Ein Leben in Stein gemeißeltSteinmetzmeister Schmitt fertigt individuelle Grabsteine

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Der Marienheider Steinmetzmeister Michael Schmidt

Der Marienheider Steinmetzmeister Michael Schmidt

Marienheide – In der Zeit vor Allerheiligen und auch vor Ostern häuften sich noch bis vor einigen Jahren die Aufträge. Mittlerweile aber fertigt Steinmetzmeister Michael Schmidt das ganze Jahr über in etwa gleich viele Grabsteine und Platten. „Vielleicht, weil weniger Menschen religiös sind und sich nicht mehr an den Gedenktagen orientieren.“

Per Schablone werden die Haltestifte auf die Platte übertragen und Löcher in den Stein gebohrt. So wird die Schrift in der Platte verankert.

Per Schablone werden die Haltestifte auf die Platte übertragen und Löcher in den Stein gebohrt. So wird die Schrift in der Platte verankert.

In seiner Werkstatt in Marienheide arbeitet Schmidt an diesem Vormittag an zwei hellgrauen Platten. Buchstaben und Ziffern aus Bronze liegen darauf verteilt. Per Schablone hat der 36-Jährige die Position ihrer Haltestifte auf die Platte übertragen und Löcher in den Stein gebohrt. So wird die Schrift in der Platte verankert. Er arbeitet genau, jeder Millimeter zählt. Denn Schmidt ist sich bewusst: Die von ihm geschaffenen Gedenksteine symbolisieren ein ganzes Leben.

Jeder Millimeter zählt

Schmidt stammt aus der früheren DDR, aus Thüringen, wurde nichtchristlich erzogen. Wohl aber hat er im engsten Familienkreis erfahren müssen, wie sehr der Tod eines geliebten Menschen belastet. Eine Erfahrung, die bis heute nachwirkt und die in seine Arbeit einfließt. Das pure Handwerk ist nur die eine Seite seines Berufs, die Begegnung mit den Trauernden die vielleicht noch anspruchsvollere.

Feinarbeit nicht nur am Stein: Der Marienheider Michael Schmidt muss mit den Angehörigen in Gesprächen herausfinden, was zu einem Verstorbenen passt. „War der Verstorbene ein eher gradlinig, ist eine verschnörkelte Schrift nicht so passend“, sagt er.

Feinarbeit nicht nur am Stein: Der Marienheider Michael Schmidt muss mit den Angehörigen in Gesprächen herausfinden, was zu einem Verstorbenen passt. „War der Verstorbene ein eher gradlinig, ist eine verschnörkelte Schrift nicht so passend“, sagt er.

In einigen Fällen wird er von Bestattern beauftragt. Zum großen Teil aber sind es die Hinterbliebenen selbst, die in seinen Betrieb kommen. Viele sind trotz des Verlustes gefasst und haben ganz klare Vorstellungen, wie der Grabstein aussehen soll.

Begegnung mit den Trauernden

Andere nicht. „Diese Menschen kommen dann mehrere Male zu mir, schauen sich die ausgestellten Steine an, orientieren sich, wollen die Entscheidung dann noch mal überdenken.“ In der Unschlüssigkeit spiegelt sich oftmals die Trauer wider. Wenn Schmidt bei Beratungen Kunden gegenübersitzt, die ihre Tränen nicht zurückhalten können, bleibt er ruhig, bietet etwas zu Trinken an, sagt: „Das ist in Ordnung.“

In solchen Gesprächen ist es vor allem Zeit, die er geben kann. Doch Trost zu spenden, hält Schmidt seiner Position für unangemessen – wenngleich ihm solche Momente oft nahegehen. Regelmäßig reflektierte er sein Auftreten gegenüber den Kunden, sagt Schmidt: Ist es angemessen, pietätvoll?

Pro Woche durchschnittlich zwei Grabplatten

Den Umgang mit Hinterbliebenen hat sich Schmidt während der Ausbildung damals von seinem Chef abgeschaut. Die Grundlagen des Handwerks lernte er ab 2005 in einem kleinen Steinmetzbetrieb in Köln. Als Geselle entwickelte er seine Fähigkeiten in einem Grabmalbetrieb in Bergneustadt weiter. Fünf Jahre später ging er an die Meisterschule nach Düsseldorf.

Seit 2012 ist er Steinmetzmeister und in Marienheide ansässig. Mit seiner Familie lebt er in Kattwinkel, nahe der Lingesetalsperre. Die Gemeinde Marienheide und die märkischen Nachbarorte Kierspe und Meinerzhagen sind sein Geschäftsgebiet. In den anderen umliegenden Kommunen gibt es andere Steinmetze. Man nehme sich aber gegenseitig keine Kunden weg, sagt Schmidt, dessen Ein-Mann-Betrieb pro Woche durchschnittlich zwei Grabsteine oder Platten verlassen.

Keine Frage des Geldes

Natürlich ernähre er mit dem Geschäft seine Familie, doch das Finanzielle spiele in den Gesprächen mit den Kunden eine eher untergeordnete Rolle. Trotzdem muss die Frage nach dem Budget sein. Die günstigsten mit Schrift versehenen Steine gebe es ab gut 500 Euro. Nach oben sei die Grenze so gut wie offen.

Eine Frage des Geldes sei es nicht, einen auf den Menschen zugeschnittenen Stein zu erstellen. „War der Verstorbene ein eher gradliniger Mensch, ist eine verschnörkelte Schrift nicht so passend“, skizziert Schmidt Fragen, die er mit seinen Auftraggebern bespricht. In seinem Büro hat er vielerlei Muster von Schriften und Steinen – glatt polierte und matte, mit Kieseln versehen oder mit kleinen metallenen Bäumchen.

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Einmal habe er auf Wunsch zwei mehr als einen Meter lange Flügel für einen Grabstein ausgearbeitet. Falls gewünscht, kann er mit feinem Werkzeug auch filigrane Bilder in den Stein hauen, wie eine Blume oder ein Tier. Solche Wünsche nehmen zu, beobachtet Michael Schmidt. Ihre Individualität möchten einige Menschen auch über den Tod hinaus bewahren.