden dürfen? Brodesser denkt nach. „Eigentlich muss man ja schon bei jeder Einladung zum Essen überlegen.“ Dass Lobbyismus auch anderswo deutlich zu viel Einfluss haben kann, zeige sich „wenn zum Beispiel die Deutsche Umwelthilfe an Gesetzentwürfen des Umweltministeriums mitschreibt oder Verbraucherschützer im Justizministerium ein- und ausgehen.“ Egal, wer da komme: Politik müsse unabhängig entscheiden.

Es gehe also längst nicht mehr nur um das jetzt gepflegte Vorurteil vom Wirtschaftsboss „mit Zigarre und Geldkoffer“. Und wenn der dann doch kommt – ob mit oder ohne Zigarre? Dann müsse man stark genug sein zu widerstehen: „Da braucht man dann eben auch den Arsch in der Hose, um Nein zu sagen.“